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Caligula - Eine Biographie

Caligula - Eine Biographie

Titel: Caligula - Eine Biographie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aloys Winterling
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hatte hinreißen lassen, blieb das Ereignis folgenlos.
    Die dem Tiberius angenehmste Gesellschaft auf Capri, so wird berichtet, bestand aus griechischen Philosophen, Grammatikern, Dichtern und Astrologen. Er führte beim täglichen Gastmahl gelehrte Gespräche mit ihnen und pflegte, ihnen Fragen zu stellen, die ihm bei seiner eigenen täglichen Lektüre begegnet waren. Auch hier herrschte – angesichts der Tatsache, daß es sich bei dem Gesprächspartner nicht um einen Gelehrten, sondern um einen römischen Kaiser handelte, nicht anders erwartbar – eine gefährliche Konkurrenz um die Gunst des Tiberius, die den Beteiligten Einfluß und Reichtum sichern konnte. Auch hier wurde mit allen Mitteln gearbeitet. Der Grammatiker Seleukos, so berichtet Sueton, soll sich bei den kaiserlichen Dienern nach dessen Lesestoff erkundigt haben. Er konnte so, bestens präpariert, vor Tiberius mit seinen Kenntnissen glänzen, scheint es damit aber ungeschickterweise übertriebenzu haben. Der Kaiser, dem das opportunistische Verhalten der Aristokratie in Rom und so erst recht das seiner vertrauten Umgebung auf Capri zuwider war, schöpfte Verdacht und klärte die Sache auf. Seleukos wurde daraufhin zunächst aus seiner täglichen Gesellschaft ausgeschlossen und später zum Selbstmord gezwungen.
    Caligula scheint mit größerem Erfolg an den gelehrten Gesprächen auf Capri teilgenommen zu haben. Es wird von seinen profunden Kenntnissen im zeitgenössischen Bildungskanon berichtet. «Er war», schreibt Iosephus, «ein ausgezeichneter Redner und sprach ebenso geschickt griechisch wie lateinisch. Außerdem hatte er eine lebendige Auffassungsgabe, und da er alles, was andere einstudiert und mühsam vorbereitet hatten, aus dem Stegreif widerlegen konnte, vermochte es ihm nicht leicht ein Redner gleichzutun, zumal er seine von Natur aus schon vorhandene Befähigung durch energische Übung ausgebildet hatte.» Zweifellos war ihm schon in jungen Jahren eine gute Ausbildung zuteil geworden. Wie in aristokratischen Familien üblich, werden ihn Hauslehrer – meist wurden gebildete griechische Sklaven oder Freigelassene dafür verwandt – unterrichtet haben. Das von seinem Vater Germanicus berichtete Interesse für Wissenschaften und Literatur, vielleicht auch die frühe Reise zu den Zentren antiker Bildung in Griechenland und Ägypten dürften das Interesse gefördert haben. Es scheint aber nicht zuletzt die Zeit auf Capri gewesen zu sein, in der er sich besonders seiner Bildung widmete. «Zu fleißigem Studium», so wiederum Iosephus, «regte ihn übrigens auch seine Verwandtschaft zu Tiberius an…, der sich ebenfalls in den Wissenschaften besonders hervortat. Ihm suchte Gaius gleichzukommen, um die Pflichten der Ehrfurcht gegen seinen Verwandten und des Gehorsams gegen den regierenden Kaiser zu erfüllen.» (Ios.
ant. lud.
19, 208f.)
    Aus Caligulas späterer Regierungszeit wird nichts mehr über ein besonderes Interesse an den Wissenschaften berichtet. Man wird daher nicht fehlgehen in der Annahme, daß er sein Verhalten auf Capri auch in dieser Hinsicht geschickt den herrschenden Umständen, das heißt dem, was Tiberius honorierte, anpaßte, zumal er mit den intellektuellen Voraussetzungen dafür offensichtlich sehr gut ausgestattet war. Auch hier hatte erErfolg zu verzeichnen. Das zu Beginn aufgrund der allgemeinen politischen und familiären Umstände zweifellos schwierige Verhältnis zwischen Tiberius und Caligula scheint sich jedenfalls in den ersten beiden Jahren auf Capri gebessert zu haben. Tiberius legte seinem Großneffen und möglichen Thronfolger gegenüber zwar keine erkennbar freundliche, aber auch keine feindliche Haltung an den Tag.
    Im Jahre 33, um dieselbe Zeit also, als seine Mutter und sein ihm noch verbliebener Bruder den Tod fanden, wurde Caligula mit 20 Jahren, also vor dem üblichen Alter (in Abwesenheit von Rom) die Quästur verliehen, das unterste der politischen Ehrenämter, das die Aufnahme in den Senat zur Folge hatte. Zugleich wurde ihm das Privileg verliehen, sich fünf Jahre vor dem festgesetzten Alter auch um die übrigen Ämter zu bewerben. Dies war eine Bevorzugung, die traditionell den Prinzen der kaiserlichen Familie zugebilligt wurde und die somit als positives Signal für seine Stellung gedeutet werden konnte. Schließlich verheiratete ihn Tiberius bei einem Besuch in Antium mit Iunia Claudilla (oder Claudia), der Tochter des Konsulars Marcus Iunius Silanus, der schon häufiger durch schmeichlerische

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