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Calibans Krieg

Calibans Krieg

Titel: Calibans Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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er glaubte, sie werde es gleich brauchen. Während der Montage war er so still gewesen, dass sie ihn fast vergessen hatte.
    »Ich habe keine Angst, das Ding anzuziehen«, behauptete sie.
    »Ah.« Der Agent nickte und legte das Werkzeug in die Werkzeugkiste zurück. »Wie Sie meinen.«
    Bobbie richtete sich auf und holte den schwarzen Elastikanzug, den sie unter der Rüstung trug, aus dem Lagerbehälter. Ohne richtig darüber nachzudenken, zog sie sich bis auf den Slip aus und legte den engen Anzug an. Dann nahm sie die Kabel aus der Rüstung und verband sie mit den verschiedenen Sensoren des inneren Anzugs. Auf einmal bemerkte sie, dass Cotyar ihr den Rücken zuwandte. Sein normalerweise hellbrauner Nacken war auffällig rot.
    »Oh«, sagte sie. »Tut mir leid. Ich habe mich so oft zusammen mit meinen Leuten umgezogen, dass ich gar nicht mehr richtig darüber nachdenke.«
    »Es gibt keinen Grund, sich zu entschuldigen«, sagte Cotyar, ohne sich umzudrehen. »Es hat mich nur überrascht.«
    Er riskierte einen raschen Blick über die Schulter, und als er sah, dass sie inzwischen mit dem Elastikanzug bekleidet war, drehte er sich ganz herum und half ihr mit der Rüstung.
    »Sie sind attraktiv«, sagte er.
    Nun war es an ihr zu erröten.
    »Sind Sie nicht verheiratet?«, fragte Bobbie grinsend. Sie war dankbar für die Ablenkung. Die Beschäftigung mit den einfachen menschlichen Paarungssignalen verscheuchten das Monster aus ihrem Kopf.
    »Ja«, antwortete Cotyar, während er ihr den letzten Sensor in den Nacken pflanzte. »Sogar sehr. Aber ich bin nicht blind.«
    »Danke.« Bobbie klopfte ihm freundlich auf die Schulter. Anschließend schlüpfte sie in den geöffneten Rumpf der Rüstung, ruckelte in dem engen Raum ein wenig hin und her und schob die Arme und Beine hinein. »Knöpfen Sie mich zu.«
    Cotyar versiegelte den Rumpf, wie sie es ihm gezeigt hatte, setzte ihr den Helm auf und verriegelte ihn. Unterdessen beobachtete Bobbie auf dem Helmdisplay, wie der Anzug hochfuhr. Sie hörte ein leises, kaum wahrnehmbares Summen. Dann aktivierte sie die winzigen Motoren und Pumpen, die das Exoskelett steuerten, und richtete sich auf.
    Cotyar sah sie fragend an. Bobbie schaltete den Außenlautsprecher ein. »Ja, hier drin sieht alles gut aus. Alles grün.«
    Sie stieß sich mühelos mit den Füßen ab und spürte das vertraute Gefühl, über ungeheure Kräfte zu verfügen. Wenn sie sich stark genug abstieß, konnte sie leicht bis zur Decke hochfliegen und sie sogar ernsthaft beschädigen. Eine abrupte Armbewegung konnte das Himmelbett quer durch den Raum schleudern oder Cotyar das Rückgrat brechen. Wie sie es in der langen Ausbildung gelernt hatte, bewegte sie sich äußerst vorsichtig.
    Cotyar griff unter die Jacke und zog eine schlanke Pistole hervor, die Gummigeschosse benutzte. Bobbie wusste, dass viele Sicherheitsfirmen mit Hochgeschwindigkeitsmunition aus Plastik arbeiteten, die garantiert keine Löcher in die Schiffswände schlug. Maos Wachleute benutzten wahrscheinlich die gleiche Munition. Der Agent hielt ihr die Waffe hin, doch dann sah er die dicken gepanzerten Finger und den viel zu kleinen Abzug und zuckte verlegen mit den Achseln.
    »Ich brauche das Ding nicht.« Ihre Stimme klang grob und metallisch. Unmenschlich.
    Cotyar lächelte wieder.
    »Wie Sie meinen.«
    Bobbie drückte auf den Knopf, um den Kielaufzug zu rufen, und wanderte im Salon hin und her, um sich wieder an die Rüstung zu gewöhnen. Zwischen dem Versuch, einen Körperteil zu bewegen, und der Reaktion des Anzugs gab es eine Verzögerung von einer Nanosekunde. Wenn sie darin umherlief, fühlte es sich beinahe an wie in einem Traum, als wären der Wunsch, die Gliedmaßen zu bewegen, und die tatsächlichen Bewegungen völlig voneinander getrennte Ereignisse. Sie hatte oft genug trainiert und den Anzug im Einsatz getragen, um das Gefühl rasch zu überwinden, doch wenn sie die Rüstung gerade angelegt hatte, brauchte sie immer ein paar Minuten, um sich wieder daran zu gewöhnen.
    Avasarala kam aus dem Zimmer, das sie als Kommunikationszentrale benutzten, in den Salon herüber und setzte sich an die Bar. Sie schenkte sich einen steifen Gin ein und quetschte, als wäre es ihr erst im letzten Moment eingefallen, ein paar Tropfen Zitrone hinein. Die alte Dame hatte in der letzten Zeit viel getrunken, doch es stand Bobbie nicht zu, darauf hinzuweisen. Vielleicht konnte die Politikerin damit besser schlafen.
    Als der Aufzug nach ein paar Minuten immer noch

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