Callboys - Die Schönen der Nacht
jetzt, Grace. Und ruf mich später an. Du hast es versprochen.“
„Ich habe es versprochen“, murmelte ich, legte auf und schlief ein, ohne noch ein Wort zu sagen oder zu denken.
Ich bekam nicht genug Schlaf, doch als das Telefon das nächste Mal läutete, war es der Auftragsdienst und nicht Sam. Nachdem ich mich durch meine Träume an die Oberfläche gekämpft hatte, griff ich zum Hörer, lauschte der Nachricht und fiel zurück auf mein Kissen, wobei ich mir inständig wünschte, es möge sich um einen Albtraum handeln. Dann hätte der Anruf wenigstens nicht in Wirklichkeit stattgefunden.
Ich kannte den Mann nicht, der mich angerufen hatte, aber das Zittern in seiner Stimme kannte ich nur zu gut. Ich musste nicht viel sagen oder ihm viele Fragen stellen. Er lieferte mir alle Informationen, die ich brauchte. Wenigstens dafür konnte ich dankbar sein. Das machte die Sache nicht einfacher, aber auf diese Weise ging es schneller.
Ich nahm eine schnelle Dusche und zog mich an, dann fuhr ich allein im Van zum Hershey Med Center. Für diese Sache brauchte ich Jared nicht. Ich brauchte keine Hilfe, um den Körper eines Kindes hochzuheben.
Sie trafen mich in der Eingangshalle des Krankenhauses. Ein junges Paar, beide waren etwa in meinem Alter. Der Kummer hatte jede Farbe aus ihren Gesichtern verschwinden lassen, sodass sie schrecklich blass waren, aber der Händedruck des Mannes war fest, als er mich begrüßte. Sie wollten wissen, ob sie sich sofort mit mir zusammensetzen konnten, um die Beisetzung ihres Sohnes zu planen. Sie wollten damit nicht warten, erklärte er, während seine Frau stumm, aber nickend neben ihm stand. Es gab keine Familienangehörigen, die von außerhalb kommen würden, und sie wollten ihn so bald wie möglich begraben.
„Es ist wegen meiner Frau“, erklärte er mir, als sie sich entschuldigte, um zur Toilette zu gehen. „Es bringt sie fast um, verstehen Sie? Wir wussten bis vor zwei Tagen nicht einmal, dass er krank war. Wir müssen ihn …“
Er würgte an dem Wort begraben, aber obwohl in seinen Augen Tränen funkelten, weinte er nicht.
„Ich verstehe.“ Durch den Fleecestoff seiner Jacke rieb ich seine Schulter, und er legte für einen Moment die Hände vor sein Gesicht, bevor er die Fassung wiederfand.
„Ich muss für sie mit stark sein“, murmelte er.
Er redete mit mir, aber die Worte waren für ihn selbst bestimmt.
Als seine Frau zurückkam, brauchte es nur eine halbe Stunde und ein paar Anrufe, um die Einzelheiten der Trauerandacht und des Begräbnisses am nächsten Tag zu regeln. Der Chef der Friedhofsmitarbeiter war nicht gerade begeistert darüber, dass die Beerdigung an einem Sonntag stattfinden sollte. Als ich ihm die Notwendigkeit erklärte, schwieg er am Telefon einen Moment, dann stimmte er zu.
Die Frau gab mir in einem Einkaufsbeutel aus Papier die Kleidung. Dann ließ ich das Paar, das nicht weinte, in der Halle zurück und machte mich auf den Weg, um meine junge Fracht in der Leichenhalle abzuholen. Ich hatte schon Hunderte ähnlicher Fahrten unternommen und muss zugeben, dass ich mir im Laufe der Zeit eine gewisse Gleichgültigkeit meinem stummen Passagier gegenüber zugelegt habe, aber nicht in diesem Fall.
Nie zuvor hatte ich mich um ein Kind kümmern müssen. Es waren einige wenige Teenager gewesen und ein paar junge Erwachsene. Aber niemals ein Kind.
Er war vier Jahre alt, als er starb, das Opfer eines plötzlichen, unerklärlichen Fiebers, ausgelöst von dem besonders bösartigen Virus einer Sommergrippe.
Simon, mein Neffe, war vier Jahre alt.
Im Krankenhaus hatte man den Jungen in einen Leichensack gelegt, doch als ich ihn ins Beerdigungsinstitut gebracht hatte, musste ich ihn nackt auf meinen Tisch legen, um ihn für das Begräbnis vorzubereiten.
Die Eltern hatten entschieden, dass ihr kleiner Sohn in seinem mit Fußballmotiven bedruckten Schlafanzug zur letzten Ruhe gebettet werden sollte, mit seiner Schmusedecke und seinem Teddy neben sich. Ich musste seine Wangen mit Watte ausstopfen, damit sie rund blieben, und als ich das tat, zitterten mir die Hände. Ich weinte, während ich ihn sorgfältig anzog und ihm die weiche blaue Decke unter den Arm schob, und meine Tränen flossen noch heftiger, als ich ihm die weichen Locken in die kalte Stirn bürstete.
Obwohl ich oft Mitgefühl mit den Familien gehabt hatte, die mir ihre geliebten Verstorbenen anvertrauten, war es doch niemals mein eigener Kummer gewesen. Selbst wenn ich den Toten gekannt hatte,
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