Calibans Krieg
Avasarala.
»Das Schiff gehört Ihnen, Madam.«
»Schön. Dann sagen Sie dem Kapitän, wir müssen mit Höchstgeschwindigkeit fliegen, um Holden abzufangen. Wir müssen ihn vor Nguyen erreichen.«
»Äh, dies ist eine Vergnügungsjacht. Sie ist dazu gebaut, der Bequemlichkeit halber mit niedrigem Schub zu fliegen. Ich bin sicher, dass sie ein volles G schafft, wenn es sein muss, aber ich glaube nicht, dass man viel mehr herausholen kann.«
»Admiral Nguyen ist drauf und dran, jeden zu töten, der ahnt, was wirklich im Gange ist.« Avasarala hätte beinahe gebrüllt. »Wir haben keine Zeit, gemächlich herumzuschippern, als wollten wir ein paar Gigolos für uns aufsammeln.«
»Ach so«, entgegnete Bobbie und fügte einen Moment später hinzu: »Wenn es ein Wettrennen wird, dann weiß ich, wo wir ein Rennboot finden …«
39 Holden
Holden goss sich aus der Kanne in der Messe eine Tasse Kaffee ein. Der kräftige Geruch erfüllte den kleinen Raum. Die Blicke der Crew spürte er fast körperlich im Rücken. Kaum dass sie seinem Ruf gefolgt waren und sich gesetzt hatten, hatte er ihnen den Rücken gekehrt und sich einen Kaffee genommen. Ich zögere es hinaus, weil ich vergessen habe, wie ich es ihnen beibringen wollte. Er tat sogar Zucker in den Kaffee, obwohl er ihn sonst schwarz trank, nur weil er damit noch ein paar Sekunden schinden konnte.
»Also. Wer sind wir?«, fragte er, während er umrührte.
Schweigen beantwortete seine Frage. Er drehte sich um und lehnte sich an die Anrichte, hielt den Kaffee, den er gar nicht wollte, in der Hand und ließ unablässig den Löffel kreisen.
»Ernsthaft«, beharrte er. »Wer sind wir? Das ist die Frage, auf die ich immer wieder zurückkomme.«
»Äh.« Amos rutschte auf seinem Stuhl hin und her. »Ich bin Amos, Käpt’n. Ist dir nicht gut?«
Niemand sonst sagte etwas. Alex starrte die Tischplatte an, die dunkle Kopfhaut war im hellen Licht der Messe durch das schüttere Haar gut zu erkennen. Prax saß neben dem Ausguss auf der Anrichte und betrachtete seine Hände. Er spannte sie immer wieder an, als müsste er überlegen, wozu sie gut waren.
Nur Naomi sah Holden direkt an. Sie hatte sich die Haare zu einem dicken Pferdeschwanz zusammengebunden, und die dunklen Mandelaugen erwiderten seinen Blick. Es verunsicherte ihn.
Holden ließ sich jedoch nicht durch Naomis Starren aus dem Konzept bringen. »Vor Kurzem habe ich etwas über mich herausgefunden«, fuhr er fort. »Ich habe euch alle behandelt, als wärt ihr mir etwas schuldig. Das trifft aber nicht zu. Und das bedeutet, dass ich euch mies behandelt habe.«
»Nein«, widersprach Alex, ohne ihn anzusehen.
»Doch.« Holden machte eine Pause, bis Alex seinen Blick erwiderte. »Doch. Dich vielleicht noch mieser als alle anderen. Ich hatte Todesangst, und Feiglinge suchen sich immer ein leichtes Ziel. Du bist der freundlichste Mensch, den ich kenne, Alex. Deshalb habe ich dich schlecht behandelt, weil ich wusste, dass ich damit durchkomme. Ich hoffe, du verzeihst mir das, weil ich es wirklich bereue.«
»Klar verzeihe ich dir, Käpt’n«, sagte Alex lächelnd in seinem leiernden Dialekt.
»Ich versuche, mir euer Vertrauen zu verdienen«, antwortete Holden, dem die prompte Antwort gar nicht behagte. »Aber Alex hat neulich etwas zu mir gesagt, über das ich oft nachdenken musste. Er sagte, ihr seid keine Angestellten. Wir sind nicht mehr auf der Canterbury . Wir arbeiten nicht mehr für Pur ’n’ Kleen, und mir gehört dieses Schiff so wenig wie einem von euch. Wir haben Aufträge der AAP angenommen und dafür etwas Taschengeld und die laufenden Kosten für das Schiff kassiert, aber wir haben noch nie darüber gesprochen, was wir mit dem Überschuss tun wollen.«
»Dafür hast du doch das Konto eröffnet«, erinnerte Alex ihn.
»Ja, es gibt ein Konto, auf dem das überschüssige Geld liegt. Als ich das letzte Mal nachgesehen habe, waren es etwas weniger als achtzigtausend. Ich sagte, wir sparen es für den Betrieb des Schiffs, aber wer bin ich, dass ich diese Entscheidung für euch treffen könnte? Es ist nicht mein Geld, sondern unser Geld. Wir haben es zusammen verdient.«
»Aber du bist der Kapitän.« Amos deutete auf den Kaffeepott.
Holden schenkte ihm eine Tasse ein und sagte: »Bin ich das wirklich? Auf der Canterbury war ich der XO. Es lag nahe, dass ich der Kapitän wurde, nachdem die Canterbury in die Luft gejagt wurde.«
Er reichte Amos die Tasse und setzte sich zu den anderen an den Tisch. »Aber
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