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Callgirl

Callgirl

Titel: Callgirl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Angell
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Bände über ihre Selbstachtung und damit verwandte Eigenschaften
spricht. Viele von ihnen genossen es, jede Situation auszunutzen, um die Oberhand über das Callgirl zu gewinnen. Wenn die Frau beispielsweise zu spät kam, machte der Kunde einen Riesenaufstand deswegen, übertrieb die Unannehmlichkeiten, die ihm entstanden waren, gab ihr zu verstehen, dass er schon jetzt unzufrieden mit ihrer Leistung sei. Die meisten der Frauen, die für Peach arbeiteten, wurden mit solchen Spielchen ganz gut fertig, aber wenn die Frau neu im Geschäft oder unsicher war oder tatsächlich glaubte, was der Kontroletti ihr erzählte, konnte das Verhalten ziemlich verletzend wirken. Was der Mann sehr genau wusste.
    Es gab einen Kunden, der bei den Callgirls von Peach berühmt-berüchtigt war. Wenn wir Gelegenheit dazu fanden, verglichen wir unsere Notizen. Wir waren uns einig, dass er die Kontrollsucht zu einer wahren Kunst verfeinert hatte.
    Er hatte eindeutig das Bedürfnis, sich in dein Leben einzuschleichen. Er war schwer behindert – er hatte ein Herzleiden, eine Reihe von damit verbundenen Erkrankungen und wog mindestens 400 Pfund. Ich übertreibe nicht. Der einzige Sex, der mit Abe je stattfand, war eine versteckte Handarbeit, die ausgeführt wurde, nachdem du seinen Penis unter zahllosen Fleischfalten lokalisiert hattest.
    Er horchte dich aus, entlockte dir erstaunliche Informationen. Du hörtest dich selbst Dinge zu Abe sagen, die du keinem anderen Menschen anvertraut hättest. Er speicherte die Informationen ab, hielt sie bedeckt und wartete ab, bis er sie nutzen konnte.
    Eine von Peachs Frauen, Estée, ging einer Teilzeitbeschäftigung in einem Comics- und CD-Laden in Newbury nach. Sie hatte Abe gegenüber einmal beiläufig erwähnt, dass sie in einem Musikgeschäft arbeitete. Er telefonierte mit jedem Musikladen in Boston, bis er sie gefunden hatte. Danach rief er Estée regelmäßig im Geschäft an, manchmal um einen Termin auszumachen, manchmal einfach um zu reden. Estée durfte während ihrer Schicht eigentlich keine privaten Telefonate führen. Manchmal
stand eine lange Schlange ungeduldiger Kunden vor ihr, wenn Abe anrief. »Ich kann jetzt nicht reden«, sagte sie, »es ist so viel los hier.« Dann reagierte er entrüstet, terrorisierte sie mit weiteren Anrufen und drohte, er werde Peach stecken, dass sie ihn ohne Vermittlung durch die Agentur getroffen hatte.
    Er wusste, das war das einzige unumstößliche Gebot von Peach: Du sollst keine Kunden stehlen.
    Es war allerdings schwierig, Abe nicht »zu stehlen«. Er bestand förmlich darauf. Er weigerte sich, Wiederholungsbesuche über Peach abzuwickeln, erzählte der Frau, wenn ihr wirklich etwas an ihm liege, dann würde sie ihn auch ohne die Agentur treffen. Es ging ihm nicht um die Gebühr. Es ging um die Zeit. Es ging um Kontrolle.
    Wie viele andere vor mir gab ich Abes Hartnäckigkeit nach und traf ihn, ohne Peach davon zu erzählen. In einem Anfall geistiger Umnachtung.
    Er bat mich, die Nacht bei ihm zu bleiben. »Bleib einfach die Nacht über hier«, sagte er. »Ich zahle 400 Dollar. Wir hören Musik (er hatte meinen Geschmack eruiert und mich mit einer Sammlung wirklich hervorragender Opernaufnahmen geködert), wir trinken Wein, wir spielen und wir schlafen. Alles ganz locker, ohne störendes Telefongebimmel, das den Abend beendet.«
    Warum nicht, dachte ich. Für 400 Dollar bleibe ich auch bis zum Morgen, kein Problem.
    Ich hatte schon öfter bei Kunden übernachtet. Man trinkt, man wird high, man hat Sex, man schläft ein. Es gibt schlimmere Jobs.
    Abe hatte jedoch andere Pläne. Schlafen stand offenkundig nicht auf dem Programm. Ich musste seinen Rücken und seinen Nacken massieren. Ich musste ihm Drinks bringen. Ich musste ihn küssen, oft küssen, ihm das Gefühl geben, sexy zu sein. »Ich bin so müde«, protestierte ich irgendwann gegen drei Uhr morgens. »Ich nicht«, entgegnete er. »Spiel mit meinem Schwanz.«
Ich spielte mit seinem Schwanz, ich massierte seine Beine. Ich küsste seinen Mund, seinen Hals seine Brust, seine Finger. Ich brachte ihm seine Medikamente. Ich brachte ihm Wein. Ich brachte ihm Essen. Ich wurde sogar (ich schwöre bei Gott, dass ich die Wahrheit sage) um fünf Uhr morgens aus meinem Halbschlaf gerissen, damit ich seine Katze fütterte.
    Klar, wenn Abe mich bezahlte, erwartete er Service .
    Schließlich dämmerte der Morgen. Ich hatte Alaistair McLeans Night Without End voll durchlebt. Jetzt sollte ich kochen, Frühstück

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