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Calibans Krieg

Calibans Krieg

Titel: Calibans Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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hielt inne. Die Fünfminutenwarnung ertönte, als er sich mit den Fingern durch die Haare strich. Jede einzelne Haarwurzel tat weh. Er fragte sich, ob Amos sich deshalb den Kopf rasierte. Das Leben auf einem Schiff brachte so viele Dinge mit sich, über die man erst nachdachte, wenn man schon mittendrin steckte.
    »Nicola …«
    Er löschte alle Aufzeichnungen und stellte die Verbindung zum Spendenkonto her. Dort aktivierte er ein abgesichertes Überweisungsformular, das er verschlüsseln und mit Lichtgeschwindigkeit an die Computer der Bank senden konnte. Rasch füllte er die Felder aus. Die Zweiminutenwarnung ertönte, lauter und beharrlicher als die vorherigen Hinweise. Dreißig Sekunden vor Einsetzen des Schubs schickte er ihr das Geld zurück. Mehr gab es zwischen ihnen nicht zu sagen.
    Dann steckte er das Handterminal weg und legte sich hin. Der Computer zählte von zwanzig aus rückwärts, und dann rollte wieder der Berg auf ihn.
    »Was macht das Knie?«, fragte Amos.
    »Ziemlich gut«, antwortete Prax. »Das überrascht mich. Ich dachte, der Schaden wäre größer.«
    »Überstrecken Sie es nur nicht«, riet Amos ihm. »Das hat auch bei meinem Zeh geholfen.«
    Ein tiefes Signal warnte das ganze Schiff, dann verlagerte sich unter Prax das Deck. Holden, der rechts von ihm stand, nahm das Gewehr in die linke Hand und berührte die Schalttafel.
    »Alex?«
    »Ja, das war etwas unsanft. Tut mir leid, aber … Moment. Ja, Käpt’n. Wir sind luftdicht, und sie klopfen an.«
    Holden nahm das Gewehr wieder in die andere Hand. Auch Amos hielt eine Waffe bereit. Naomi stand neben ihnen. Sie hatte nichts außer einem Terminal, das sie mit der Operationszentrale verband. Wenn etwas schiefging, war die Steuerung des Schiffs wichtiger als eine Waffe. Sie trugen alle die Rüstungen, die das marsianische Militär für die Besatzung entwickelt hatte. Die gekoppelten Schiffe beschleunigten jetzt mit einem Drittel G. Die Zerstörer von der Erde rasten immer noch auf sie zu.
    »Die Waffen bedeuten wohl, dass du mit einem Hinterhalt rechnest, Käpt’n?«, wollte Amos wissen.
    »Es kann nicht schaden, eine Ehrenwache aufzustellen«, erwiderte Holden.
    Prax hob eine Hand.
    »Sie werden nie wieder eine Waffe bekommen«, sagte Holden. »Ist nicht persönlich gemeint.«
    »Nein, ich wollte nur … ich dachte, Ehrenwachen stehen immer auf der gleichen Seite wie die Leute, die sie bewachen.«
    »Vielleicht legen wir das hier etwas großzügig aus.« Naomis Stimme verriet, wie angespannt sie war.
    »Sie ist nur eine kleine alte Politikerin«, meinte Holden. »Und die Pinasse kann nicht mehr als zwei Menschen befördern. Wir sind in Überzahl, und wenn es unangenehm wird, passt Alex auf dem Pilotensitz auf. Du passt doch auf, oder?«
    »Oh, sicher«, sagte Alex.
    »Falls es eine Überraschung gibt, trennt Naomi uns, und Alex gibt Gas.«
    »Das hilft uns aber nicht, den Zerstörern zu entkommen«, wandte Prax ein.
    Naomi legte ihm eine Hand auf den Arm und drückte leicht.
    »Ich glaube, Sie helfen uns gerade auch nicht, Prax.«
    Mit einem leisen Summen öffnete sich die äußere Tür der Luftschleuse. Die Lichter wechselten von Rot nach Grün.
    »Mann«, schnaufte Alex.
    »Gibt es Probleme?«, fauchte Holden.
    »Nein, es ist nur …«
    Dann öffnete sich die innere Tür, und der größte Mensch, den Prax je gesehen hatte, trat ein. Er trug einen Anzug, der offenbar die Körperkraft verstärkte. Wäre nicht das durchsichtige Visier gewesen, er hätte geglaubt, einen zwei Meter großen Roboter zu sehen. Durch das Visier konnte Prax allerdings das Gesicht einer Frau erkennen: große dunkle Augen und hellbraune Haut. Drohend ließ sie den Blick über die Crew wandern. Amos wich unwillkürlich einen Schritt zurück.
    »Sie sind der Kapitän«, sagte die Frau. Durch den Anzuglautsprecher klang es künstlich und verstärkt und nicht nach einer Frage.
    »Das bin ich«, sagte Holden. »Ich muss schon sagen, leibhaftig sehen Sie etwas anders aus als auf dem Bildschirm.«
    Niemand lachte über den lahmen Scherz. Die Riesin machte einen weiteren Schritt.
    »Wollen Sie mich damit erschießen?« Sie deutete auf die Waffe, die Holden in der mit großen Handschuhen geschützten Hand hielt.
    »Würde es denn funktionieren?«
    »Wahrscheinlich nicht«, sagte die Riesin. Sie machte noch einen kleinen Schritt. Der Anzug heulte leise, wenn sie sich bewegte. Holden und Amos wichen weiter zurück.
    »Dann nennen Sie es einfach eine Ehrenwache«, schlug Holden

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