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Calibans Krieg

Calibans Krieg

Titel: Calibans Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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aber immer noch nichts.
    »Amos.« Holden hielt den Mechaniker, der schon wieder gehen wollte, am Arm fest. »Wenn ihr auf der Oberfläche seid, hat Gunny das Kommando. Sie ist ein Profi, und dies ist ihre Show. Du musst dafür sorgen, dass Prax nichts passiert, denn er ist ein Idiot. Ich bitte dich nur darum, den Mann und sein kleines Mädchen wohlbehalten von dem Mond zu holen und ins Schiff zu befördern.«
    Amos schien verletzt. »Natürlich mache ich das, Käpt’n. Wer ihm oder dem Baby etwas tun will, muss vorher mich töten, und das ist nicht so einfach.«
    Holden zog Amos an sich und umarmte den großen Mann rasch. »Mir tut jeder leid, der es versucht. Niemand könnte sich einen besseren Schiffskameraden wünschen, Amos. Das sollst du wissen.«
    Amos stieß ihn weg. »Du redest ja, als wolltest du nicht zurückkommen.«
    Holden warf Naomi einen raschen Blick zu, doch ihre Miene hatte sich nicht verändert. Amos lachte nur, dann klopfte er Holden so fest auf die Schulter, dass dem Kapitän die Zähne klapperten. »Das ist doch Unfug«, versicherte Amos ihm. »Du bist der härteste Kerl, den ich kenne.« Ohne auf Holdens Antwort zu warten, marschierte er zur Leiter und stieg auf das nächste Deck hinunter.
    Naomi stieß sich leicht von der Wand ab und schwebte zu Holden hinüber. Der Luftwiderstand hielt sie einen halben Meter vor ihm an. Sie war in der Mikrogravitation immer noch der beweglichste Mensch, den er je gesehen hatte, eine Ballerina bei null G. Er musste sich zurückhalten, um sie nicht einfach fest zu umarmen. Ihre Miene verriet ihm, dass sie etwas anderes wollte. Sie schwebte schweigend einen Moment direkt vor ihm, streckte den Arm aus und legte ihm eine lange schlanke Hand auf die Wange. Es fühlte sich kühl und weich an.
    »Geh nicht.« Irgendetwas in ihrer Stimme verriet ihm, dass sie es nicht noch einmal sagen würde.
    Er wich zurück und zwängte sich in den Schutzanzug. »Wer soll es denn sonst tun? Kannst du dir vorstellen, dass Avasarala sich durch eine Meute von Kotzzombies kämpft? Sie könnte nicht einmal das Kommandozentrum von der Messe unterscheiden. Amos muss das kleine Mädchen holen. Du weißt, dass er das will, und du weißt auch warum. Prax muss dabei sein. Bobbie sorgt dafür, dass die beiden überleben.«
    Er zog sich den plumpen Anzug über die Schultern, verschloss die vordere Naht, ließ aber den Helm noch auf dem Rücken hängen. Mit den Hacken aktivierte er die Magnetstiefel, dann drückte er sich ab und verankerte sich auf dem Deck.
    »Du?«, fragte er Naomi. »Soll ich dich schicken? Ich würde jederzeit wetten, dass du es mit tausend Zombies aufnehmen kannst. Aber du kennst dich mit dem Befehlsinformationszentrum so wenig aus wie Avasarala. Wie sollte das gehen?«
    »Wir haben gerade wieder zusammengefunden«, erwiderte sie. »Das ist nicht fair.«
    »Immerhin kannst du den Marsianern erklären, dass ich ihren ganzen Planeten gerettet habe und wir wegen des angeblich gestohlenen Kriegsschiffs quitt sind, ja?« Im nächsten Moment hasste er sich, weil er einen Scherz gemacht hatte. Aber Naomi kannte ihn und wusste, wie große Angst er hatte. Sie widersprach nicht. Die Liebe zu ihr strömte wie elektrischer Strom seine Wirbelsäule hinauf, bis ihm die Kopfhaut kribbelte.
    »Schön«, sagte sie. Ihre Miene verhärtete sich. »Aber du kommst zurück. Ich warte hier die ganze Zeit am Funk. Wir stehen das gemeinsam durch. Schritt für Schritt. Keine Heldentaten. Gehirn statt Kugeln, und wir lösen die Probleme gemeinsam. Das musst du mir versprechen. Versprich es mir.«
    Endlich nahm er sie in die Arme und küsste sie. »Einverstanden. Bitte hilf mir, lebendig zurückzukehren. Das fände ich wirklich schön.«
    Mit der Razorback zur beschädigten Agatha King zu fliegen war, als führe er mit dem Rennwagen zum Supermarkt an der Ecke. Die King war nur ein paar Tausend Kilometer von der Rosinante entfernt. Beinahe so nahe, dass man mit einer EVA-Ausrüstung und einem starken Schub hinübergelangen konnte. Nun aber steuerte er das vermutlich schnellste Schiff im ganzen Jupitersystem in der Teekesselchen-Betriebsart mit ungefähr fünf Prozent Schub durch die Trümmer der letzten Schlacht. Er konnte förmlich spüren, wie sich die Razorback gegen die Zügel stemmte und auf die winzigen Dampfstöße beinahe beleidigt reagierte. Die Distanz zum Flaggschiff war kurz und die Flugbahn nicht ungefährlich. Es hätte länger gedauert, einen Kurs zu programmieren, als das Ding einfach

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