Callgirl
anspruchsvollsten und lästigsten Bitten so klingen zu lassen, als wäre es selbstverständlich und eigentlich nur irgendwie angemessen, sie zu erfüllen. Es war eine phänomenale Eigenschaft.
Peach fand immer eine Methode, um alles zu ihrem Vorteil laufen zu lassen. Das galt auch fürs Geschäft – sie handelte Sonderkonditionen mit ihren Kunden, ihren Angestellten und sogar mit der Zeitung aus, in der ihre Anzeigen erschienen.
Sie war außerordentlich tüchtig. Und letztendlich war das, was sie betrieb, ja auch keine Raketenwissenschaft. Es ist nicht besonders teuer oder schwierig, eine Escort-Agentur zu gründen. Man muss natürlich Werbung machen, aber sogar die muss nicht besonders aufwändig sein. Einige der größeren Agenturen in der Stadt – Blue Moon, Temporarily Yours, Midnight Express – setzten halbseitige Anzeigen in die Gelben Seiten, was vermutlich Unsummen kostete. Sie konnten es sich leisten: Sie hatten Personal, sogar Büros und Marketing-Budgets. Sie hatten allerdings auch gute Aussichten auf Furcht erregende Verhaftungsrekorde.
Ein Service wie der von Peach flog quasi unter dem Radar. Sie war eine Einzelperson mit einem Stamm von etwa 20 Frauen. Es lohnte einfach nicht, sie zu verhaften.
Sie hatte zwei wöchentliche Anzeigen im Phoenix geschaltet,
eine Werbeanzeige für die Agentur und eine gesonderte Stellenanzeige, in der sie nach neuen Mitarbeiterinnen suchte. Damals kostete das 340 Dollar pro Woche, die bar im Voraus zu entrichten waren. Peach zahlte natürlich nie persönlich. Diese Aufgabe, für die sie die fürstliche Summe von 20 Dollar bot, durfte ich des Öfteren ausführen: Sie wartete, bis ich so lange bei ihr gearbeitet hatte, dass ich die entsprechende Summe eingebracht hatte (was auf sechs Kunden hinauslief) und schickte mich dann ins Zeitungsbüro, um die Anzeigen der nächsten Woche zu bezahlen. Die Aufgabe wurde abwechselnd von Luis, von mir oder von einem der anderen Callgirls übernommen.
Ich fragte mich oft, was die Angestellten beim Phoenix wohl über diese Prozession unterschiedlicher Geldboten gedacht haben mögen, die kamen, um die Rechnungen für eine Escort-Agentur zu bezahlen. Sicherlich haben sie sich manchmal gewundert, wenn ich an bestimmten Tagen mit unfrisierten Haaren, ohne Make-up oder auch schweißtriefend, weil ich gerade beim Sport gewesen war, bei ihnen auftauchte.
Die zweite Anzeige, die Peach schaltete, richtete sich an potenzielle Mitarbeiterinnen.
Mir gefällt der Begriff Anwerbung nicht. Das erinnert mich immer an fragwürdige Personen, die auf Schulhöfen oder ähnlichen Plätzen herumstehen, oder aber an verlogene Farbglanzposter über die Freuden des Militärdienstes. Es ist nicht mal so, dass Peach je aktiv eine Mitarbeiterin angeworben hätte, zumindest nicht, solange ich für sie tätig war. Im Allgemeinen fanden die Frauen ihren Weg zu Peach und nicht umgekehrt.
Wie ich. Ich machte mich auf die Suche nach ihr, aber wenigstens wusste ich, wo ich die Anzeigen finden konnte. Ich hatte den wichtigen Teil des Phoenix bereits entdeckt, und vermutlich gibt es entsprechende Seiten in allen Lokalzeitungen und Alternativblättern. Wenn man diesen Teil aufschlägt, findet man in der Regel ganz unten in den Agentur-Anzeigen einen Satz wie »Bewerbungen
willkommen« oder »Diskrete, attraktive Damen gesucht«.
Über ablaufende Bewerbungsfristen muss man sich keine Gedanken machen: Alle Agenturen nehmen jederzeit bereitwillig Bewerbungen entgegen. Eine der ersten Fragen, die sogar ein Stammkunde stellt, lautet: Gibt’s neue Mädchen? Neu in der Agentur, neu im Geschäft. Ganz gleich, wie schön und sexy und bezaubernd eine Frau sein mag, die Kunden würden sich trotzdem immer für das Neue und die Abwechslung entscheiden. Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass sie ihren Penis in so viele Frauen wie möglich stecken möchten, oder ob sie immer wieder die schwache Hoffnung hegen, dass sich das nächste Callgirl als das Nonplusultra entpuppen wird, als der ultimative Fick, als die geilste Frau der Welt. Was immer die Gründe sein mögen, es gehört zu den Dingen, die mich Männern gegenüber ein bisschen zynisch machen. Aber dieses Gewerbe hat nun einmal die Aufgabe, die Bedürfnisse der Männer zu befriedigen, und nicht, nach ihrer Motivation zu forschen, also will jeder Service ständig neue Gesichter und frische Körper. Man findet fast hundertprozentig einen Job.
Aus Peachs Sicht bringen Zeitungsanzeigen das Problem mit sich, dass jede
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