Calling Crystal
beiden Venezianerinnen palaverten wie zwei alte Hexen am Zauberkesselund hatten sichtlich Spaß dabei. Abwechselnd machten sie Vorschläge zu Motiven, Farbnuancen und den verschiedenen Entwürfen, die Signora Carriera für die Gäste der Contessa angefertigt hatte.
Meine Telefon klingelte. »Hey Crystal, ich bin zu Hause!« Diamonds Stimme drang knisternd an mein Ohr.
»Diamond! Guten Flug gehabt?« Ich schnipste mir eine Paillette vom Fingernagel, aber sie blieb an einem anderen Finger hängen. Ich trat ans Fenster, das nach hinten hinausging und die kleine Brücke und den schmalen Kanal überblickte.
»Ja, es hat alles super geklappt. Ich habe Trace mitgebracht. Er hat beschlossen, seinen Junggesellenabschied hier zu feiern, da ich mir die Seelenspiegel seiner Brüder für meinen gekrallte habe. Sie fliegen alle nächste Woche hierher. Sein Chef war toll – er hat ihm einen ganzen Monat freigegeben – unglaublich, oder?«
Die Denver Polizei wusste sicher genau, welche Vorteile es mit sich brachte, wenn einer ihrer Topleute mit einer erstklassigen Schlichterin verheiratet war. »Das freut mich für euch.«
»Nur noch zwei Wochen bis zum großen Ereignis! Wir wollten die Partys nächsten Freitag schmeißen. Spricht was dagegen?«
»Eigentlich nicht. Was willst du denn an deinem Junggesellinnenabschied machen?«
Es entstand eine kurze Pause. »Ich dachte, du nimmst das für mich in die Hand.« Diamond klang ein bisschen bestürzt darüber, dass ich noch keine Vorbereitungengetroffen hatte. Hätte ich das schon tun sollen? Ich hatte erst kurz vorher einen Tisch buchen wollen.
»Natürlich, das mach ich ja auch; wir hatten hier nur wahnsinnig viel zu tun. Aber ich habe schon ein paar Ideen.« Beziehungsweise würde ich dafür sorgen, dass ich ein paar Ideen hätte, bis ich zu Hause ankam.
»Hmpf.« Ich konnte Diamond förmlich denken hören, was für eine gute Entscheidung es doch gewesen war, dass sie mir keine wirklich wichtigen Hochzeitsvorkehrungen überlassen hatte. Ich hatte sie nicht enttäuschen wollen, aber wieder einmal stellte ich unter Beweis, dass ich in meiner Familie der Leistungsträger die absolute Platzverschwendung war. Mein schöner Traum von Erfolg und neuen Chancen drohte zu platzen, bevor er überhaupt begonnen hatte. Wem wollte ich eigentlich etwas vormachen? Ich konnte noch nicht mal eine Party für meine wunderschöne Schwester organisieren, ohne es zu vermasseln.
»Na ja, falls du Hilfe brauchen solltest, frag einfach Xav.« Diamond konnte den Groll in ihrer Stimme nicht verhehlen. »Er ist mitgekommen, um den Junggesellenabschied von Trace zu organisieren, und sprüht nur so vor tollen Ideen. Er hat mir im Flugzeug ein paar Sachen verraten – Sektempfang auf einem Boot, Kasinobesuch, Wasserski auf dem Canale Grande.«
»Ach, tatsächlich?« Herrje, ich hatte mehr so in Richtung Essengehen gedacht, mit anschließendem Clubbesuch, bei dem wir diese beknackten Junggesellinnenabschiedsoutfits tragen würden. Da müsste ich wohl noch ’ne Schippe draufpacken.
»Er müsste eigentlich jeden Moment bei dir eintrudeln. Ich habe ihn mit Rocco losgeschickt – dieser Hund muss echt öfter raus. Du hättest mal den Radau hören sollen, als wir ins Haus gekommen sind. Na egal, ich habe Xav einen Stadtplan und die Hundeleine in die Hand gedrückt, also müssten sie etwa in einer halben Stunde bei dir sein, solange sie sich nur ein- oder zweimal verlaufen.«
Xav machte sich kurz nach seiner Ankunft gleich auf die Socken, um mich zu sehen? »Was will er denn hier?«
»Oh, er hat gesagt, er wollte mal sehen, wo du arbeitest. Trace und ich kochen was zum Abendbrot. Wir sehen uns. Hab dich lieb.«
»Hab dich auch lieb.«
Ich steckte mein Handy in meine Tasche und bemerkte, dass mich die beiden Signoras neugierig beobachteten. »Diamond ist zurück«, erklärte ich.
»Das haben wir mitbekommen. Und du organisierst ihren Jungfernabschied, ja?«, fragte Contessa Nicoletta.
»Junggesellinnenabschied«, korrigierte Signora Carriera.
Ich nickte zerknirscht.
Die alte Dame schnalzte beim Anblick meines Gesichtsausdrucks mit der Zunge. »Mach dir keine Sorgen, Crystal, ich werde dir helfen. Wir werden dafür sorgen, dass sie einen unvergesslichen Abend hat. Etwas Besseres als die Wasserski-Unternehmung, die dieser Xav Benedict arrangiert. Versprochen.«
Das hatte sie gehört? »Etwas Besseres als das?«
»Oh ja. Diese Amerikaner kennen sich zwar mit Action aus, aber nur wir Venezianer verstehen
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