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Callgirl

Callgirl

Titel: Callgirl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Angell
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kommende Nacht angefordert hatte, Geld erhalten würde.
    Um fünf Uhr dreißig morgens wurde sie erneut bei der Wohnung in Dorchester abgesetzt. Sie hatte immer noch nichts gegessen. Am Tag schlief sie ein bisschen und wurde um zehn Uhr abends zu dem verabredeten Treffen gebracht, das ihr eine angemessene Bezahlung einbrachte, aber den letzten Bus nach Manchester hatte sie bereits verpasst. Sie verbrachte eine dritte elende Nacht in Dorchester, rief sich morgens ein Taxi und fuhr zum Busbahnhof, von wo sie Lee anrief und offiziell kündigte.
    Unglaublich? Sollte man meinen.
    Auch Kimmie hatte schon für andere Agenturen gearbeitet, bevor sie und Peach einander fanden. Ihre frühere Agentur (die ebenfalls und nicht zufällig, wie ich glaube, von einem Mann geführt wurde) hatte sie einmal auf eine Angeltour nach Gloucester geschickt.
    »Die Angeltour sollte eine Geburtstagsüberraschung für diesen Typ sein«, erklärte sie mir, als wir uns bei einem der Treffs kennen lernten, die Peach manchmal in Bars veranstaltete. Diesmal befanden wir uns in einem neuen Szenelokal, das in einem umgebauten Tresorraum des Finanzdistrikts lag. »Nun, genau genommen sollte ich wohl die Überraschung sein. Der Fahrer brachte mich nach Gloucester, weil Howie nicht wollte, dass ich selbst fuhr – sie halten dich in dieser Hinsicht an einer ziemlich kurzen Leine.« Sie schauderte, und ich schaute sie neugierig an. Kimmie sah umwerfend aus – blond, ewig lange Beine und wunderschöne smaragdgrüne Augen. Außerdem war sie total nett.
Sie erledigte kleinere Besorgungen für ihre älteren Nachbarn. Sie arbeitete freiwillig in einem Förderprogramm für Analphabeten. Darüber hinaus hatte sie einen Hochschulabschluss in Chemie und war allein erziehende Mutter. Der Gedanke, dass jemand sie ausnutzte, war unerträglich.
    »Es war ein herrlicher Tag. Sie hatten mich für den frühen Morgen bestellt und mir aufgetragen, unten im Schlafzimmer zu warten. Das Schlafzimmer befand sich im Bug – ich glaube, so heißt das, oder? Das spitze Ende? Das Bett war jedenfalls im spitzen Ende.«
    »Im Bug«, bestätigte ich.
    »Okay, und schließlich hatten sie die Stelle erreicht, was immer es für eine Stelle war, die sie erreichen wollten, und machten den Motor aus. Sie waren alle bei ihrem dritten Bier und hatten ihre Angeln ausgeworfen, und einige kamen zu mir herunter. Es war in der Tat eine Überraschung. Für mich.«
    Während der restlichen Unterhaltung sah sie mir nicht mehr in die Augen. Sie richtete den Blick auf die hellen Sofas, die aufgereiht an der gegenüberliegenden Wand standen; Peach saß dort kichernd mit einem der Besitzer zusammen. Kimmie hatte sich damit einverstanden erklärt, dem Kunden einen ganzen Tag lang zur Verfügung zu stehen. Man hatte ihr versichert, dass die gesamte Zeit von den Kumpeln bezahlt würde, als Geschenk für das Geburtstagskind, und dass er der einzige Kunde sein würde, es sei denn, sie selbst würde eine andere Entscheidung treffen. Die Entscheidung wurde ihr allerdings abgenommen. »Es war keine Vergewaltigung«, sagte Kimmie leise, den Blick starr auf einen unbestimmten Punkt in mittlerer Entfernung gerichtet. »Ich musste allerdings zustimmen. Sonst wäre es wohl eine gewesen.«
    Sie musste zustimmen, und trotzdem war es keine Vergewaltigung? Sogar nach all dieser Zeit habe ich immer noch Probleme mit dieser Auslegung.
    Die Krönung kam, als das Bier ausgetrunken war und das
Schiff schließlich wieder im Hafen anlegte. Kimmie stakste auf steifen Beinen von Bord, frierend, wund und wie betäubt. Der Fahrer wartete.
    »Ich traute meinen Ohren nicht! Er ging bei allen rum, fragte jeden Einzelnen, ob er irgendwas mit mir gemacht hätte und was genau, um die Posten für seine verdammte Rechnung zusammenzuzählen!« Kimmie biss sich auf die Lippe. »Howie wusste ganz genau, was passieren würde. Er hatte sich nur nicht die Mühe gemacht, es mir zu sagen.«
    Mit Angie war ich als Duo in der Praxis eines Fußspezialisten gewesen. Hinterher setzte ich sie an einer Bar in South Boston ab, wo sie sich mit ihrem Freund treffen wollte. Sie arbeitete für zwei Agenturen gleichzeitig – die von Peach sei ihr lieber, meinte sie, aber Peach habe oft nicht so viele Aufträge wie einige der anderen Agenturen. Wenn Angie über unseren Job sprach, klang es immer so, als seien wir im Showbusiness. Sie sprach grundsätzlich nur von unseren »Agenten«, wenn sie Peach oder den Leiter der anderen Agentur meinte.
    Sie meldete

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