Callboys - Die Schönen der Nacht
gelesen. Er hat mein privates Konto angeschaut. Dieses Mal hat er ganz klar die Grenze überschritten.“
„Ich bin sicher, du wirst darüber hinwegkommen“, stellte Sam fest.
Oh, er hatte mir nicht gerade eben gesagt, dass ich darüber hinwegkommen würde!
„Entschuldige“, fuhr ich ihn an. „Aber ich glaube nicht unbedingt, dass ausgerechnet du derjenige bist, der mir Ratschläge geben sollte, wie ich am besten mit meinem Vater klarkomme.“
Sam schwieg, und in mir regte sich spontanes Bedauern. Quer durchs Zimmer starrten wir einander an. Immer noch wünschte ich mir, er würde die Arme um mich schlingen und auf diese Weise dafür sorgen, dass ich mich besser fühlte.
Er riss die Kühlschranktür auf und nahm sich noch ein Bier. Nun war ich dran, ein finsteres Gesicht zu machen. Er konnte es auf keinen Fall verpasst haben. Ich spürte, wie meine Lippen sich kräuselten, ebenso wie meine Augenwinkel.
„Lass mich in Ruhe“, warnte mich Sam, obwohl ich keinen Ton gesagt hatte. Trotzig öffnete er die Flasche und trank. „Dein Dad wollte dir Geld geben. Ich verstehe nicht, weshalb du so einen Aufstand darum machst.“
„Ich mache so einen Aufstand“, fauchte ich, „weil er mir das Geld geben wollte, damit ich dich damit bezahle.“
Kurz vor seinen Lippen ließ Sam die Flasche in der Luft hängen. „Wie bitte?“
„Mein Dad denkt, ich hätte dich gemietet.“
„Wofür?“ Sam stellte die Flasche weg, endlich.
Ich seufzte und ging zu ihm. „Weil er in meinem Computer ein paar Sachen gefunden hat, die ihn glauben ließen, du seist ein Gigolo.“
Sam lachte. „Warum sollte dein Dad denken, ich sei ein Gigolo?“
„Weil“, erklärte ich mit einem weiteren Seufzer, „ich eine Menge Geld für Callboys ausgegeben habe, und das hat er herausgefunden und dachte deshalb, du seist auch einer.“
Sams Lächeln wirkte angestrengt. „Du hast eine Menge Geld für Callboys ausgegeben?“
„Ja.“
Sam griff wieder nach seiner Bierflasche. Ich lehnte an der Kante des Küchentischs, ihm direkt gegenüber. Er zog seine Beine an, damit wir uns nicht berührten.
„Was genau heißt das?“, erkundigte er sich schließlich.
„Es heißt, dass ich Männer gemietet habe, um Dates mit ihnen zu haben.“
Sam nahm einen großen Schluck aus der Flasche und stellte sie weg. Noch ein toter Soldat. Mit dem Handrücken wischte er seinen Mund ab. „Nur Dates?“
„Manchmal.“ Ich legte die Hand auf meinen Bauch und wünschte mir, ich hätte nicht das Gefühl, im nächsten Moment kotzen zu müssen. Oder schreien. Oder weinen.
„Und manchmal …?“
„Warum fragst du mich nicht einfach, was du wissen willst, Sam?“
„Grace“, erwiderte Sam. „Warum erzählst du es mir nicht einfach?“
„Ja. Manchmal vögelten wir auch miteinander. Häufiger als manchmal. Ziemlich oft.“
Sam holte noch ein Bier aus meinem Kühlschrank. Das ist das letzte, das noch da ist, dachte ich. Er rollte die Flasche zwischen seinen Handflächen, bevor er sie öffnete. Ich hoffte wirklich, er würde sie nicht aufmachen, doch nach einer Minute tat er es.
„Der Kerl, mit dem du im Firehouse warst?“
„Jack. Ja.“
„Verdammte Scheiße.“ Sam sah aus, als sei ihm übel. Wenigstens hatte er noch nichts von dem Bier getrunken. „Wie lange ging das?“
„Ein paar Monate.“
Ich konnte sehen, wie er den Gedanken in seinem Kopf herumwälzte. Er trank stumm. Ich nahm eine Cola aus dem Kühlschrank, um auch etwas zu trinken, und hoffte, mein Magen würde sich dadurch beruhigen.
„Gott“, sagte er nach endlosen Minuten des Schweigens. „Du hast mit ihm gefickt, als wir uns schon kannten?“
„Erst nachdem wir uns kennengelernt hatten. Vorher waren es ein paar andere. Aber nicht mehr“, sagte ich flehend, „seit wir zusammen sind, Sam.“
Als ich versuchte, ihn zu berühren, zog er den Arm weg. „Du hast gerade gesagt, das zwischen dir und ihm fing erst an, nachdem wir uns kennengelernt hatten.“
„Aber wir waren nicht zusammen …“
„Wir waren schon in der Nacht zusammen, in der wir uns zum ersten Mal begegnet sind!“, schrie er.
Sam ist groß. Der wütende Sam war noch größer. Drohend ragte er über mir auf, und ich schrak instinktiv zurück, obwohl ich keine Angst hatte, dass er mir etwas antun würde.
Sam war auch klug. „In der Nacht damals. Ich hatte nicht einfach Glück.“
„Nein. Ich war da, um jemanden vom Begleitservice zu treffen. Einen Fremden.“
Er murmelte mit angewiderter Stimme etwas
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