Caius, der Lausbub aus dem alten Rom.pdf
Mein Vater hat ihn nach der Unterwerfung Armeniens nach Rom mitgebracht. Er behandelt ihn wie einen Gleichgestellten und Freund. Tiro ist ihm dankbar dafür und hat ihm ewige Treue geschworen. Mein Vater vertraut ihm restlos."
Publius kam mit den Sandalen zurück, und die Jungen zogen sie sich hastig an.
„Warum habt ihr es so eilig ? Hat Caius was Böses verbrochen ?" fragte Claudia angstvoll. Sie zankte sich zwar oft mit ihm, aber sie liebte ihn trotzdem sehr.
„Er ist grade dabei", sagte Publius.
„Er weiß es nur nicht", sagte Rufus.
Claudia schaute wortlos von einem zum anderen. Jetzt mischte sich Lysis, die junge Griechin, ein. „Junge Herren, es hat gar keinen Zweck, daß ihr zur Stadtpräfektur rennt", sagte sie.
„Warum nicht?" fragte Mucius beunruhigt.
„Der Stadtpräfekt ist heute nicht im Amt. Er ist wegen der großen Hitze zu Hause geblieben. Caius und Tiro sind auf dem Wege zu seiner Villa. Ich war dabei, als Caius Tiro von dem Sklaven Udo und dem Brief erzählt hat."
„Wo ist die Villa des Stadtpräfekten? Rasch, bitte, Lysis!" sagte Mucius. „Publius kann uns vorauslaufen, um die beiden einzuholen. Er rennt so rasch wie ein Windhund."
„Ich weiß leider nicht, wo die Villa des Stadtpräfekten ist, junger Herr", sagte Lysis traurig. „Jetzt ist alles aus!" rief Julius und schlug wütend mit beiden Fäusten auf einen Tisch.
„Es sind die Geister der Unterwelt, die uns Knüppel zwischen die Beine werfen", rief Antonius.
In diesem Augenblick brach ein Tumult aus in der Empfangshalle, und ein aufgeregtes Stimmengewirr erscholl hinter dem Vorhang. Der Vorhang wurde beiseite geschlagen, vier Sklaven trugen einen jungen Mann herein und legten ihn auf ein Sofa.
„Tiro!" rief Claudia entsetzt aus und lief zu ihm. „Was ist geschehen?"
Tiro richtete sich mühsam auf, sich dabei auf einen Ellbogen stützend. Er hatte eine blutige Stirn und eine verschwollene Nase. „Herrin", murmelte er schwach, „wir sind von drei Männern überfallen worden."
„Wo ist Caius?" riefen die Jungen im Chor.
„Sie haben ihn gefangengenommen und weggeschleppt", sagte Tiro.
15. Kapitel
Das Faß der Danaiden
Claudia und die Jungen schwiegen erschrocken.
Die Sklaven und Sklavinnen standen in achtungsvoller Entfernung an den Säulen und starrten ängstlich besorgt auf ihre junge Herrin.
Der Springbrunnen plätscherte wie ein munteres Bächlein fröhlich weiter; in einem Schlafzimmer des oberen Stockwerkes trällerte ein Kanarienvogel, und draußen im Garten rauschte der kleine Wasserfall, von dem Claudia erzählt hatte. An ein abkühlendes Bad im Schwimmbassin dachte sie jetzt nicht mehr.
„Warum haben sie meinen Bruder weggeschleppt?" fragte sie, sich mühsam beherrschend. „Einer der Männer hat Caius wiedererkannt", sagte Tiro. „Der Mann hat nur ein Auge und ein hölzernes Schwert im Gürtel."
„Der fürchterliche Exgladiator!" rief Flavius.
„Er ist der Herkules, der sich mit dem geheimnisvollen Dicken auf dem Friedhof getroffen hat", sagte Rufus.
„Die beiden anderen Männer sind wahrscheinlich Freunde des Exgladiators", sagte Julius. „Zwei der Gladiatoren, die Udo an Callon verkauft haben."
Mucius wandte sich an Tiro. „Warum haben sie dich nicht auch gefangengenommen ?" fragte er.
„Sie wußten nicht, daß Caius und ich zusammengehören", er zählte Tiro. „Wir wurden in der Via Sacra überfallen, kurz vor der Villa des Stadtpräfekten Manilius. Ich war zufällig stehengeblieben ; Caius war weitergegangen und wartete schon auf den Eingangsstufen auf mich. Eins meiner Sandalenbänder hatte sich gelöst. Ich kniete nieder, um es festzubinden, da hörte ich jemand brüllen: ,Ha, du Schurke, wo hast du den Sklaven Udo versteckt ?' Ich sah drei Männer Caius festhalten und hinter sich herziehen. Ich rannte ihnen nach und warf mich dazwischen. Aber es war, als ob ich gegen die Mauern von Jericho anrannte. Ein Mann hieb mir einen Sandsack auf den Kopf, ein anderer schmetterte mir seine Faust an die Nase, und der Einäugige schleuderte mich aufs Pflaster, wo ich halb besinnungslos liegenblieb. Als ich mich endlich aufrappelte, waren die Männer mit Caius verschwunden."
„Ich flehe um die Gnade der Götter, daß die Männer Caius nichts antun!" rief Claudia.
Lysis versuchte, sie zu trösten. „Sie wollen von ihm doch nur wissen, wo der Sklave ist, der Udo heißt, Claudia. Wenn Caius es ihnen gesagt hat, lassen sie ihn bestimmt frei."
„Caius wird dem Exgladiator nicht verraten, wo
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