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Calibans Krieg

Calibans Krieg

Titel: Calibans Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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jemandem. Wir treffen uns vor der Luftschleuse.«
    Er zog den Magnetschlüssel der Somnambulist aus einer Tasche seiner Rüstung und warf ihn zu Wendell hinüber. »Damit kommen Sie auf das Schiff, das Sie übernehmen können. Betrachten Sie das als Anzahlung für Ihre Dienste.«
    Wendell nickte und steckte den Schlüssel ein, dann wandte er sich an den Verletzten. Der Mann atmete anscheinend wieder.
    »Können wir ihn stützen und laufen?«, wollte Holden von Amos wissen. Er war stolz darauf, wie fest seine Stimme klang, und dachte nicht mehr daran, dass er vor einer Minute noch bereit gewesen war, den Mann sterben zu lassen.
    »Keinesfalls, Käpt’n.«
    »Dann muss ihn jemand tragen«, sagte Holden. »Nein, nicht du, Amos. Du musst einsatzbereit sein.«
    »Ich nehme ihn«, erklärte Wendell. »Mit der verletzten Hand kann ich sowieso nicht schießen.«
    »Prax, helfen Sie ihm«, befahl Holden. »Wir müssen hier verschwinden.«
    So schnell, wie es Verletzte eben konnten, liefen sie durch die Basis zurück. Vorbei an den Männern und Frauen, die sie getötet hatten, um hineinzukommen, und, noch schrecklicher, vorbei an denen, die sie nicht getötet hatten. Vorbei an Katoas stummer kleiner Leiche. Prax’ Blick wanderte zu dem toten Jungen, doch Holden packte ihn an der Jacke und schob ihn weiter zum Druckschott.
    »Es ist immer noch nicht Mei«, sagte er. »Wenn Sie uns aufhalten, lasse ich Sie hier zurück.«
    Kaum dass er die Drohung ausgesprochen hatte, fühlte er sich wie ein mieses Schwein, doch er hatte es ernst gemeint. Seit sie die schwarzen Fäden entdeckt hatten, war die Suche nach der kleinen Tochter des Wissenschaftlers nicht mehr ihre wichtigste Aufgabe. Und wenn er ehrlich war, dann ersparte er dem Wissenschaftler, wenn er ihn zurückließ, nur den Anblick seiner Tochter, die das Protomolekül in ein Monster verwandelt hatte – aus Körperöffnungen, mit denen sie nicht geboren war, sickerte braune Pampe, und die schwarzen Fäden krochen ihr aus Mund und Augen heraus.
    Der ältere Pinkwater-Söldner, der den Ausgang bewachte, eilte ungefragt herbei, um beim Transport des Verletzten zu helfen. Prax machte ihm wortlos Platz und hielt sich hinter Paula, die mit der Maschinenpistole im Anschlag die Gänge vor ihnen sicherte.
    Die Korridore, die ihnen auf dem Hinweg öde vorgekommen waren, wirkten auf dem Rückweg bedrohlich. Die gefrorenen Muster, die Holden zunächst an Spinnweben erinnert hatten, wirkten jetzt wie die Adern eines Lebewesens. Das Pulsieren entstand aber sicher nur durch das Adrenalin, das seine Augen hin und her irren ließ.
    Acht Rem drangen von Jupiter bis auf die Oberfläche von Ganymed durch. Trotz der Magnetosphäre waren es immer noch acht Rem am Tag. Wie schnell würde das Protomolekül hier wachsen, während Jupiter einen unendlichen Energievorrat lieferte? Eros hatte sich in ein schreckliches und mächtiges Gebilde verwandelt, sobald das Protomolekül von ihm Besitz ergriffen hatte. Etwas, das mit unglaublicher Geschwindigkeit und ohne Rücksicht auf Massenträgheit beschleunigen konnte. Etwas, das, wenn die Berichte zutrafen, sogar die Atmosphäre und die chemische Zusammensetzung der Venus verändern konnte. Damals hatte es über eine Million menschliche Wirtskörper und ein paar Billionen Tonnen Stein verfügt.
    Auf Ganymed lebten zehnmal so viele Menschen, und der Mond war um mehrere Größenordnungen massereicher als Eros. Was konnte die uralte Waffe mit dieser riesigen Beute anstellen?
    Amos warf die letzte Luke der Geheimbasis auf, und dann standen sie wieder in den stärker frequentierten Tunneln von Ganymed. Auf den ersten Blick bemerkte Holden niemanden, der infiziert war. Keine besinnungslosen Zombies taumelten durch die Korridore. Auf den Wänden und dem Boden klebte kein braunes Erbrochenes mit dem außerirdischen Virus, das nur darauf wartete, einen passenden Wirt zu finden. Keine Vollstrecker von Protogen, die die Menschen in die Todesräume scheuchten.
    Protogen ist zerschlagen.
    Ein Jucken am Hinterkopf, das Holden bisher noch nicht bemerkt hatte, arbeitete sich nach vorn. Protogen war zerschlagen. Holden hatte bei der Vernichtung des Konzerns geholfen. Er war dabei gewesen, als der Architekt des Eros-Experiments gestorben war. Die marsianische Flotte hatte Phoebe in eine dünne Gaswolke verwandelt, die von Saturns Schwerkraftfeld eingefangen worden war. Eros war in die saure und kochend heiße Venusatmosphäre gestürzt, in die sich keine Raumschiffe der

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