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Calibans Krieg

Calibans Krieg

Titel: Calibans Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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brauchen Sie, Roberta. Sie müssen uns helfen. Ich habe nicht das Gleiche erlebt wie Sie, aber ich kenne eine Menge Menschen mit ähnlichen Erfahrungen, und ich weiß, wie ich Ihnen helfen kann. Wenn Sie mich lassen. Wenn Sie mit mir reden. Abnehmen kann ich es Ihnen nicht, ich kann Sie auch nicht heilen. Aber ich kann helfen, damit es Ihnen besser geht.«
    »Nennen Sie mich nicht Roberta«, sagte Bobbie so leise, dass sie es kaum selbst hören konnte.
    Sie atmete einige Male rasch ein und aus, um ihre Gedanken zu klären, und bemühte sich, dabei nicht zu hyperventilieren. Die Gerüche der Frachthalle brachen über sie herein. Der Geruch von Gummi und Metall, den ihr Anzug verströmte. Die stechenden, miteinander wetteifernden Gerüche von Waffenöl und Hydraulikflüssigkeit, die im Metall haften blieben, ganz egal, wie oft die Kadetten die Decks schrubbten. Tausende Matrosen und Marinesoldaten waren hier gewesen, hatten ihre Ausrüstung geprüft und immer wieder die Metallflächen geputzt. Langsam kam sie wieder zu sich.
    Sie ging zu ihrer zusammengebauten Waffe und nahm sie von der Matte, ehe das zerfließende Waffenöl sie erreichte.
    »Nein, Captain, ich werde mich nicht besser fühlen, wenn ich mit Ihnen rede.«
    »Was hilft Ihnen dann, Sergeant?«
    »Dieses Wesen, das meine Freunde getötet und den Krieg ausgelöst hat – irgendjemand hat es auf Ganymed losgelassen.« Sie schob die Kanone in das Gehäuse, wo sie mit einem lauten Klicken einrastete. Dann drehte sie die drei Läufe mit der Hand. Mit einem leisen und öligen Surren liefen sie auf den hochwertigen Zahnrädern. »Ich werde herausfinden, wer es war, und dann werde ich ihn töten.«

9 Avasarala
    Der Bericht war mehr als drei Seiten lang, doch Soren hatte tatsächlich jemanden aufgetrieben, der mutig war und es zugab, wenn er etwas nicht wusste. Auf der Venus geschahen seltsame Dinge. Viel seltsamer, als Avasarala bisher angenommen oder auch nur geahnt hatte. Ein Geflecht von Adern, die fünfzig Kilometer weite Sechsecke bildeten, hatte den Planeten fast völlig umschlossen. Abgesehen davon, dass sie überhitztes Wasser und elektrischen Strom leiteten, wusste niemand, was dies zu bedeuten hatte. Die Schwerkraft des Planeten hatte um drei Prozent zugenommen. Wirbelstürme aus Benzolmolekülen und komplexen Kohlenwasserstoffen fegten wie Synchronschwimmer über die Einschlagskrater hinweg, wo die Trümmer der Eros-Station auf den Planeten gestürzt waren. Die besten Wissenschaftler des Systems starrten mit offenen Mündern die Daten an. Da es niemand begriff, sah auch niemand einen Grund, in Panik zu geraten.
    Andererseits stellte die Metamorphose der Venus eine ungeheure wissenschaftliche Leistung dar. Was dort auch geschah, jeder konnte es beobachten. Es gab weder Geheimhaltungsklauseln noch Absprachen mit Konkurrenten, an die man sich halten musste. Wer einen guten Scanner besaß, konnte durch die Schwefelsäurewolken blicken und beobachten, was dort vor sich ging. Die Analysen blieben vertraulich und die Untersuchungen unter Verschluss, aber die Rohdaten kreisten für jeden sichtbar um die Sonne.
    Nur dass sich die Beobachter vorkamen wie eine Gruppe Eidechsen, die den World Cup verfolgte. Höflich ausgedrückt wusste niemand, was er da eigentlich beobachtete.
    Doch die Daten waren eindeutig. Der Angriff auf Ganymed und die Energiespitze auf der Venus fielen zeitlich exakt zusammen. Nur kannte niemand den Grund.
    »Das ist einen Dreck wert«, schimpfte sie.
    Avasarala schaltete das Handterminal ab und blickte aus dem Fenster. Die leise summenden Gespräche in der Kantine erinnerten an ein gutes Restaurant, nur dass hier die hässliche Notwendigkeit des Bezahlens entfiel. Die Tische bestanden aus echtem Holz und waren sorgfältig aufgestellt, damit jeder alles sehen und niemand belauscht werden konnte, wenn er es nicht wollte. Heute regnete es. Auch ohne die Tropfen, die ans Fenster prasselten und die Stadt und den Himmel verschwimmen ließen, hätte sie es am Geruch erkannt. Ihr Mittagessen – kalter Saag Alu mit etwas, das angeblich Tandoori-Hühnchen war – stand unberührt auf dem Tisch. Soren saß ihr gegenüber und machte ein höfliches und aufmerksames Gesicht wie ein Labrador.
    »Es gibt keine Daten, die auf einen Start hinweisen«, erklärte er. »Was auf der Venus war, hätte nach Ganymed fliegen müssen, und dafür gibt es keinerlei Anzeichen.«
    »Was auf der Venus sitzt, hält Massenträgheit für entbehrlich und die Schwerkraft für

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