Caius, der Lausbub aus dem alten Rom.pdf
jammerte Flavius.
»Wir sollten uns gleich mit in den Sarg legen«, sagte Publius.
»Wen habt ihr denn da drin.« Der Polizist klopfte mit der Bambuslanze auf den Deckel. »Unsern armen toten Bruder«, wehklagte Mucius laut, damit Caius nicht auf dumme Gedanken kam. »Euren Bruder?« fragte der Polizist erstaunt. »Wie viele Brüder seid ihr denn?«
»Sieben«, sagte Julius.
»Bei Jupiter, sieben -! Na, einer weniger ist ja dann nicht so schlimm.« Der Polizist grinste. Er hatte zweifellos einen Sinn für Humor. »Woran ist euer Bruder gestorben?« wollte er wissen.
»Das hat er nicht gesagt«, sagte Publius. »Er ist nämlich sehr krank«, sagte Flavius. Mucius hätte ihn erwürgen können. Der Polizist war verdutzt. »Ich denke, er ist tot?« »Wenn jemand tot ist, ist er doch auch nicht gesund, nicht wahr?«
sagte Antonius. »Es wird sowieso höchste Zeit, daß wir ihn beerdigen«, rief Julius hastig. »Wir sind nämlich schon seit einer Woche unterwegs«, sagte Rufus. Der Polizist nahm den Helm ab und kratzte sich nachdenklich hinterm Ohr. »Hm«, brummte er schließlich. »Ich sehe ein, ihr habt einen langen Marsch hinter euch. Na, dann will ich euch was sagen: Ich wüßte einen bequemen Weg zum Friedhof, ohne daß ihr durch die Innenstadt müßt.«
»O ja?« rief Mucius hoffnungsfreudig. Aber seine Freude war verfrüht.
15. Kapitel
Es sieht hoffnungslos aus
»Ist der Weg sehr lang?« fragte Flavius ängstlich.
»I wo«, sagte der Polizist. »Paßt jetzt gut auf. Ihr folgt dem Appia Aquädukt nach Südwesten, bis der Aventinus vor euch aufsteigt. Arbeitet euch den Hügel rauf und auf der andern Seite runter. Ich gebe zu, es wird nicht leicht sein mit dem Sarg. Aber wenn ihr es von Capua bis hierher geschafft habt, wird euch der Rest wie ein Spaziergang vorkommen. Haltet euch in den Wäldern dort oben nicht unnötig auf, denn es gibt wilde Eber. Wenn die gereizt sind, rennen sie euch über den Haufen. Am besten ist es, wenn ihr aus voller Kehle ein Lied anstimmt, das erschreckt sie manchmal, und sie fliehen vielleicht. Auf der anderen Seite des Aventinus geht es ziemlich steil bergab, also seht euch vor«, fuhr der Polizist fort. »Nachdem ihr den Hügel, ohne zu verunglücken, überwunden habt, stoßt ihr auf den Tiber in der Nähe der Probibrücke. Ihr könnt sie nicht verfehlen. Es ist eine hohe schmale Brücke aus Holz. Überquert sie vorsichtig, sie hat große Lücken und zur Zeit kein Geländer, da sie gerade ausgebessert wird. Wandert auf der anderen Seite flußabwärts, immer am Tiber entlang, immer weiter und weiter, bis zur Janicubusbrücke. Achtet unterwegs auf die Löcher im Straßenpflaster. Wenn ihr da hineingeratet, fallt ihr alle miteinander auf die Nase. Solltet ihr glücklich ankommen an der Janicubusbrücke, kehrt auf ihr zum linken Ufer zurück. Das führt euch direkt aufs Marsfeld. Schlagt auf dem Marsfeld die Richtung auf das Amphitheater Tautiis ein. Man sieht es in der Ferne hinter den vielen Laubengängen, Tempeln und Pinien. Vom Amphitheater sind es nur noch ein paar lumpige Meilen bis zum Armenfriedhof. Die ganze Geschichte könnt ihr spielend in zwei Stunden schaffen.«
Die Jungen waren entsetzt. Was der Polizist ihnen vorschlug, war ein ungeheurer Umweg. Aber es blieb ihnen nichts anderes übrig, als seinen Rat anzunehmen. Wenn sie Caius retten wollten, gab es kein Zurück. Das einzig sichere Versteck für ihn war ihre geheime Höhle.
Sie bedankten sich bei dem Polizisten mit etwas sauren Mienen und zogen mit zusammengebissenen Zähnen weiter. Der Sarg schien immer schwerer und schwerer zu werden. Sie folgten dem Aquädukt, quälten sich pustend und fluchend bergauf und bergab, ohne irgendwelche wilden Eber zu treffen, und landeten endlich am Tiber. Hier ruhten sie sich aus, weil ihnen die Beine versagten. Schließlich rafften sie sich mühselig wieder auf, überquerten die Probibrücke und wankten flußaufwärts bis zur Janicubusbrücke und dann zum Marsfeld hinüber. Sie vermieden jedoch das Amphitheater Taurus, und schleppten sich südlich davon auf die Breite Straße zu. Von dort hätten sie nämlich hinten herum, am Rand des Forum Romanum vorbei, ziemlich rasch die Subura erreicht, von wo sie nur noch den Esquilinus hinauf mußten, um endlich in ihrer Höhle einzutreffen.
Aber kurz vor der Breiten Straße brachen sie endgültig zusammen. Sie setzten den Sarg nieder, warfen sich der Länge nach ins Gras und schnappten nach Luft. Im Süden hatten sich die Wolken drohend
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