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Caius, der Lausbub aus dem alten Rom.pdf

Titel: Caius, der Lausbub aus dem alten Rom.pdf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Winterfeld
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war?"
    „Als ich gestern früh das Tor aufschloß", sagte der Bademeister, „kam ein Junge herausgeflitzt und rannte mich beinahe über den Haufen. Es ging alles so rasch, daß ich ihn nur von hinten gesehen habe. Ich konnte ihn auch nicht einholen; er sauste wie ein Wilder davon. Er muß am Abend vorher ins Bad hineingesprungen sein. Anders hat er unmöglich reinkommen können, denn ich schließe jeden Abend das Tor ab, und einen andern Eingang gibt es nicht. Als ich dich heute morgen auf der Bank schlafend vorfand, dachte ich natürlich, daß du es gewesen bist. Aber ich glaube dir jetzt", fügte er ängstlich hinzu. „Wenn du willst, gebe ich dir auch das Geld wieder."
    „Schon gut", rief Mucius und lief hinaus.
    „Schönen Dank, junger Herr!" schrie ihm der Bademeister nach.
    Mucius rannte das kurze Stück die Allee hinunter bis zur Breiten Straße, überquerte sie und machte einen Bogen ums Forum, weil er so wenig wie möglich gesehen werden wollte; er schämte sich wegen seiner nassen und schmutzigen Kleider und seiner ungekämmten Haare. Doch auf einmal hielt er mitten im Laufen inne, als ob ihn ein Blitz aus heiterem Himmel getroffen hätte. „Ihr himmlischen Götter!" murmelte er überwältigt vor sich hin. „Rufus ist unschuldig!" Ganz plötzlich war ihm eingefallen, daß Rufus unmöglich „Caius ist ein Dummkopf "an die Tempelwand geschrieben haben konnte, da er die ganze Nacht im Dianabad eingesperrt gewesen war.
14. Kapitel
Vor einem Brief wird der Kaiser keine Angst haben
    Nachdem Mucius seinen Bericht beendet hatte, schauten ihn seine Freunde mit gemischten Gefühlen an. Sie wußten nicht, ob sie ihn bewundern oder auslachen sollten. Sein nächtliches Abenteuer klang wie ein Märchen. Aber Mucius hatte als Beweis Rufus' Mantel, der noch ganz feucht war, und seine Laterne mitgebracht. Er hatte ihnen auch das Geld zurückgegeben. Vielleicht log er doch nicht; dann war er ein Held und verdiente großen Respekt.
    Sie saßen in ihrer Versammlungshöhle auf wackeligen Kisten um einen Tisch herum, auf dessen zerbrochener Marmorplatte eine dicke Kerze brannte, und starrten Mucius ungläubig an. Sie hatten die geräumige Felshöhle eines Tages zufällig beim Spielen im Abhang des Esquilinus-Hügels entdeckt und sie zu ihrem ständigen Hauptquartier erwählt. Hier trafen sie sich immer, wenn sie Wichtiges zu beraten hatten, oder versteckten sich, wenn sie es für nötig hielten, eine Zeitlang von der Bildfläche zu verschwinden. In einer dunklen Ecke lag ein Haufen alten Gerümpels, das sie fleißig zusammengetragen hatten, und mit dem sie später einmal ihre Höhle ausbauen wollten. Vor den Eingang hatten sie einen alten, ausgefransten Teppich als Vorhang gehängt.
    Publius war der erste, der seine Zweifel an Mucius' Glaubwürdigkeit äußerte. „Du bist wirklich die ganze Nacht im Dianabad eingesperrt gewesen?" fragte er gedehnt.
    „Du kannst ja den Bademeister fragen, wenn du's nicht glaubst", erwiderte Mucius gereizt. „Was haben denn deine Eltern dazu gesagt, daß du die ganze Nacht weg warst?" fragte Flavius vorsichtig.
    „Ich habe Glück gehabt", sagte Mucius. „Sie waren gestern nachmittag im Theater und hinterher noch zu einer Gesellschaft. Deswegen sind sie spät nach Hause gekommen und auch spät aufgestanden. Es hat mich morgens nur unser Türhüter gesehen, und der verrät mich nicht."
    „"Wenn ich gewußt hätte, daß du bei Lukos bleibst, wäre ich selbstverständlich auch dageblieben", sagte Antonius.
    „Ich bin nicht freiwillig dageblieben", sagte Mucius bescheiden. „Ich konnte nicht mehr raus, weil ihr blöderweise die Tür hinter euch zugeworfen hattet."
    „Und du glaubst, daß Lukos dich umbringen wollte?" fragte Flavius. „Ich weiß nicht", erwiderte Mucius, „aber es wimmelte von Schlangen, und das hat mir nicht gefallen."
    „Ich hätte Lukos mit meinem Dolch erstochen", prahlte Antonius.
    „Wenn du nicht schon vorher vor Angst tot umgefallen wärst", höhnte Publius.
    „Ruhe! Das ist alles unwichtig", unterbrach sie Julius. Er schob die Kerze beiseite, beugte sich über den Tisch und schaute Mucius forschend an. „Du behauptest also, daß Rufus die Nacht vorher auch im Dianabad eingesperrt gewesen ist?" fragte er.
    „Ich hab' euch doch alles genau erklärt", sagte Mucius ungeduldig. „Rufus muß bei Lukos gewesen sein. Dann muß er ins Dianabad gesprungen sein. Er ist morgens, als der Bademeister die Tür aufschloß, herausgeflitzt und weggerannt. Und er kann nur

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