Calhoun Chronicles 03 - Die Schoene Tochter Des Senators
eigentlich gar nicht wissen.“
Irgendetwas hatte Helena auf dem Herzen, das sah Abigail ihr sofort an, als ihre Schwester am nächsten Morgen zum Frühstück herunterkam. Helena schien von innen heraus zu leuchten, war jedoch offensichtlich beunruhigt, denn sie trommelte mit den Fingern so lange auf den Tisch, bis der Senator ihr schweigend einen strafenden Blick zuwarf. Nun zappelte sie mit dem Fuß und stieß mit dem Knie gegen die Rufglocke am Tischbein, so dass Dolly herbeieilte.
„Du lieber Gott, Helena, was ist denn los?“ fragte ihr Vater schließlich.
„Ich bin nur so aufgeregt“, antwortete sie. „Es ist schon so lange her, seit ich einmal einen Ferientag auf dem Land habe verbringen dürfen.“
„Wer hat denn etwas von Ferien gesagt?“ wollte der Senator wissen.
„Ach, haben wir dir das nicht erzählt?“ Unter dem Tisch fasste Helena Abigail beim Handgelenk, um sie zu mahnen, den Mund zu halten. „Wir sind an die See eingeladen worden.“
Mr. Calhoun hatte das ganze Unternehmen äußerst geschickt eingefädelt. Da er wusste, dass Helena Professor Rowan überallhin folgen würde, hatte er diesen in seinen Plan eingeweiht, und Helena wusste, wie sie alles erreichen konnte, was sie wollte.
„Die Calhouns haben uns eingeladen. Sie besitzen eine Plantage namens Albion. Eigentlich ist es mehr eine Pferdezuchtfarm. Bitte, sage doch, dass wir hinfahren, Vater. Bitte, bitte!“
Abigail befreite ihr Handgelenk. Sie wusste schon längst, dass sie hier nichts zu sagen hatte.
„Das ist wichtig für deine Stellung im Senat“, fuhr Helena fort. „Die Calhouns sind reich.“
„Das sind wir auch."
„Nächstes Jahr sind Neuwahlen. Eine Spende von den Calhouns würde deine Kampagne sicherlich fördern.“ Sie trank ein Schlückchen Kaffee. „Mr. Calhouns Vater spielt Golf mit dem Oberrichter des Bundesgerichtshofs. Wusstest du das?“
Abigail konnte nicht anders, sie musste Helenas Raffinesse bewundern. Bei häuslichen Dramen oder in politischen Angelegenheiten war sie wie ein geschickter Flusslotse am Ruder, der alle felsigen Untiefen und verborgenen Unterströmungen umschiffte.
Na schön, dachte Abigail. Ein Besuch an der See bei den Calhouns. Inzwischen war sie es ja schon gewohnt, von Jamie Calhoun herumgeschubst zu werden. Vielleicht zu sehr gewohnt...
13 . KAPITEL
W ährend der Fahrt nach Albion war Jamie überraschend unruhig. In der geräumigen Mietkutsche spielte er für vier Gäste - Franklin Cabot mit seinen beiden Töchtern und Professor Rowan - den Gastgeber. Er hatte das ganze Unternehmen arrangiert, um bei dem Senator Eindruck zu machen, doch statt sich als Sieger zu fühlen, bedrückte ihn der Gedanke daran, wie viel dabei auf dem Spiel stand. Natürlich ließ er sich das nicht anmerken.
„Hier ist das umstrittene Land, Senator. Das wollen die Eisenbahngesellschaften für sich beanspruchen.“ Er deutete auf die ausgedehnten Felder der Farmer. Hier wohnten arme, einfache Familien, kleine Farmpächter und ehemalige Sklaven, die sich um die Ernten kümmerten und Rinder züchteten. Die Eisenbahngesellschaft wollte den Großteil des Tals übernehmen, um sich über ganz Virginia auszudehnen und Handelswege bis ans Ufer der Chesapeake Bay zu schaffen, wo dann Flussboote und seegängige Schiffe die Verbindung über das Meer schließen konnten.
Der Senator hielt den ledernen Windschutz zur Seite und rieb sich nachdenklich übers Gesicht. Er betrachtete das fruchtbare Tiefland, das unzählige Gezeiten erlebt hatte, er sah die Reis- und Indigofelder und die vereinzelten Katen, die inmitten der Felder lagen.
„Wie Sie sehen, ist es ein kostspieliges Unternehmen, wenn man die Dränage- und die Erschließungskosten bedenkt, die notwendig sind, um die Schienen verlegen zu können“, bemerkte Jamie. „Wie hoch werden die Kosten für die Meile veranschlagt?“
Cabot zog die Augenbrauen zusammen. „Worauf wollen Sie hinaus?“
„Ich frage mich nur, Sir - wenn dies Unternehmen so gewinnträchtig ist, weshalb übernimmt dann nicht eine private Eisenbahngesellschaft die Kosten?“ Jamie spürte Abigails Aufmerksamkeit. Er wusste, dass sie nicht verstand, weshalb er gegen die Expansion war. Als reicher Landeigner müsste er ihrer Ansicht nach so etwas doch eigentlich befürworten. Doch das konnte er nicht, und er musste ihren Vater überzeugen, mit ihm einer Meinung zu sein.
„Genau das fragen mich meine Gegner im Kongress auch immer gern“, erwiderte Cabot. „Sie übersehen
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