Callboys - Die Schönen der Nacht
schob das Papier zur Seite. „Bist du das?“
„Ich sitze dir gegenüber, Sam, also nehme ich an, ich könnte es sein.“
„Denkst du etwas Gutes oder etwas Schlechtes?“
„Weißt du was? Ehrlich gesagt, weiß ich es nicht“, erwiderte ich lachend.
Wir unterhielten uns über die Filme, bis die Kellnerin unsere dampfenden Teller brachte und sie vor uns hinstellte. Dann schenkte sie uns Kaffee nach und erkundigte sich, ob wir noch etwas brauchten. Sam hatte die ganze Zeit seinen Blick nicht von mir abgewandt. Nicht für eine Sekunde.
„Wir sind glücklich und zufrieden“, antwortete er. „Im Moment.“
Ich nahm meine Gabel und stach in den Haufen Armer Ritter auf meinem Teller. Obwohl ich seinen Blick spürte, konzentrierte ich mich darauf, mein Essen in Happen zu schneiden. Als ich den Kopf hob, starrte er mich immer noch an.
„Sind wir glücklich und zufrieden?“, fragte er.
Auch ich konnte diese Frage nicht beantworten. Während ich darüber nachdachte, kaute ich auf einem Bissen des sirupgetränkten Brots. Dann trank ich einen Schluck Kaffee. Sam hatte sich in sein eigenes Frühstück vertieft, er kaute und schluckte und drängte mich nicht zu einer Antwort.
Als in meiner Handtasche mein Handy anfing zu spielen und zu singen, ließ er die Gabel auf dem Weg zum Mund in der Luft hängen. “‚Don’t fear the Reaper?‘“, fragte er erstaunt nach dem Titel, den er offenbar sofort erkannt hatte.
Ich zog mein Handy hervor und lächelte ihn dabei an. „Ich hatte genug von Deep Purple.“
Sam legte sich die Hand aufs Herz und tat, als würde er kraftlos in seinen Sitz sinken, während ich das Gespräch annahm. Natürlich war es der Auftragsdienst, und ich schrieb mir die Nummer, die ich zurückrufen sollte, auf einen der kleinen Notizzettel, die ich einzig und allein zu diesem Zweck mit mir herumtrug. Sam sah mir beim Schreiben zu. Nachdem ich die Leitung unterbrochen hatte, spielte ich mit meinem Kugelschreiber herum.
„Hast du immer Rufbereitschaft?“, wollte Sam wissen.
„Ja. Fast immer. Ich habe einen Angestellten, Jared, aber …“ Ich zuckte die Achseln.
Sam sah mich prüfend an. „Er ist nicht gut genug in solchen Dingen?“
„Oh, er ist toll. Wirklich gut. Ich will nur sicher sein … du weißt schon … dass auch alles Nötige erledigt wird.“ Mir fiel auf, dass mein Zögern völlig untypisch für mich war.
„Musst du jetzt gehen?“, fragte er mich.
„Vielleicht. Erst muss ich zurückrufen. Vielleicht kann ich auch noch bleiben.“
Er nickte. Ich wählte und sprach mit der müden Stimme eines Mannes, dessen Schwiegervater in einem Pflegeheim gestorben war. Wir verabredeten ein Treffen für den nächsten Morgen, und ich rief im Pflegeheim an, um die Abholung der Leiche zu besprechen. Zwischen den beiden Telefongesprächen aß ich und trank so viel Kaffee, wie die Kellnerin brachte.
„Du wirst heute Nacht kein Auge zubekommen“, stellte Sam fest, als ich schließlich mit meinen Anrufen fertig war.
Ich sah auf meine Armbanduhr. „Bis ich zu Hause bin, ist der Kaffee vergessen.“
Sam hatte sein Frühstück aufgegessen und lehnte sich mit seinem Becher in der Hand zurück. „Ich bin beeindruckt.“
„Von meinem Koffeinverbrauch?“ Ich rührte Zucker in einen weiteren Becher und hob ihn zum Trinken an den Mund.
„Nein. Davon, wie du mit all diesen Leuten sprichst. Du bist gut in dem, was du tust, Grace.“
„Danke, Sam. Ich danke dir.“
„Ich meine es, wie ich es sage.“
Später, als wir zu unseren fast identischen Autos gingen, die Seite an Seite auf dem Parkplatz standen, hatte ich es schon aufgegeben, auf einen Kuss zu warten. Das war natürlich der Zeitpunkt, zu dem er beschloss, mir unvermittelt einen zu geben, doch anstatt seine Lippen auf meine zu legen, küsste Sam mich auf die Wange.
Als er sich wieder aufrichtete, legte ich die Hand über die Stelle, wo sein Mund seine Wärme hinterlassen hatte. „Wofür war das?“
„Ich wollte nicht, dass du denkst, ich mag dich nicht.“ Sam zwinkerte mir zu.
Ich schloss meine Autotür auf und öffnete sie, starrte ihn jedoch direkt an, während ich fragte: „Und, magst du mich?“
Sam hatte sich ein Stück von mir entfernt, sodass es mir nicht zu schwer fiel, ihm die Frage zu stellen, aber ich hätte ihn auch gefragt, wenn er dicht genug vor mir gestanden hätte, um ihn zu berühren. Ich hatte keine Übung darin, die Absichten eines Mannes zu deuten.
Sam öffnete seine Wagentür und warf sich die
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