Calhoun Chronicles 03 - Die Schoene Tochter Des Senators
Weg gehe. Allerdings vergessen Sie eines, Miss Helena.“
„Und das wäre?“
„Abby ist glücklich. Ihr bereitet das Freude.“
Helena überlegte, wie sich ihre Schwester in diesem Herbst gefühlt hatte, und sie musste zugeben, dass Calhoun Recht hatte. Dieser Schuft!
Seit er in Abigails Leben getreten war, hatte er sie verwandelt. Neuerdings summte sie, wenn sie über ihren Berechnungen saß, und ihre Augen, die schon immer schön gewesen waren, leuchteten jetzt besonders hell. Einmal erwischte Helena sie sogar dabei, wie sie vor dem Spiegel in ihrem Schlafzimmer Hofknickse und Tanzschritte übte, weil sie sich dabei unbeobachtet fühlte. Mit einem unsichtbaren Fächer hatte sie vor ihrem Gesicht gewedelt und in den Spiegel gelacht.
Abigail hatte in der Tat niemals glücklicher gewirkt. Bedauerlicherweise gründete sich dieses neue Glück auf Lügen und Intrigen.
„Jetzt ist sie jedenfalls nicht glücklich.“ Helena zögerte. „Leutnant Barnes ..."
„Butler“, korrigierte er sie.
„... wird mich heute besuchen, und Papa erwartet, dass ich ihn heirate. Sie haben die Dinge durcheinander gebracht, und meine Schwester wird sich nicht vor dem Mann erniedrigen, der bei der Geschichte betrogen worden ist. Doch ich nehme an, das kümmert Sie nicht im Geringsten.“
Jamie verkorkte das Tintenfass auf dem Schreibtisch, lehnte sich in dem Sessel zurück und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. Ganz der unverschämte und privilegierte Mann aus Virginia, bedachte er sie mit einem langsamen Lächeln.
„Gewiss kümmert mich das, meine Liebe. Ich habe Ihrer Schwester einen neuen und gesünderen Weg gezeigt, sich selbst zu sehen. Sie hat endlich einmal ihren Kopf aus den Sternen gezogen und tritt der Umwelt jetzt lächelnd gegenüber. Was wäre daran schlecht?“
„Du liebe Güte“, rief Helena aus und blickte ihn verblüfft an. „Sie lieben sie ja!“
Calhoun warf den Kopf in den Nacken und lachte ausgelassen, doch seine Heiterkeit erstarb, als Helena ihn mit einem tödlichen Blick fixierte. Auf der Stelle war er wieder ernst. „Tut mir Leid, doch da irren Sie sich. Auf diese Weise liebe ich nicht. Das gehört nicht zu den Dingen, die ich will oder brauche.“
Er belog sie natürlich und sich selbst ebenfalls, doch wie alle Männer war auch er so undurchdringlich wie eine noch nicht gerodete Wildnis.
Helena verspürte jedoch keine Neigung, zu den Herzensgeheimnissen eines James Calhoun vorzudringen. Sie war nur um ihre Schwester besorgt. „Folgendes haben Sie zu tun: Sie werden Abigail beipflichten, wenn sie dem Leutnant erzählt, dass Sie sich diese närrische Liebesgeschichte ausschließlich deshalb ausgedacht haben, um unseren Vater zu beeindrucken. Und nun habe ich einen Heiratsantrag am Hals!“
„Das ist doch recht spannend.“
„Mr. Calhoun, Sie werden Ihren Anteil bei dieser Täuschung zugeben und sich bei den beiden entschuldigen. Danach werden Sie dieses Haus verlassen und nicht mehr zurückkehren.“
Er wartete in aller Ruhe, bis Helena ihre Tirade beendet hatte. „Sind Sie jetzt fertig?“ erkundigte er sich dann gelassen.
„Fürs Erste.“
„Ich erkenne, dass Ihnen sehr viel an Ihrer Schwester liegt, doch Sie ersticken sie - einmal ganz abgesehen davon, dass Sie die Augen vor Abigails wahren Gefühlen verschließen.“
„Ich ...“
Jamie brachte sie mit erhobener Hand zum Schweigen. „Sie sagten, Sie hätten Ihre Rede abgeschlossen! Sehen Sie, jeder Narr erkennt doch, wie es um die Cabot-Töchter steht. Die eine ist klug, und die andere ist hübsch. Das wurde vermutlich schon so oft geäußert, dass Sie und Abigail es inzwischen tatsächlich glauben. Doch eine derartige Vereinfachung des Problems sollte für Sie beide eine Beleidigung sein.“
Helena hörte ihm zu, und es dämmerte ihr, dass der Schuft wirklich Recht hatte - zumindest in dieser Beziehung.
„Gehen Sie zu meiner Schwester, Mr. Calhoun, und dann werden wir uns überlegen, ob wir Ihnen vergeben. Ich muss jetzt Michael suchen.“
Der Professor kam ihr auf dem ersten Treppenabsatz entgegen. Er sagte nichts, sondern küsste sie schnell und heftig. Fast gegen ihren Willen packte sie sein zerdrücktes Hemd und sog gierig alles in sich auf - die Hitze und die Lust, die Explosion der Empfindungen, die über sie hereinbrach, wenn sie zusammentrafen.
Als er wieder von ihr abließ, war Helena atemlos und hatte beinahe vergessen, was sie eigentlich hier gewollt hatte.
„Miss Cabot.“ Er verneigte sich
Weitere Kostenlose Bücher