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Calibans Krieg

Calibans Krieg

Titel: Calibans Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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Honig, die außerdem einen starken Duft nach gebackenen Rosinen verströmte. Prax ließ sich nieder, ohne richtig darüber nachzudenken, was der Pilot als Einladung auffasste, das Gespräch fortzusetzen.
    »Wie lange waren Sie auf Ganymed?«
    »Ich habe dort den größten Teil meines Lebens verbracht«, erwiderte Prax. »Meine Familie ist dorthin gezogen, als meine Mutter schwanger war. Vorher hatten sie auf der Erde und auf Luna gearbeitet und gespart, um zu den äußeren Planeten zu gelangen. Zuerst waren sie für kurze Zeit auf Callisto.«
    »Gürtler?«
    »Eigentlich nicht. Sie hatten gehört, jenseits des Gürtels seien die Verträge besser. Es ging eigentlich nur darum, der Familie eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Das war der Traum meines Vaters.«
    Alex trank einen Schluck Kaffee.
    »Daher Praxidike. Man hat Sie nach dem Mond benannt, was?«
    »Richtig«, bestätigte Prax. »Sie waren etwas verlegen, als sie schließlich herausfanden, dass es ein Frauenname ist. Mir hat es nichts ausgemacht. Meine Frau – meine Exfrau – hielt es sogar für reizend. Wahrscheinlich bin ich ihr deshalb überhaupt aufgefallen. Wenn man bemerkt werden will, muss man etwas Besonderes an sich haben, und auf Ganymed kann man an jeder Ecke mit einer toten Katze fünf Botaniker erschlagen. Oder jedenfalls konnte man das.«
    Die Pause war gerade lang genug, damit Prax sich auf das einstellen konnte, was kommen würde.
    »Wie ich hörte, ist Ihre Tochter verschwunden«, meinte Alex. »Das tut mir leid.«
    »Wahrscheinlich ist sie tot«, entgegnete Prax, wie er es eingeübt hatte.
    »Hatte das nicht mit dem Labor zu tun, das Sie da unten entdeckt haben?«
    »Ich glaube schon. Es muss eine Verbindung geben. Sie haben meine Kleine direkt vor dem ersten Vorfall verschleppt. Sie und mehrere andere aus ihrer Gruppe.«
    »Was für eine Gruppe?«
    »Sie hat eine Immunstörung. Prämature Immunoseneszenz nach Myers-Skelton. Es ist angeboren.«
    »Meine Schwester hatte die Glasknochenkrankheit. Das war schlimm«, erklärte Alex. »Wurde die Kleine deshalb verschleppt?«
    »Ich nehme es an«, erwiderte Prax. »Warum sonst sollte man ein Kind entführen?«
    »Gesunde Kinder für Sklavenarbeit oder Sex«, meinte Alex leise. »Das kenne ich. Aber ich verstehe nicht, warum man Kinder mit solchen Krankheiten kidnappt. Haben Sie da unten wirklich das Protomolekül gesehen?«
    »Anscheinend«, sagte Prax. Der Beutel mit dem Essen kühlte in seiner Hand ab. Ihm war klar, dass er mehr essen sollte – das wollte er auch, und es schmeckte sogar gut –, aber irgendetwas beschäftigte ihn. Er hatte schon mehrmals darüber nachgedacht, als er abgelenkt und halb verhungert gewesen war. Jetzt, da er in diesem zivilisierten Sarg durch die Leere raste, tauchten all die alten, vertrauten Gedanken wieder auf. Sie hatten ganz gezielt die Kinder aus Meis Gruppe ausgewählt. Kinder mit einem beschädigten Immunsystem. Und sie hatten mit dem Protomolekül gearbeitet.
    »Der Kapitän war auf Eros«, erklärte Alex.
    »Es muss ein schlimmer Verlust für ihn gewesen sein« sagte Prax, nur um irgendetwas zu entgegnen.
    »Nein, ich meinte nicht, dass er dort gelebt hat. Er war auf der Station, als es passiert ist. Wir waren alle dort, aber er war am längsten drin. Er hat sogar den Anfang gesehen, die allererste Infizierte.«
    »Wirklich?«
    »Es hat ihn verändert. Ich fliege mit ihm, seit wir mit dem alten Eistopf zwischen Saturn und Gürtel gependelt sind. Ich glaube, damals hat er mich nicht besonders gemocht. Jetzt sind wir eine Familie. Es war ein Ritt durch die Hölle.«
    Prax saugte ausgiebig an dem Nahrungsbeutel. Die Paste schmeckte gar nicht so sehr nach Weizen, sondern viel eher nach Honig und Rosinen. Besonders gut war es aber eigentlich nicht. Er dachte an Holdens Miene, als sie die dunklen Fasern gefunden hatten, an die Panik, die der Kapitän trotz aller Selbstbeherrschung nicht aus seiner Stimme hatte verbannen können. Allmählich verstand er es.
    Wie durch seine Gedanken gerufen, erschien Holden in der Tür. Unter dem Arm hatte er eine Aluminiumkiste mit elektromagnetischen Platten an der Unterseite. Eine persönliche Truhe, die auch unter hohen G-Werten an Ort und Stelle blieb. Prax hatte so etwas schon einmal gesehen, aber noch nie gebraucht. Bis jetzt war die Schwerkraft für ihn eine Konstante gewesen.
    »Käpt’n.« Alex deutete einen militärischen Gruß an. »Alles in Ordnung?«
    »Ich bringe nur ein paar Sachen in meine Kabine.« Die

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