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Calendar Girl

Titel: Calendar Girl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Hille
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zu erzählen.« Ich werfe ihm einen Blick zu. »Du hast so was an dir, dass man einfach losredet.«
    Er zwinkert. »Hab ich schon öfter gehört.« Er blickt auf seine Uhr und fügt hinzu: »Halbzeit. Wir sollten umdrehen.«
    Das ist eigentlich mein Job. Ich ärgere mich, dass ich die Kontrolle so leicht an ihn abgegeben habe. Er ist genau der Typ Mann, der mir immer wieder mal über die Füße läuft und bei dem ich zum sabbernden Säugling mutiere. Yoshi war auch so. Jünger als Philipp, weniger erfahren, aber genauso selbstsicher und bestimmend.
    Wir traben schweigend zurück. Seine Kondition ist gut, er atmet nicht schneller als ich, scheint kaum zu schwitzen. Ich frage ihn, ob er beim nächsten Mal eine längere Runde laufen möchte, aber er verneint. »Das passt perfekt«, sagt er. »Ich habe einen langen Arbeitstag vor mir und möchte mich nicht auspowern.«
    Vor seiner Tür sieht er mich fragend an: »Du kannst bei mir duschen, wenn du magst.«
    Ich danke ihm. Mein Herz schlägt etwas schneller. Warum macht er mich so nervös? Er lächelt und gibt mir die Hand. »Dein Honorar habe ich dir überwiesen«, sagt er noch, nickt und die Tür schließt sich hinter ihm, ehe ich reagieren kann.
    Ich stehe da und starre die Tür an. Wie kann er mir mein Honorar überwiesen haben? Ich habe ihm meine Kontodaten nicht gegeben. Er muss sich irren. Achselzuckend drehe ich mich um und mache mich auf den Heimweg.

10
    Als ich am Eckhaus vorbeikomme, blicke ich wie immer an der Fassade empor. Stahl, Glas, es sieht aus wie ein Schiffsbug. Runde Fenster im ersten Stock, Bullaugen. Das hier ist das Viertel mit der verrückten Architektur, ich liebe es. In diesem schrägen Haus residiert natürlich eine Werbeagentur - und ich wage mal die Behauptung, dass es keine von den kleinen ist.
    Während ich an der Fassade emporblinzele - das Sonnenlicht bricht sich in Chrom, Stahl und Glas - kommt jemand aus dem Eingang und ich renne ihn fast über den Haufen. Er taumelt und hält mich fest, ich falle gegen ihn und finde mich an eine schicke, brokatglitzernde Weste gepresst. Der Typ trägt am helllichten Tag eine Brokatweste? Einen Nadelstreifen-Gehrock? Spitze Lackschuhe? Ich sehe die Hand, die meinen Arm umklammert hält, den Siegelring mit dem dunkelroten Raben, und schlucke. Ausgerechnet. Unter all den Menschen, die hier arbeiten, ausgerechnet er. Was ist das - eine Pechsträhne?
    »Hallo Yoshi«, murmele ich und mache mich von ihm los, ohne ihm ins Gesicht zu blicken. »Sorry fürs Anrempeln. Und Tschüss.«
    Er hält mich fest. »Caro«, sagt er nicht weniger verblüfft als ich.
    Jetzt sehe ich ihn doch an, es kommt mir albern vor, die ganze Zeit auf seinen schicken Vatermörder zu starren. Yoshi hat wieder seine Steampunk-Phase, scheint es. Er modelt. Nicht hauptberuflich, aber er wird gut gebucht, vor allem von kleinen, ausgefallenen Labels. Ich hebe den Blick und sehe ihm ins Gesicht. Unsere letzte Begegnung ist nicht sonderlich erfreulich verlaufen und ich frage mich, wer von uns beiden wütender auf den anderen ist.
    Seine Miene spiegelt eine ähnliche Zerrissenheit. Ich nutze seine Sprachlosigkeit, um ihn genau zu mustern. Er sieht umwerfend aus, wie immer. Die schwarzen Mandelaugen, das dicke, dunkelbraune Haar - er trägt es ziemlich lang, zu Dreadlocks gedreht und hoch am Kopf zusammengebunden. Es sieht geil aus.
    Er lächelt. Meine Güte, er lächelt mich an!
    »Caro«, wiederholt er. »He, ich freu mich. Was treibst du hier?«
    Er freut sich?! Ich bin sprachlos. Hat er vergessen, dass er mich aus unserer Wohnung geworfen hat, meine Sachen nicht rausrücken wollte, sich mit Fo geprügelt hat?
    »Ich ... ein Kunde«, sage ich. »Hör mal, ich hab noch was vor. Kann ich meinen Arm wiederhaben?«
    Er grinst und hakt mich unter. »Komm, ich lade dich auf einen Cappuccino ins One ein. Ein paar Minuten wirst du doch für mich haben, oder?« Sein Blick wird flehend. »Ich habe mich noch nicht bei dir entschuldigt. Wenn ich gewusst hätte, wo ich dich finde, hätte ich dir längst einen Strauß Rosen geschickt. Ich war so ein Arschloch.«
    Das finde ich allerdings auch. Ein bisschen besänftigt lasse ich mich von ihm über den gekiesten Platz ziehen. Unter riesigen Schirmen sind Loungemöbel mit Kissen in allen möglichen Farben aufgebaut. Ein paar Sofas sind schon besetzt, aber die meisten warten noch auf den großen Mittagsansturm.
    Yoshi bestellt Cappuccino und Muffins und sitzt dann da und sieht mich mit aufgestütztem Kinn

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