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Calibans Krieg

Calibans Krieg

Titel: Calibans Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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für Ruhe gesorgt, einen Scherz gemacht oder einfach eine Schicht lang herumgesessen und jemandem beim Schimpfen und Fluchen zugehört, bis der Betreffende genügend Dampf abgelassen hatte.
    Die neue Person, in die er sich verwandelt hatte, griff sofort zur Waffe und suchte erst danach das Gespräch. Vielleicht hatte Naomi recht. Wie viele Schiffe hatte er in dem einen Jahr seit Eros zu Schlacke verbrannt? Ein Dutzend? Mehr? Er tröstete sich mit dem Gedanken, dass auf ihnen sehr böse Menschen geflogen waren. Üble Aasgeier, die das Chaos des Krieges und den Rückzug der Koalitionsmarine als Gelegenheit zum Plündern aufgefasst hatten. Solche Leute rissen alle teuren Bauteile aus dem Antrieb heraus, stahlen die Luftreserven und ließen die Opfer treiben, bis sie erstickten. Jeder Abschuss eines ihrer Schiffe hatte möglicherweise Dutzende unschuldiger Schiffe und Hunderte von Menschen gerettet. Aber dabei hatte er etwas verloren, das er jetzt gelegentlich vermisste.
    Besonders wenn Naomi sagte: Das bist du nicht.
    Wenn sie den geheimen Stützpunkt entdeckten, wo Mei festgehalten wurde, mussten sie höchstwahrscheinlich kämpfen, um das Mädchen zu retten. Holden hoffte, dies würde ihm an die Nieren gehen, und sei es nur, um sich selbst zu beweisen, dass ihn überhaupt noch etwas berührte.
    »Käpt’n? Alles klar?«
    Amos starrte ihn an.
    »Ja«, antwortete Holden. »Ich brauche nur einen anderen Job.«
    »Dies ist vermutlich kein guter Augenblick, um eine neue berufliche Laufbahn einzuschlagen.«
    »Auch wieder wahr.« Holden deutete auf den älteren Mann von Pinkwater, den er sich vorher herausgepickt hatte. »Dies ist Ihre Kreuzung. Die Anweisungen sind die gleichen wie vorher. Halten Sie die Stellung, bis ich Sie rufe.«
    Der ältere Mann zuckte mit den Achseln, nickte und wandte sich an Amos. »Krieg ich keine Handgranate?«
    »Nö«, antwortete Amos. »Paula sieht besser aus.« Wieder zählte er von fünf aus rückwärts, und wieder stürmte Holden genau wie beim letzten Mal durch die Tür.
    Er hatte mit einem weiteren öden grauen Korridor gerechnet, doch auf der anderen Seite erstreckte sich ein weiter offener Raum mit einigen Tischen und staubigen Gerätschaften, die überall herumlagen. Ein mächtiges, teilweise zerlegtes 3D-Kopiergerät, dem das Harz ausgegangen war, ein paar leichte Industriekräne, eine komplizierte automatische Materialversorgung, die normalerweise unter den Arbeitstischen in Laboratorien oder ärztlichen Behandlungstischen angebracht war. Das mineralisierte Geflecht überzog die Wände, aber nicht die Kästen und Gerätschaften. In einer Ecke stand ein zwei mal zwei Meter großer Glaswürfel. Auf einem Tisch lag ein kleiner Haufen von Tüchern oder Planen. In der gegenüberliegenden Wand befand sich eine weitere Luke, die geschlossen war.
    Holden deutete auf die herumliegenden Ausrüstungsgegenstände und sagte zu Wendell: »Versuchen Sie mal, einen Zugang ins Netzwerk zu bekommen. Wenn Sie es schaffen, verbinden Sie das hier damit.« Er gab ihm Naomis hastig zusammengestückelte Netzwerkbrücke.
    Amos schickte zwei freie Pinkwater-Leute nach vorn, um das nächste Schott zu decken, dann kehrte er zu Holden zurück und deutete mit der Waffe auf den Glaskasten.
    »Groß genug für ein paar Kinder«, sagte er. »Ob sie die Kleinen dort drinnen festgehalten haben?«
    »Kann sein.« Holden ging hinüber und untersuchte den Kasten. »Prax, können Sie …« Holden hielt inne, als er sah, dass der Botaniker zu dem Tisch mit den Lumpen gegangen war und sich umsah. Sobald Prax vor dem Bündel stehen blieb, veränderte sich Holdens Perspektive, und auf einmal war es überhaupt kein Haufen alter Lappen mehr. Es sah sehr nach einem toten Kind unter einem Laken aus.
    Prax starrte das tote Kind an, streckte die Hand aus und zog sie wieder zurück. Er zitterte am ganzen Körper.
    »Das … das ist …«, sagte er zu niemandem im Besonderen. Die Hand fuhr immer wieder vor und zurück.
    Holden blickte zu Amos und bedeutete ihm mit den Augen, Prax beizuspringen. Der große Mechaniker ging zu dem Wissenschaftler und legte ihm eine Hand auf den Arm.
    »Lassen Sie uns das doch auch mal ansehen, ja?«
    Holden wartete, bis Amos Prax ein paar Schritte zur Seite bugsiert hatte, ehe er an den Tisch trat. Als er das Laken hob, um zu erkennen, was sich darunter verbarg, gab Prax einen scharfen Laut von sich, als hätte er eingeatmet und wollte gleich schreien. Holden stellte sich etwas anders hin, um Prax den

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