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Calibans Krieg

Calibans Krieg

Titel: Calibans Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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privaten Schlüssel der höchsten Stufe codiert. Ihre Bewacher würden mindestens zwei Stunden brauchen, um die Verschlüsselung zu knacken. Sie öffnete die Nachricht, die nur aus ein paar Zeilen Text bestand:
    ABER GERN.
    DER ADLER LANDET UM MITTERNACHT.
    STREICHELZOOS SIND IN ROM ILLEGAL.
    Avasarala lachte. Dieses Mal war es echte Freude. Bobbie spähte ihr über die Schulter, worauf die ältere Frau den Bildschirm drehte, damit die große Marinesoldatin es sehen konnte.
    »Was bedeutet das?«
    Avasarala winkte Bobbie herunter, bis sie der Marinesoldatin fast ins Ohr flüstern konnte. Die große Frau roch nach ehrlichem Schweiß und der mit Gurkenessenz versetzten Feuchtigkeitscreme, die in allen Gästequartieren bereitstand.
    »Nichts«, flüsterte Avasarala. »Er geht nur auf das Spiel ein. Aber sie werden sich die Zähne daran ausbeißen.«
    Bobbie richtete sich mit ungläubiger Miene auf.
    »Funktioniert die Regierung wirklich auf diese Weise?«
    »Willkommen im Affenhaus«, sagte Avasarala.
    »Ich glaube, ich möchte mich jetzt betrinken.«
    »Und ich mache mich wieder an die Arbeit.«
    In der Tür hielt Bobbie noch einmal inne. In dem breiten Rahmen wirkte sogar sie klein. Ein Türrahmen auf einem Raumschiff, in dem Roberta Draper klein aussah. Alles auf dieser Jacht war auf höchst geschmackvolle Weise obszön.
    »Was ist mit ihr passiert?«
    »Mit wem?«
    »Mit Ihrer Tochter.«
    Avasarala schloss das Terminal.
    »Arjun hat für sie gesungen, bis sie aufhörte. Es dauerte ungefähr drei Stunden. Er saß auf der Anrichte und sang alle Lieder, die wir den Kindern früher vorgesungen hatten. Schließlich ließ Ashanti sich auf ihr Zimmer bringen und ins Bett stecken.«
    »Haben Sie ihn auch dafür gehasst? Weil er ihr helfen konnte und Sie nicht?«
    »So langsam begreifen Sie es, Sergeant.«
    Bobbie leckte sich über die Lippen.
    »Ich will jemandem wehtun«, sagte sie. »Ich fürchte, wenn ich die Schuldigen nicht erwische, könnte ich es selbst sein.«
    »Jeder trauert auf seine Weise«, erwiderte Avasarala. »Übrigens, Sie werden nie genug Menschen töten können, um Ihre Abteilung wieder zum Leben zu erwecken. So wenig, wie ich jemals genügend Menschen retten könnte, um eines Tages Charanpal zurückzubekommen.«
    Bobbie dachte eine Weile über die Worte nach. Avasarala konnte fast hören, wie die Frau die Gedanken im Kopf hin und her drehte. Soren war ein Idiot gewesen, als er diese Frau unterschätzt hatte. Allerdings war er sowieso in mehr als einer Hinsicht ein Idiot gewesen. Als Bobbie endlich wieder sprach, klang es nach entspanntem Geplauder, auch wenn der Tonfall nicht den Worten entsprach.
    »Aber man kann es ja wenigstens mal versuchen.«
    »Das ist alles, was uns bleibt«, stimmte Avasarala zu.
    Die Marinesoldatin nickte knapp. Zuerst dachte Avasarala, sie werde sogar salutieren, doch sie schlurfte einfach nur zu der Hausbar im großen Salon hinüber. Dort gab es einen Springbrunnen mit falschen Bronzefiguren von Pferden und leicht bekleideten Frauen, die vom Wasser überspült wurden. Dem Menschen, bei dem dies nicht das Bedürfnis weckte, einen kräftigen Drink zu sich zu nehmen, war nicht mehr zu helfen.
    Avasarala schaltete den Videofeed wieder ein.
    »Mein Name ist James Holden …«
    Sie schaltete ab.
    »Wenigstens hast du dir den verdammten Bart abrasiert«, sagte sie zu niemand im Besonderen.

36 Prax
    Prax erinnerte sich an die erste Offenbarung. Oder jedenfalls gab es eine, die in seiner Erinnerung die erste war. Da er keine weiteren Hinweise hatte, ließ er es damit bewenden. Er war gerade erst siebzehn gewesen und hatte im zweiten Ausbildungsjahr in einem Genlabor gearbeitet. Hilflos hatte er zwischen den Stahltischen und den Mikrozentrifugen gesessen und sich gefragt, warum seine Ergebnisse unbrauchbar waren. Er hatte alle Berechnungen überprüft und die Labornotizen durchgesehen. Der Fehler war größer, als man es mit nachlässiger Vorgehensweise hätte erklären können, und er hatte sogar gewissenhaft gearbeitet.
    Dann war ihm aufgefallen, dass eine seiner Reagenzien optisch aktiv war, und er wusste, was geschehen war. Er hatte nichts Böses geahnt, sondern einfach vorausgesetzt, dass die Reagenzien aus natürlichen Quellen stammten und nicht künstlich erzeugt worden waren. Der Stoff war nicht einheitlich linksdrehend, sondern eine zur Hälfte inaktive Mischung gewesen. Diese Einsicht hatte ihn bis über beide Ohren grinsen lassen.
    Es war ein Fehlschlag gewesen, jedoch ein

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