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Calibans Krieg

Calibans Krieg

Titel: Calibans Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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höher«, sagte Holden. »So hoch, wie es möglich ist, ohne das Schiff in die Luft zu jagen.«
    Das Protomolekül war anaerobisch. Wenn es irgendwie hereinkam, sollte die Umgebung so feindselig wie möglich sein.
    »Und geh ins Cockpit. Sperre hinter dir ab. Wenn die Pampe irgendwie ins Schiff eindringt, musst du den Finger auf der Reaktorüberladung haben.«
    Alex runzelte die Stirn und kratzte sich im schütteren Haar. »Das kommt mir jetzt aber etwas extrem vor …«
    Holden packte ihn fest an den Oberarmen. Alex riss die Augen auf und machte eine beschwichtigende Geste. Der Botaniker, der daneben stand, blinzelte verwirrt und erschrocken. Das war nicht der beste Weg, Zuversicht zu verbreiten. Unter anderen Begleitumständen hätte Holden ihm sogar zugestimmt.
    »Alex.« Holden zitterte immer noch, obwohl er die Arme des Piloten hielt. »Kann ich mich darauf verlassen, dass du das Schiff in eine Gaswolke verwandelst, wenn der Mist hier eindringt? Denn wenn ich das nicht kann, muss ich dich von deinen Aufgaben entbinden und dich in dein Quartier schicken.«
    Alex überraschte ihn, indem er nicht verärgert reagierte, sondern Holden die Hände auf die Unterarme legte. Seine Miene war ernst, aber die Augen blickten freundlich.
    »Ich schließe mich im Cockpit ein und mache mich bereit, das Schiff in die Luft zu jagen. Aye aye, Sir«, sagte er. »Wann wird das wieder aufgehoben?«
    »Auf direkten Befehl von mir oder Naomi.« Holden seufzte, innerlich erleichtert. Er musste es nicht aussprechen: Wenn das Ding eindringt und uns tötet, ist es besser, mit dem Schiff in die Luft zu fliegen. Er ließ Alex’ Arme los, worauf der Pilot sich einen Schritt zurückzog, das breite dunkle Gesicht in Sorgenfalten gelegt. Die Panik, die Holden zu überwältigen drohte, konnte völlig außer Kontrolle geraten, wenn er jemandem erlaubte, Mitgefühl zu entwickeln. Deshalb sagte er: »Jetzt sofort, Alex. Mach schon.«
    Alex nickte knapp. Anscheinend wollte er noch etwas sagen, doch dann machte er auf dem Absatz kehrt, ging zur Leiter und stieg nach oben ins Cockpit. Ein paar Augenblicke später kam Naomi über die Leiter herunter, und wieder etwas später stieg Amos von unten herauf.
    Naomi ergriff als Erste das Wort. »Wie ist der Plan?« Holden kannte sie gut genug, um die nur unzureichend überspielte Angst in ihrer Stimme zu erkennen.
    Holden atmete noch zweimal tief durch. »Amos und ich versuchen, es durch die Frachtluke hinauszutreiben. Öffne sie für uns.«
    »Schon erledigt.« Sie stieg die Leiter zur Operationszentrale hinauf.
    Amos beobachtete ihn nachdenklich.
    »Kapitän, wie wollen wir es durch die Luke scheuchen?«
    »Nun ja, ich dachte daran, es in Stücke zu schießen und mit dem Flammenwerfer alles zu bearbeiten, was herunterfällt. Wir sollten uns ausrüsten.«
    Amos nickte. »Verdammt. Ich fühle mich, als hätte ich das Zeug gerade erst abgelegt.«
    Holden litt nicht unter Klaustrophobie.
    Das konnte sich niemand leisten, der Reisen im Weltraum zum Beruf machte. Selbst wenn sich jemand irgendwie durch die psychologischen Eignungsprüfungen und Simulationen mogeln konnte, reichte eine einzige Fahrt gewöhnlich aus, um diejenigen, die lange Zeitspannen in beengten Räumen ertragen konnten, von jenen zu trennen, die durchdrehten und auf der Rückreise Beruhigungsmittel bekommen mussten.
    Als junger Leutnant hatte Holden viele Tage in Erkundungsschiffen verbracht, die buchstäblich so klein waren, dass man sich nicht einmal bücken und an den Zehen kratzen konnte. Er war zwischen den inneren und äußeren Hüllen von Kriegsschiffen umhergekrochen. Einmal hatte er während eines überstürzten Flugs von Luna nach Saturn einundzwanzig Tage auf der Druckliege verbracht. Albträume, er könne erdrückt oder lebendig begraben werden, hatte er nie gehabt.
    Zum ersten Mal seit anderthalb Jahrzehnten fast ununterbrochener Raumflüge hatte er das Gefühl, auf einem zu kleinen Schiff zu sein. Es war nicht nur beengt, sondern beklemmend. Er fühlte sich gefangen wie ein Tier in einer Falle.
    Weniger als zwölf Meter von seinem Standort entfernt saß jemand, der mit dem Protomolekül infiziert war, in seiner Frachthalle. Es gab keinen Ort, an den er fliehen konnte, um sich von dem Ding zu entfernen.
    Er legte die Rüstung an, was sein Gefühl der Enge nicht beheben konnte.
    Das Erste, was er anziehen musste, war ein Kleidungsstück, das die Rekruten als Ganzkörperkondom bezeichneten. Es war ein dicker, eng anliegender

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