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Callboys - Die Schönen der Nacht

Callboys - Die Schönen der Nacht

Titel: Callboys - Die Schönen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Hart
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dass er sämtliche Kleidungsstücke bis auf seine Boxershorts abgelegt hatte, und die Vorderseite seiner Shorts wölbte sich mehr und mehr, während mein Mund über seine Haut glitt.
    Es muss Kummer geben, damit man die Freude wirklich genießen kann. Ich wusste es. Er hatte recht. Aber auch ich hatte recht, wenn ich sagte, dass alles irgendwann endet. Meine Meinung, dass Trauer nur die Lebenden betrifft, diejenigen, die zurückbleiben, war richtig, und ich hatte nicht aufgehört, mich davor zu fürchten. Zuzusehen, wie ein Mann und eine Frau ihr gemeinsames Kind beerdigen mussten und sich in ihrer Trauer aneinander festhielten, hatte mich in meiner Überzeugung noch mehr bestärkt.
    „Miss Grace“, näselte Sam in gedehntem Ton, „versuchen Sie, mich zu verführen?“
    Ungefähr zwei Minuten zu spät wurde mir klar, dass ich mit meinem vom Weinen verquollenen Gesicht wahrscheinlich aussah wie der Elefantenmensch. „Funktioniert es nicht?“
    „Das habe ich nicht gesagt.“ Er lächelte mich an.
    Da ich mir der Tatsache bewusst war, dass ich schrecklichen Morgenatem haben musste, machte ich keine Anstalten, ihn auf den Mund zu küssen, aber ich gab dem Drang nach, weiter an seiner Brust zu knabbern. Sam strich mir sanft über das Haar.
    „Um wie viel Uhr musst du nach unten gehen?“
    „Mist.“ Ich schaute auf den Wecker. „Vor einer halben Stunde. Aber ich habe heute Vormittag keine Termine, also ist es kein Problem.“
    Ebenso sanft wie vorher berührte er noch einmal mein Haar. „Ich würde sagen, nach dem gestrigen Tag hast du es verdient, ein bisschen länger zu schlafen. Ich allerdings …“
    „Musst du heute Stunden geben?“ Ich richtete mich auf, zog die Knie an die Brust und schlang die Arme um die Beine. Auf diese Weise hatte ich eine bequeme Stütze für mein Kinn.
    Sam grinste, streckte sich und sah unglaublich anziehend aus. „Das weißt du doch.“
    Er setzte sich hin und fuhr sich mit der Hand durchs Haar, bis es senkrecht in die Höhe stand. Es ist wirklich unfair, dass Männer sich einfach aus dem Bett rollen und dem Tag ins Auge blicken können und selbst die uneitelste Frau wenigstens eine Dusche braucht.
    Hier lag ich nun also mit ihm im Bett, nachdem wir monatelang miteinander geflirtet hatten, und er versuchte nicht einmal, mich zu küssen. Ich musste schlimmer aussehen, als ich gedacht hatte. Verstohlen betastete ich meine Augen, um festzustellen, ob sie geschwollen waren.
    Sam schwang indessen seine Beine aus dem Bett und begann, sich anzuziehen. Ich sah, dass er seine Kleidung ordentlich zusammengefaltet auf einen Stuhl gelegt hatte, dabei hatte ich nicht einmal bemerkt, dass er während der Nacht aufgestanden war.
    „Ich muss gestern Abend völlig hinüber gewesen sein.“
    Sams Kopf schob sich durch den Ausschnitt seines schlichten blauen T-Shirts. „Das stimmt.“
    Plötzlich wurde mir zu meinem Unbehagen bewusst, dass wir uns als Fremde begegnet waren und immer noch Fremde waren. Jedenfalls beinahe. Sam schien mir erstaunlich locker zu sein, während er seine Jeans anzog und in ein Hemd mit Button-down-Kragen schlüpfte, das er nicht in den Hosenbund steckte. Er benahm sich, als hätten wir schon tausend Nächte miteinander verbracht, dabei hatte er nicht einmal versucht, mich zu vögeln.
    Ich sah ihm zu, ohne ein Wort zu sagen, während er sich fertig anzog und anschließend in meinem Bad verschwand. Ich hörte ihn gurgeln und setzte mich aufrecht hin. Benutzte er meine Zahnbürste? Unsere Spucke zu vermischen war eine Sache, aber nicht auf meiner Zahnbürste! Einen Augenblick später erschien er wieder, und ich roch Mundwasser, als er sich zu mir herunterbeugte und mich küsste … auf die Wange.
    Wieder nur auf die Wange.
    „Ich rufe dich an“, erklärte Sam. „Lass uns heute Abend zusammen essen gehen.“
    Hätte es zu meinem Leben einen Soundtrack und ein paar Geräuschemacher gegeben, hätte man in diesem Moment etwas von Frühlingserwachen und Glockengeläut hören müssen. Klingelingeling, pling! Immerhin hatte ich eine Nacht mit einem äußerst attraktiven Mann verbracht, der mich nun fragte, ob ich mit ihm ausgehen wollte.
    Dann boxte er mir spielerisch unters Kinn – ja, er boxte mich, als wäre ich eine niedliche, burschikose Cousine, die sich hoffnungslos in ihn verknallt hatte.
    „Nein?“ Immerhin machte er ein paar Punkte, indem er meinen Gesichtsausdruck richtig deutete.
    Ich schloss meinen Mund so fest, dass meine Zähne hart aufeinanderschlugen.

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