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Call the Midwife - Ruf des Lebens: Eine wahre Geschichte aus dem Londoner East End

Call the Midwife - Ruf des Lebens: Eine wahre Geschichte aus dem Londoner East End

Titel: Call the Midwife - Ruf des Lebens: Eine wahre Geschichte aus dem Londoner East End Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Worth
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eine Katastrophe, von der sich das arme Mädchen niemals erholte. Dennoch kam es recht häufig so weit. Wenn das Mädchen Glück hatte, stand seine Mutter ihm bei und zog das Baby groß. Gelegentlich wurde der Vater des Kindes gedrängt, die junge Frau zu heiraten, aber diese Lösung war ein zweischneidiges Schwert, wie viele Mädchen zu ihrem Verdruss feststellen mussten. Zwar geriet ein Mädchen leicht in soziale Nöte, doch es bedeutete auch, dass frisches Blut – oder frische Gene, wie man heute sagen würde – in das Gemeinwesen floss. Vielleicht ist das ja mit ein Grund für die besondere Kraft, die Vitalität und die grenzenlos positive Einstellung, die den Cockney ausmachen.
    Während man auf die Töchter gut aufpasste, waren verheiratete Frauen in einer völlig anderen Lage. Ein unverheiratetes Mädchen, das schwanger wurde, konnte vor niemandem die Tatsache verbergen, dass es nicht verheiratet war. Eine verheiratete Frau hingegen konnte jedermanns Kind austragen, ohne dass irgendjemand etwas merkte. Ich habe immer gefunden, dass diese Situation den Männern gegenüber unfair ist. Wie sollte ein Mann ohne die Möglichkeit eines Gentests, die ja erst seit Kurzem besteht, wissen können, ob seine Frau auch sein eigenes Kind austrug? Der Arme hatte keine andere Bestätigung für seine Vaterschaft als das Wort seiner Frau. Solange er sie nicht mehr oder weniger einsperrt, kann er nicht kontrollieren, was sie den Tag über so treibt, wenn er bei der Arbeit ist. All das spielt auf der bunten Palette des Lebens keine große Rolle, denn die meisten Männer freuen sich über ein kleines Baby, und wenn ein Ehemann zufällig die Vaterrolle für das Kind eines anderen erfüllt, bleibt ihm das zumeist verborgen, denn wie man so sagt: »Was das Auge nicht sieht, beschwert das Herz nicht.« Was aber passiert, wenn seine Frau das Kind eines Schwarzen zur Welt bringt?
    Die Bewohner des East Ends waren mit dieser Frage lange kaum konfrontiert, doch nach dem Zweiten Weltkrieg bestand die Möglichkeit.
    Bella war etwa zweiundzwanzig Jahre alt und ein hübscher, junger Rotschopf. Ihr Name passte zu ihr. Ihre blasse Haut mit den zarten Sommersprossen und ihre kornblumenblauen Augen schlugen jeden Mann in ihren Bann und ihre roten Locken banden ihn auf ewig an sie. Tom war der glücklichste und stolzeste junge Ehemann der ganzen East India Docks. Er erzählte nur noch von ihr. Sie stammte aus einer der »besten« Familien (die Bewohner des East Ends konnten innerhalb ihrer sozialen Klasse unglaublich snobistisch sein), und nachdem er vier Jahre um sie geworben hatte, war Tom schließlich in der Lage, sie zu ernähren, und die beiden heirateten.
    Sie feierten eine Hochzeit mit allem Drum und Dran. Sie war die einzige Tochter ihrer Familie und deshalb wollte man sich nicht lumpen lassen. An nichts wurde gespart: Das Hochzeitskleid hatte eine Schleppe, die in der Kirche den halben Gang entlangreichte, es gab sechs Brautjungfern und vier Pagen, die Blumen reichten für eine ganze Woche Heuschnupfen, es gab einen Chor, Glockengeläut und eine Predigt – das volle Programm! Man wollte den Nachbarn eben zeigen, was man sich leisten konnte. Der Empfang zielte ganz darauf ab, Freunden und Verwandten die unerreichbare Überlegenheit der Familie zu beweisen. Eine Rolls-Royce-Flotte – achtzehn an der Zahl – kutschierte die wichtigsten Leute von der Kirche rund hundert Meter die Straße hinunter zu dem Gemeindesaal, der für diesen Anlass gemietet war. Die übrigen Gäste mussten laufen – und kamen als Erste an! Die langen Tische waren mit weißen Tischtüchern bedeckt und brachen unter dem Gewicht von Schinken, Puter, Fasan, Rindfleisch, Fisch, Aal, Austern, Käse, Eingelegtem, Chutneys, Pasteten, Puddings, Götterspeise, Mandelsulz, englischer Creme, Kuchen, Fruchtsäften und natürlich der Hochzeitstorte fast zusammen. Hätte Sir Christopher Wren nach dem Bau der St-Paul’s-Kathedrale diese Hochzeitstorte zu Gesicht bekommen, er wäre heulend vor Neid zusammengeklappt! Sie hatte sieben Etagen, eine jede ruhte auf griechischen Säulen, außerdem gab es Türme, Balustraden, Kanneluren und Minarette. Auf der Kuppel thronte eine kokett dreinschauende Braut mit ihrem Bräutigam, umgeben von Turteltäubchen.
    Tom war all das ein bisschen peinlich und er wusste nicht recht, was er dazu sagen sollte, doch da er das entscheidende Wort »Ja« bereits gesagt hatte, war es der Familie egal, ob er sonst noch etwas von sich gab oder nicht.

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