Callgirl
oder fünf Kunden pro Nacht garantieren, anderen Agenturen war das durchaus möglich.
Wenn ich als Duo mit einer dieser jungen Frauen bei einem
Kunden war, sie gelegentlich mit dem Auto mitnahm oder sie in Bars und bei Partys traf, traten allmählich einige unangenehme Wahrheiten zu Tage.
Ich kann diese Geschichten am besten als Fallstudien wiedergeben, als individuelle Skizzen.
Zum Beispiel Paula. Sie lebte in New Hampshire, wo sie auch das College besuchte. Ihr Teilzeitjob als Barmädchen war mit der unausgesprochenen Erwartung verbunden, dass sie bestimmten Gästen sexuell zur Verfügung stehen würde. Deshalb kündigte sie Knall auf Fall unter Hinterlassung einiger zerbrochener Flaschen. Danach beschloss sie, von nun an selbst zu entscheiden, wann, wo und wem sie zur Verfügung stehen würde, und fuhr zwei Mal in der Woche mit dem Greyhound-Bus nach Boston, um für Peach zu arbeiten. Paulas einzige Bedingung war, dass sie früh genug fertig sein würde, um den letzten Bus nach Manchester zu erwischen.
Wir hatten uns bei einem Dreier in Quincy kennen gelernt, und hinterher fuhr ich sie mit meinem Wagen zum Südbahnhof, wo ihr Bus abfuhr. Wir kamen zu früh, und da ich keinen weiteren Call hatte, gingen wir zum Essen in den »Blue Diner« und unterhielten uns. Paula erzählte mir, sie sei auf Grund der Behandlung in ihrer ersten Agentur zu Peach gewechselt. »Lee – das ist der Besitzer – erlaubt nicht, dass du deinen eigenen Wagen benutzt oder sonst was. Daher bist du ständig abhängig von den Fahrern, und die sind allesamt Mistkerle.« Sie zündete sich eine Zigarette an (Das war zu jener Zeit, als man noch in der Öffentlichkeit rauchen durfte).
»Was mir den Rest gegeben hat, war eine Geschichte im letzten Frühjahr, als ich herkam, um ein paar Aufträge für ihn zu erledigen. Sein Fahrer holt mich also am Busbahnhof ab und bringt mich zu so einem Apartment irgendwo drüben in Dorchester. Lee fing damals mit einer neuen Sache an, er wollte diesen Web-Sex-Kram, du weißt schon, Video live, selber machen. Also wollte
er diese Wohnung als Studio dafür einrichten. Nur stand da vorerst nichts weiter als ein Bett. Also, der Fahrer lässt mich dort, und es heißt, sie rufen mich auf dem Handy an, sobald es Arbeit gibt.«
Ich war entsetzt. »Sie ließen dich allein in einem leeren Apartment warten?«
Paula zuckte die Achseln. »Na ja, entweder du machst das oder du arbeitest irgendwo in’ner Bar, nicht? Das kommt aufs Gleiche raus. Aber ich war mir nicht sicher, ob die Wohnung wirklich leer war. Ich glaube, er hatte die Kameras schon angebracht, verstehst du? Ich hatte so ein unheimliches Gefühl, als würde ich beobachtet, so als würde ich jemanden hinter mir entdecken, wenn ich mich nur schnell genug umdrehte. Außerdem wusste ich nicht, wer die Schlüssel hatte, das heißt, ich hatte kein gutes Gefühl dabei, falls ich einschlafen würde. Jeder hätte reinkommen können.«
Wie sich herausstellte, ließ dieser erbärmliche Lee sie drei Tage allein in diesem Apartment. Sie konnte nicht weg, weil sie kein Geld hatte, weder für den Bus noch für ein Taxi, das sie irgendwohin gebracht hätte. Sie hatte sich darauf verlassen, dass sie in Boston Geld verdienen würde, statt welches ausgeben zu müssen. Sie rief also in der Zentrale an, und man versicherte ihr, sie würde in kurzer Zeit Arbeit haben, und so saß sie da und wartete unter der einzigen kahlen Glühbirne, die von der Decke baumelte, allzeit bereit. Eine Stunde verging, zwei, dann drei. Sie rief immer wieder an, und schließlich wurde ihr gesagt, wenn sie nicht aufhöre, den Service zu belästigen, würde sie überhaupt keine Arbeit bekommen.
Sie fiel schließlich in einen unruhigen Schlaf. Am nächsten Morgen erhielt sie einen Anruf, dass keine Fahrer verfügbar seien, um sie zum Bahnhof zu bringen, aber wenn sie bleiben wolle, gäbe es am Abend bestimmt Arbeit für sie. Im Apartment war nichts Essbares aufzutreiben, und das Gebäude schien in einer reinen Wohngegend zu liegen. Paula traute sich nicht, das Apartment
zu verlassen. Außerdem hatte sie sowieso kein Geld, um sich etwas zu kaufen, und so hockte sie den ganzen Tag mit knurrendem Magen in der Wohnung. Am nächsten Morgen um vier wurde sie dann schließlich zu einem Kunden geschickt. Bei dieser Agentur war es Usus, dass der Fahrer das Geld kassierte, und in diesem Fall hier behielt er alles für sich. Lee hatte ihr erklärt, dass sie erst nach dem zweiten Kunden, der sie für die
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