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Calibans Krieg

Calibans Krieg

Titel: Calibans Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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manuell zu fliegen. Doch selbst bei diesem langsamen Tempo schien es der Razorback schwerzufallen, mit dem Bug auf die King zu zielen.
    Dort willst du nicht hin, schien ihm das Schiff zu sagen. Das ist ein schrecklicher Ort.
    »Nein, da will ich wirklich nicht gern hin.« Er tätschelte die Konsole vor sich. »Aber sei so gut, mich in einem Stück zu befördern, Liebes.«
    Ein riesiger Brocken, der früher einmal zu einem Zerstörer gehört hatte, trieb vorbei. Die gezackten Ränder glühten noch vor Hitze. Holden tippte den Steuerknüppel an und lenkte die Razorback zur Seite, um genügend Abstand zu dem dahintreibenden Wrackteil zu halten. Wieder kam der Bug vom Kurs ab. »Und wenn du dich noch so sträubst, wir fliegen da rüber.«
    Holden war enttäuscht, dass der kurze Flug so gefährlich war. Er hatte Io noch nie aus der Nähe gesehen. Der Anblick des Mondes am Rand der Bildschirme war spektakulär. Ein mächtiger Vulkan auf der anderen Seite des Mondes, der flüssiges Silikat auswarf, spie die Partikel so hoch in den Weltraum, dass man ihre Spur am Himmel verfolgen konnte. Die Rauchwolke kühlte zu einem Regen aus Silikatkristallen ab, die Jupiters Schein einfingen und vor der Schwärze wie Diamanten glitzerten. Einige von ihnen würden Ios Schwerkraftfeld verlassen, wegtreiben und in Jupiters schwaches Ringsystem aufgenommen werden. Unter anderen Begleitumständen wäre es ein wundervoller Anblick gewesen.
    Doch der gefährliche Flug zwang ihn, ständig die Instrumente und Bildschirme im Auge zu behalten. Und natürlich auch den heranwachsenden Rumpf der Agatha King , die im Zentrum der Wolke aus Trümmern stand.
    Als er in Reichweite war, funkte Holden das automatische Andocksystem an, doch wie erwartet reagierte die King nicht. Er lenkte sein Schiff zur nächsten externen Luftschleuse und wies die Razorback an, ständig einen Abstand von fünf Metern zu halten. Das Rennboot war nicht dazu konstruiert, im Weltraum an ein anderes Schiff anzudocken. Es besaß noch nicht einmal einen Andockstutzen. Um zur King zu gelangen, musste er ein kurzes Stück durch den freien Weltraum schweben.
    Avasarala hatte von Souther einen Vorrangcode erhalten, den Holden jetzt von der Razorback senden ließ. Die Luftschleuse öffnete sich sofort.
    In der Schleuse der Razorback füllte Holden noch einmal die Luftversorgung des Schutzanzugs auf. Sobald er Nguyens Schlachtschiff betrat, konnte er der Luft nicht mehr vertrauen. Nicht einmal mehr an den Auffüllpunkten. Nichts von der King durfte in seinen Anzug eindringen. Absolut nichts.
    Als die Anzeige auf hundert Prozent stand, schaltete er den Funk ein und rief Naomi. »Ich gehe jetzt rein.«
    Er deaktivierte die Stiefelmagnete und stieß sich an der inneren Schleusentür ab, um über die kurze Kluft zur King zu fliegen.
    »Ich bekomme ein gutes Bild«, antwortete Naomi. Auf seinem Helmdisplay leuchtete das Lämpchen auf, das einen aktiven Videolink kennzeichnete. Naomi konnte jetzt das Gleiche sehen wie er. Es war beruhigend, und gleichzeitig fühlte er sich sehr einsam, als riefe er einen Freund an, der sehr weit entfernt lebte.
    Holden betätigte die Luftschleuse. Die zwei Minuten, während die King die äußere Tür schloss und Luft in die Kammer pumpte, schienen eine Ewigkeit zu dauern. Er wusste nicht, was sich jenseits der inneren Schleusentür befand, wenn sie endlich aufging. Mit einer Lässigkeit, die er überhaupt nicht empfand, legte Holden die Hand an den Pistolengriff.
    Die innere Tür öffnete sich.
    Er hätte beinahe einen Herzschlag bekommen, als ihm sein Schutzanzug kreischend meldete, dass der Bereich verstrahlt war. Mit dem Kinn schaltete er den akustischen Alarm aus, ließ aber den Strahlenmesser laufen. Im Grunde sagten ihm die Daten nicht viel, allerdings versicherte ihm der Anzug, dass im Moment keine Gefahr bestand, und das war beruhigend.
    Holden trat aus der Luftschleuse in einen kleinen Raum voller Spinde und EVA-Einheiten. Der Raum wirkte verlassen, doch dann hörte er ein leises Geräusch und drehte sich im letzten Augenblick um, als ein Mann in der Uniform der UN-Raummarine aus einem Spind stürzte und mit einem schweren Schraubenschlüssel auf ihn losgehen wollte. Der unförmige Anzug behinderte ihn, und der Schraubenschlüssel traf von der Seite seinen Helm.
    »Jim!«, schrie Naomi über Funk.
    »Stirb, du Schwein!«, brüllte der Soldat im gleichen Augenblick. Er holte erneut aus, doch da er keine Magnetstiefel trug und sich nicht an den Wänden

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