Callboys - Die Schönen der Nacht
Darbietung immer noch nicht verziehen hatte.
Das Kämmerchen war im Winter eisig kalt und im Sommer brütend heiß, was es nicht gerade empfehlenswert machte, dort kostbare Dinge zu lagern, ganz besonders nicht in Pappkartons. Ich zog die drei Kartons, auf denen mein Name stand, aus dem Verschlag in die Mitte des Zimmers. Bevor ich ins College ging, daran erinnerte ich mich noch, hatte ich sie gepackt und auf den Deckeln den Inhalt aufgelistet. Ich wusste auch noch, wie wichtig es mir gewesen war, diese Erinnerungen an meine Kindheit und die Highschool-Zeit aufzubewahren. Schriftliche Tests, Briefchen, die während des Unterrichts in der Klasse herumgereicht worden waren, ein Tagebuch, in das ich den Namen meines ersten Schwarms geschrieben hatte.
Nun schienen diese Dinge nicht mehr so wichtig zu sein, nicht einmal die Plastik-Schlumpf-Sammlung, die aus dem schon halb zerbröselten Schuhkarton fiel. Ich baute die Figürchen vor mir auf. Schlumpfine, Schlaubi, Handy. Mein Liebling war der kleine Schlumpf, der mit glücklichem Lächeln einen Humpen Bier zum Mund hob. Ihn steckte ich in eine Tasche meiner Jeans, aber die restlichen Schlümpfe teilte ich in zwei Häufchen, um sie Simon und Melanie zu schenken.
In einem anderen Karton fand ich die Alben. Vor langer Zeit hatte ich die schlichten Vinylumschläge mit Stickern geschmückt, von denen sich die meisten im Laufe der Jahre abgelöst hatten. Die Seiten der Alben waren mit einer Klebeschicht versehen und jeweils mit einer dünnen Folie bedeckt. Viele der Bilder waren ausgeblichen. Ich blätterte das Album flüchtig durch, staunte über die Kleidung und die Frisuren, die wir einmal so „in“ gefunden hatten, und legte es dann beiseite.
Ganz oben, in einer der Schachteln, lag ein neueres Album, eines von der Sorte, in denen die Bilder in Schlitze gesteckt wurden. Ich nahm es heraus und berührte die Fotos darin mit den Fingerspitzen. Ich und Ben. Wir sahen so jung aus. Und glücklich. Wir waren glücklich gewesen.
Ich legte auch dieses Album weg. Im Moment fehlte mir die Zeit, mich in Erinnerungen zu verlieren. Ich würde die Sachen mitnehmen. Wer wusste schon, wann mich eine verrückte Sehnsucht überkommen würde, um drei Uhr morgens alte Briefe von früheren Freunden zu lesen?
Nachdem ich die drei Kartons nach unten getragen und bei der Hintertür abgestellt hatte, rief ich meine Nichte und meinen Neffen. Sie hörten auf, den Hund zu quälen, und kamen zu mir gerannt. Ich versteckte meine Hände, in denen ich den Schlumpf-Schatz hielt, hinter meinem Rücken.
„Rechts oder links“, forderte ich sie auf zu wählen. Natürlich entschieden sie sich beide für dieselbe Hand. Bevor ein Streit entstand, hielt ich die Hand, in der unter anderem Schlumpfine lag, Melanie hin und die andere Simon, der die Stirn runzelte.
„Was ist das?“, erkundigte er sich misstrauisch.
„Das sind Außerirdische“, erklärte ihm seine Schwester höchst verächtlich angesichts seiner Unwissenheit.
„Schlümpfe“, korrigierte ich sie.
Simon lachte und hielt einen hoch. „Die sind schräg.“
Da Simon alles als schräg bezeichnete, nahm ich es nicht als Beleidigung. Im nächsten Moment packten mich zwei kleine Händepaare, um mich zu umarmen, und zwei kleine Gesichter strahlten, während die Kinder sich bei mir bedankten.
„Mama! Guck mal, was Tante Grace uns geschenkt hat!“ Melanie hielt ihre neuen Schätze hoch.
Hannah guckte. „Oh Gott. Wo hast du die denn ausgegraben?“
„Sie waren oben in unserem alten Zimmer, im Kabuff unter dem Fenster.“
Meine Schwester verzog das Gesicht. „Ich hoffe, du hast sie abgewaschen.“
Natürlich hatte ich das nicht getan, und beiden Kinder machte es sichtlich Freude, sie darüber zu informieren. Es gab einige Streitigkeiten, als die Schlümpfe für ungeeignet zum Spiel erklärt wurden, solange sie nicht desinfiziert worden waren. Simon wollte seine nicht hergeben, bis Hannah ihm vorschlug, so zu tun, als sei das Waschbecken ein Swimmingpool. Dann war er überglücklich, die nächsten zwanzig Minuten damit zu verbringen, die kleinen Figuren in das Seifenwasser zu tauchen und sie wieder herauszuholen, auch als seine Schwester schon längst das Interesse an diesem Spiel verloren hatte.
„Bist du sicher, dass du sie ihnen schenken willst?“, erkundigte sich Hannah.
„Natürlich. Warum nicht?“ Ich hob die Schachteln. „Machst du mir bitte die Tür auf?“
Das tat sie und folgte mir hinaus unter den Carport, wo ich die
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