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Callboys - Die Schönen der Nacht

Callboys - Die Schönen der Nacht

Titel: Callboys - Die Schönen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Hart
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ernster Miene an. „Weder noch“, erwiderte ich.
    Sam nahm mit seinen Essstäbchen ein Hähnchenstück hoch und deutete damit auf mich. „Bist du sicher?“
    „Warum fragst du, Sam? Bist du insgeheim Millionär?“ Ich schaute hinunter auf seine Stiefel. „Ich muss sagen, wenn du es bist, bist du richtig gut darin, es geheim zu halten.“
    Er lachte und zog seine Beine an, wobei er gegen den Tisch stieß. „Nein, eigentlich bin ich ziemlich arm. Ein hungernder Künstler, etwas in der Richtung.“
    „Wirklich?“
    Er nickte. „Ich bin eine Tapete.“
    Nachdem ich eine Minute auf meinem Essen gekaut hatte, hatte ich immer noch keine Idee, was er damit sagen wollte. „Hä?“
    „Tapete.“ Er zeigte zur Wand. „Die Leute gehen abends aus, sie essen und reden. Sie achten nicht auf die Tapete. Oder auf den Kerl, der ‚Killing me softly‘ auf der Gitarre spielt.“
    „Ich glaube, wenn ich einen Kerl hören würde, der ‚Killing me softly‘ auf der Gitarre spielt, würde ich ihn bemerken.“ Erst recht, wenn es sich bei besagtem Kerl um Sam handelte, der auf keinen Fall mit dem Hintergrund verschmelzen und unsichtbar werden konnte.
    Sam schüttelte den Kopf und sah traurig aus. „So ist es aber nicht, fürchte ich. Nie sagt jemand etwas zu der Tatsache, dass ich immer wieder den Text ändere, also bin ich sicher, dass niemand zuhört.“
    Ich lachte, als ich mir Sam bildlich vorstellte, wie er sich über seine Gitarre beugte und schmachtend falsche Texte zu verschiedenen Songs sang, während um ihn herum die Leute Wein tranken und mit jedem außer ihm flirteten. Sam grinste und lehnte sich zurück, um von seinem Bier zu trinken. Ich beobachtete, wie sich die Muskulatur seiner Kehle bewegte, während er schluckte.
    „Du verdienst deinen Lebensunterhalt mit Gitarrespielen?“
    „Meinen Lebensunterhalt? Darüber kann man diskutieren. Aber ich verdiene Geld damit. Ja.“
    „Wow“, machte ich beeindruckt.
    „Ja“, lachte Sam. „Meine Familie ist sooo stolz auf mich.“
    Er sagte es in einem Ton, die mich denken ließ, dass das wohl nicht ganz stimmte.
    „Glaubst du, du bekommst einen Plattenvertrag oder etwas in der Art?“ Da ich selbst nicht besonders kreativ war, fand ich es toll, jemanden kennenzulernen, der es war.
    Wieder lachte Sam, dieses Mal lauter. „Oh … genau. Hey, man weiß nie. Ich wäre schon zufrieden, wenn man mich dafür bezahlte, für Leute zu spielen und zu singen, die mir dann auch zuhören.“
    „Das kommt schon, eines Tages“, tröstete ich ihn, wie man das so macht, wenn einem jemand seine Träume verrät.
    „Klar“, erwiderte Sam. „Eines Tages.“
    Eine Weile nippten wir schweigend an unseren Drinks.
    „Also, was die Nacht damals betrifft“, sagte Sam, als er mich dabei ertappte, wie ich ihn ansah. „Wenn du es eigentlich nicht tust und ich es eigentlich auch nicht tue, wie kommt es dann, dass wir es beide getan haben?“
    Ich konnte ihm nicht sagen, dass ich ihn mit dem Mann verwechselt hatte, den ich mir für den Abend gemietet hatte. „Ich weiß nicht“, antwortete ich stattdessen.
    „Schicksal?“ Er nahm noch einen Schluck Bier, dieses Mal, ohne den Blick von mir abzuwenden.
    „Ich glaube nicht ans Schicksal.“
    „Glück?“ Grinsend leckte er sich über die Lippen und stellte sein Bier zurück auf den Tisch.
    „Vielleicht war es Glück. Aber, Sam …“
    Er hob die Hand, um mich zu stoppen, und ich schwieg. Dann entfaltete er Zentimeter für Zentimeter seinen Körper, bis er neben dem Stuhl stand, und sammelte beim Sprechen die leeren Verpackungen ein. „Du musst es mir nicht sagen. Du willst keinen Mann in deinem Leben. Du bist nicht auf der Suche. Du willst nicht mehr als Freundschaft.“
    Ich stand nicht auf, um ihm zu helfen, und er machte auch nicht den Eindruck, als würde er Hilfe brauchen. Er fand sogar meinen Mülleimer in seinem Versteck unter dem Spülbecken.
    „Warum denkst du, dass ich das sagen wollte?“, fragte ich ihn.
    Sam wusch seine Hände am Spülbecken und wandte sich mir dann zu. „Wolltest du etwas anderes sagen?“
    „Nein.“ Ich schüttelte den Kopf und stand nun auch auf. „Es gefiel mir nur nicht, dass du glaubtest, du wüsstest genau, was ich dir sagen wollte.“
    Wir lächelten uns an. Sam schaute auf die Uhr und richtete seinen Blick dann wieder auf mich. „Wir können Freunde sein.“
    „Können wir das?“ Seine Worte erstaunten mich. Enttäuschten mich auch ein bisschen, muss ich zugeben.
    „Sicher.“ Sam

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