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Calibans Krieg

Calibans Krieg

Titel: Calibans Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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»Soren hat gerade eine Menge zu tun.«
    »Wie Sie wollen«, stimmte er zu.
    Ihr Vorgesetzter hatte heimlich einen Krieg begonnen. Er arbeitete mit der Firma zusammen, die auf Phoebe den Flaschengeist losgelassen, Eros geopfert und die ganze Menschheit in Gefahr gebracht hatte. Er war ein ängstlicher kleiner Junge in einem guten Anzug, der sich einen Gegner vornahm, den er besiegen konnte, weil er sich angesichts der wahren Bedrohung in die Hosen machte. Sie lächelte ihn an. Er und Nguyen trugen die Schuld daran, dass gute Männer und Frauen gestorben waren. Auf Ganymed waren sogar Kinder umgekommen. Die Gürtler mussten jetzt sehen, woher sie ihre Kalorien bezogen. Ein paar würden verhungern.
    Errinwrights runde Wangen erschlafften ein wenig, er runzelte ganz leicht die Stirn. Er wusste, dass sie es wusste. Natürlich wusste er es. Spieler auf ihrer Ebene konnten einander nicht täuschen. Sie siegten, obwohl die Gegner genau erkannten, was sie im Schilde führten. So wie es ihm in diesem Moment gelungen war.
    »Geht es Ihnen nicht gut?«, fragte er. »Ich glaube, dies ist seit Jahren unsere erste Unterhaltung, in der Sie nichts Vulgäres gesagt haben.«
    Avasarala grinste ihn an und streckte die Finger aus, als wollte sie ihn streicheln.
    »Alter Wichser«, sagte sie ruhig.
    Nachdem die Verbindung getrennt war, barg sie einen Moment den Kopf in den Händen, schnaufte schwer und atmete tief durch, um sich zu konzentrieren. Als sie sich wieder aufrichtete, sah Bobbie sie an.
    »Guten Abend«, sagte Avasarala.
    »Ich versuche schon länger, Sie zu erreichen«, begann Bobbie. »Aber meine Anrufe wurden blockiert.«
    Avasarala grunzte.
    »Wir müssen über etwas reden. Genauer gesagt, über jemanden. Über Soren«, fuhr Bobbie fort. »Erinnern Sie sich an die Daten, die er vor zwei Tagen für Sie überbringen sollte? Er hat sie jemand anders gegeben. Ich weiß nicht, wer es war, aber er gehörte dem Militär an, da bin ich ganz sicher.«
    Das hat ihn also aufgeschreckt, dachte Avasarala. Sie hat ihn mit der Hand in der Keksdose erwischt. Der arme Idiot hatte ihre kleine Marinesoldatin unterschätzt.
    »In Ordnung«, entgegnete sie.
    »Ich verstehe ja, dass Sie keinen Grund haben, mir zu trauen«, drängte Bobbie, »aber … na gut. Warum lachen Sie jetzt?«
    Avasarala stand auf und streckte sich, bis die Schultergelenke angenehm schmerzten.
    »In diesem Augenblick sind Sie tatsächlich die einzige Mitarbeiterin in meinem Stab, der ich so weit traue, wie ich pinkeln kann. Erinnern Sie sich an meine Bemerkung, für den Vorfall auf Ganymed seien nicht wir verantwortlich? Das dachte ich wirklich, aber das hat sich geändert. Wir haben das Zeug gekauft, und ich fürchte, wir planen, es gegen euch einzusetzen.«
    Bobbie stand auf. Das sowieso schon aschfahle Gesicht war jetzt völlig blutleer.
    »Ich muss meine Vorgesetzten unterrichten«, sagte sie mit erstickter, belegter Stimme.
    »Nein, das müssen Sie nicht. Ihre Vorgesetzten wissen es bereits. Und beweisen können Sie das alles so wenig wie ich. Wenn Sie jetzt Meldung machen, dringt es zwangsläufig an die Öffentlichkeit, worauf wir alles abstreiten werden, blabla. Das größere Problem ist, dass Sie mich nach Ganymed begleiten werden. Man hat mich dorthin beordert.«
    Sie erklärte der jungen Frau die Zusammenhänge: Sorens gefälschter Geheimdienstbericht, dessen Bedeutung, Errinwrights Verrat, die Abordnung nach Ganymed und die Fahrt auf der Jacht von Mao-Kwik.
    »Das können Sie doch nicht machen«, wandte Bobbie ein.
    »Es ist ausgesprochen lästig«, stimmte Avasarala zu. »Natürlich werden sie meine Verbindungen überwachen, aber das tun sie vermutlich auch hier, und wenn sie mich nach Ganymed verfrachten, dann können sie ziemlich sicher sein, dass dort nichts passieren wird. Sie stecken mich in eine Kiste, bis es zu spät ist, irgendetwas zu ändern. Das versuchen sie jedenfalls. Aber ich gebe das verdammte Spiel noch nicht verloren.«
    »Sie dürfen nicht auf das Schiff gehen«, warnte Bobbie. »Das ist eine Falle.«
    »Selbstverständlich.« Avasarala wedelte mit einer Hand. »Aber es ist eine Falle, in die ich tappen muss. Dem Generalsekretär eine Bitte abschlagen? Wenn ich das mache, wird man sofort denken, ich wollte bald in den Ruhestand gehen. Niemand unterstützt einen Spieler, der im nächsten Jahr keine Macht mehr besitzt. Wir behalten die langfristigen Ziele im Auge, und das bedeutet, dass wir stark erscheinen müssen, solange es geht.

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