Calling Crystal
etwas von wahrer Finesse.« Sie tippte sich an die Nase. »Deine Schwester wird hingerissen sein.
»Danke. Sie sind meine Rettung!«
Meine Chefin war sichtlich überrascht, dass wir in einer solch engen Beziehung zur Contessa Nicoletta standen. »Ich wusste ja gar nicht, dass Sie Diamond so gut kennen, Contessa.«
»Och, es gibt da gewisse Bande.« Die alte Dame machte eine wedelnde Handbewegung. Sie meinte das Savant-Netzwerk, aber Signora Carriera würde sicher daraus schließen, dass wir entfernte Verwandte waren.
Die alte Dame hob ihre schwere schwarze Handtasche hoch, Vintage Chanel, wenn mich nicht alles täuschte. »Ich werde mich Anfang nächster Woche mit meinen Vorschlägen bei dir melden. Es ist schon viel zu lange her, dass ich in meinem Haus eine Party gegeben habe.«
Ihr Haus! Wow und Doppel-Wow! Ha, Xav Benedict: Du hast zwar Wassersport geboten, aber ich erhöhe den Einsatz mit einer Einladung aufs exklusivste Anwesen von ganz Venedig!
Ich strahlte sie an. » Grazie mille , das ist furchtbar nett von Ihnen. Ich weiß, dass Diamond vor Freude außer sich sein wird.«
Die Contessa warf sich ihren Schal um die Schultern. »Nur für Damen, versteht sich. Maria, ich hoffe, Sie kommen auch.«
Signora Carriera warf mir einen zögernden Blick zu.»Ich weiß nicht. Die jungen Mädchen wollen doch so eine alte Schachtel wie mich bestimmt nicht dabeihaben.«
»Unsinn. Wer sonst soll uns denn mit Kostümen ausstatten?«
Kostüme auch noch? Diamond würde tot umfallen, wenn sie das erfuhr. Hastig brachte ich die Sache unter Dach und Fach. »Natürlich müssen Sie auch kommen – meine Schwester würde nicht im Traum daran denken, eine Party ohne Sie zu feiern. Und außerdem wird auch die Mutter ihres Verlobten da sein. Ich bin mir sicher, dass Karla Sie sehr gern kennenlernen möchte.«
Meine Chefin lächelte, aufrichtig erfreut über die Einladung. »Dann komme ich sehr gern.«
Contessa Nicoletta hatte die Tür erreicht. Ich eilte hinüber, um sie für sie zu öffnen. Sie verharrte kurz auf der Schwelle, um die im Schaufenster ausgestellten Masken zu bewundern. »Meisterhaft«, seufzte sie anerkennend. »Ich finde es wundervoll, wenn Menschen ihre von Gott gegebene Begabung nutzen. Auf Wiedersehen, Crystal.« Sie schlurfte am Arm ihres Begleiters davon, passierte eine der kleinen buckligen Brücken, die sich über den Kanal spannten.
»Hey, mein total gleichberechtigtes Zuckerpüppchen! Wir haben dich gefunden.«
Ich drehte mich um. »Hallo Xav.«
Kapitel 4
»Hast du mich vermisst?« Xav ließ sich von Rocco über die Schwelle ins Ladeninnere ziehen.
»Ja, ungefähr so, wie ich Zahnschmerzen vermisse.«
Er grinste, ließ den Hund von der Leine und fing an, durch die zum Verkauf angebotenen Masken zu stöbern. Überall, wo man in diesem Laden hinsah, begegnete man dem ausdruckslosen Starren einer Karnevalsmaske – mit Federn, Strass oder Pailletten geschmückt. Sie hatten für mich nichts von ihrer gruseligen Ausstrahlung verloren, obwohl ich schon seit mehreren Wochen hier arbeitete.
Xav nahm eine Maske mit einem großen gebogenen Schnabel zur Hand – das Pestarzt-Motiv. »Was meinst du?« Seine braunen Augen blitzten durch die Sehschlitze.
»Enorme Verbesserung.«
Er reichte mir eine Maske aus Spitze mit Strass und Perlenumrandung. »Setz die mal auf.«
»Kann ich nicht. Ich arbeite hier, schon vergessen?«
»Uh, du bist echt eine Spielverderberin.«
Ich hielt mir die Maske vor die Augen. »Zufrieden?«
Er zog meine Hand mit der Maske kurz weg, dann schob er sie mir wieder vors Gesicht, den Kopf auf die Seite gelegt wie ein Experte, der ein Gemälde begutachtet. »Nee, das Original gefällt mir besser.«
War das ein Kompliment? Meine negative Haltung ihm gegenüber fing an, leicht zu bröckeln.
»Mit der Maske wirkst du viel zu feenhaft, dabei bist du Crystal, der Löwe, der mich mit ein paar scharfen Worten in Stücke reißen kann. Rr-rarrr.« Er tat so, als wäre seine Hand eine Tatze, und schlug mit gebogenen Klauen durch die Luft.
Ich legte die Maske zurück in den Korb, aus dem er sie genommen hatte. »Vielen Dank, der Herr.«
Er stupste mich mit seinem Schnabel an die Stirn. »Gern geschehen.«
Roccos Ankunft lockte Signora Carriera aus ihrem Atelier hervor.
»Ah, Sie müssen jemand aus Diamonds neuer Familie sein!«, rief sie auf Italienisch aus. Sie streckte ihm eine Hand hin und wechselte zu Englisch. »Schön, Sie kennenzulernen.«
Xav nahm schnell die Maske herunter
Weitere Kostenlose Bücher