Callboys - Die Schönen der Nacht
während wir miteinander gesprochen hatten, war ziemlich viel Zeit vergangen, und da Shelly nicht mit einem Notizzettel in der Tür erschienen war und erklärt hatte, ich müsste jemanden wegen eines Todesfalls zurückrufen, wollte ich die zusätzlichen zwanzig Minuten nutzen, die mir bis zum offiziellen Feierabend blieben, um mich zupfend, cremend und rasierend in einen präsentablen Zustand zu bringen.
Ich fuhr meinen Computer herunter, schob die Papiere auf meinem Schreibtisch zu einem ordentlichen Stapel zusammen und ging hinaus, um Shelly aufzutragen, hinter sich abzuschließen, wenn sie Feierabend machte. Als ich in ihr Büro trat, traf ich Jared auf ihren Schreibtisch gestützt an. Sein Gesichtsausdruck wirkte entschlossen, ihren konnte ich nicht deuten. Keiner von beiden hob den Kopf, als ich mich näherte, und erst als ich sie ansprach, wandte sich Shelly mir zu. Jared ging einfach weg, und von hinten wirkte sein Rücken steif und starr, als hätte ihn jemand an einer empfindlichen Stelle getroffen.
„Ich gehe schon nach oben. Kannst du abschließen, wenn du hier Schluss machst?“
Shelly nickte, dann blinzelte sie, und ich meinte, Tränen in ihren Augen schimmern zu sehen. „Sicher.“
„Weißt du, wie du nach Hause kommst?“
Wieder nickte sie, und dieses Mal biss sie sich dabei auf die Unterlippe. „Jared fährt mich.“
Oh, mir fiel eine Menge ein, was ich dazu zu sagen gehabt hätte, aber ich behielt es für mich. „Gut. Dann bis morgen.“
Sie nickte und begann, ihre Unterlagen zu ordnen und den Computer herunterzufahren, sodass sie für einen unbeteiligten Beobachter wie jede andere viel beschäftigte Büroleiterin ausgesehen hätte. Aber ich bemerkte, wie ihr Blick immer wieder in Richtung des Flurs ging, durch den Jared kurz vorher verschwunden war.
„Gute Nacht.“ Shelly antwortete, eine halbe Minute nachdem ich mich in Bewegung gesetzt hatte, und als ich über meine Schulter sah, schaute sie schon wieder den Flur hinunter.
Sam versetzte mich in Angst und Schrecken, als er an die direkt nach draußen führende Tür meines Apartments klopfte, die ich niemals benutzte. Ich war in der Küche auf und ab gegangen und hatte mir dabei gewünscht, ich hätte eine schlechte Angewohnheit, wie zum Beispiel Rauchen, mit der ich mich beschäftigen könnte, während ich darauf wartete, dass er kam. Das Klopfen an der Tür erschreckte mich derart, dass ich meine Coladose umwarf und einfach nur zusah, wie die Flüssigkeit über meinen Küchentisch floss und anfing, auf den Boden zu tropfen, bevor ich mich wieder so weit im Griff hatte, dass ich ein Tuch nahm und über die Pfütze auf dem Tisch warf. Inzwischen hatte Sam noch einmal geklopft, und ich begriff, dass das Geräusch von der Tür her kam, vor die ich ein zusätzliches Metallregal gestellt hatte, um mehr Stauraum zu haben.
„Einen Moment bitte!“ Ich brauchte nicht sonderlich viel Kraft, um das Regal wegzuschieben, auf dem sich ein Durcheinander aus Kochbüchern, Töpfen, Pfannen und diverse Packungen mit Vollkornnudeln befanden. Von den Teigwaren hatte ich gar nicht mehr gewusst, dass ich sie besaß, bevor sie mir nun unerwartet entgegenfielen. Nachdem ich das Regal bewegt hatte, blieb allerdings immer noch nicht viel Platz, um die Tür zu öffnen.
„Hallo.“ Sam schob sich durch den engen Spalt zwischen dem Küchentresen und dem Regal und ließ die Tür hinter sich ins Schloss fallen. Dann zog er die Hand hinter seinem Rücken hervor.
„Blumen?“
Er grinste. „Ganz allein für dich.“
Sie sahen ein bisschen mitgenommener aus, als man es nach dem kurzen Weg zu mir hätte vermuten sollen, aber ich hob sie an mein Gesicht und atmete ihren Duft ein. „Wow, Sam. Danke.“
Sam breitete die Arme aus. „Das ist alles, was ich bekomme? Ein Dankeschön?“
Ich zögerte. Die Blumen in meiner Hand machten mich ungewöhnlich schüchtern. Sam rettete mich, indem er mir die Wange zuwandte und mit einem Finger darauftippte. Lachend ging ich auf ihn zu, um ihn dort zu küssen, doch im letzten Moment wandte er seinen Kopf. Mein Kuss traf anstelle seiner Wange seine Lippen, und er legte die Arme um mich und zog mich an sich.
Keiner von uns bemerkte, dass wir zwischen unseren Körpern die Blumen noch mehr zerdrückten.
„Das nenne ich ein Dankeschön“, murmelte er an meinem Mund. Er presste seine Hände für einen Moment an meinen Rücken, bevor er mich freigab, und ich trat mit brennenden Wangen und geöffneten Lippen zurück.
„Du
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