Calling Crystal
ich Lola anrufen, dass es noch eine kleine Planänderung für Freitag gibt. Sieht so aus, als bräuchte ich ein bisschen Ablenkung, damit ich nicht der Versuchung erliege.«
O ja, bitte!, rief mein aufsässiges Hirn, obwohl es genau wusste, dass es mich in Teufels Küche bringen würde. Ich konzentrierte mich darauf, zerknirscht zu sein, dass für ihn eine bauchtanzende Wasserskilehrerin als Ablenkung überhaupt in Betracht kam.
»Schön, ruf Lola an«, sagte ich ohne eine Spur von Humor. »Aber denk dran, Zuckerpuppe: Deine Party mag halbwegs unterhaltsam werden, meine wird unvergesslich!«
Am Mittwoch wurde Diamond zu einem Notfalleinsatz nach Rom gerufen, um dort zwischen zwei verfeindeten Mitgliedern einer Savant-Familie zu schlichten. Beide Seiten hatten bereits Klage eingereicht und die Stimmung war gefährlich aufgeheizt. Trace undXav begleiteten sie auf ihrer Reise. Das war mir nur recht, denn Lily tauchte im Laden auf und machte mir einen Vorschlag, den – das war mir klar – niemand gutgeheißen hätte.
»Crystal, kannst du mir einen großen Gefallen tun?«, fragte Lily, als sie durch die Tür gerauscht kam. In ihrer Kombi aus knallrotem Pulli und Rock und mit Silberblitzsteckern in den Ohren, schlug sie mit gefühlten tausend Volt in meinen ruhigen Nähnachmittag ein.
»Na ja, kommt drauf an, um was es geht.« Ich legte meine Handarbeit beiseite. »Ich lese immer erst das Kleingedruckte, bevor ich etwas unterschreibe.«
»Kluges Mädchen.« Lily lehnte sich über den Tresen. »Aber das hier wird dir gefallen. Genau genommen bin ich diejenige, die dir einen Gefallen tut.«
Sie nahm das Kleid, das ich gerade gesäumt hatte – blaue, handbestickte Seide. »Hübsch.«
»Für den Junggesellinnenabschied meiner Schwester am Freitag.«
»Mhm. Es wird fantastisch aussehen. Aber eins nach dem anderen: Was machst du heute Abend?«
Ich erwartete die anderen erst irgendwann ganz spät zurück. »Keine Ahnung, aber bestimmt hat Signora Carriera noch jede Menge Arbeit für mich.«
»Dann werde ich sie bitten, dich heute früher gehen zu lassen. Es wartet eine Mission auf dich.«
»Das klingt vielversprechend.«
»Steve Hughes – du erinnerst dich: atemberaubend gut aussehender Schauspieler mit einem dicken fetten Bankkonto.«
Ich grinste. »Ja, könnte sein, dass ich ihn schon mal gesehen hab.«
»Also, er geht heute Abend mit James und mir zu einer Ausstellungseröffnung. Sein Agent meint, es würde seinem Image guttun, wenn er sich bei kulturellen Veranstaltungen blicken lässt. Er bekommt gerade wegen einer zerrütteten Beziehung ziemlich viel schlechte Presse und muss dagegenhalten.«
»James und du?«
Sie machte eine wegwerfende Handbewegung. »Wir sind bloß Freunde. Hast du denn noch nicht gehört, dass er einen Lebensgefährten in Los Angeles hat?«
»Oh, sorry.«
»Zurück zu Steve. Seiner Kurzzeitfreundin hat er letzte Woche den Laufpass gegeben … wegen irgendeiner Story, die sie an die Zeitung verkauft hat.«
»Was für eine Ratte!«
»Ganz genau. Und jetzt braucht Steve für heute Abend ein hübsches junges Ding am Arm, um aller Welt zu zeigen, dass er mit der Sache abgeschlossen hat und über sie hinweg ist. Es muss aber jemand sein, dem er vertraut.«
Wollte sie etwa darauf hinaus, worauf ich dachte, dass sie hinauswollte? »Hübsch hab ich nicht im Angebot.«
»Schlechte Wortwahl: Ich meinte natürlich umwerfend und ganz und gar außergewöhnlich. Es könnte doch keinen besseren Start für deine Modelkarriere geben, als wenn dein Name mit Steve Hughes in Verbindung gebracht würde, oder? Dein Gesicht wird inallen Klatschspalten von hier bis nach Seattle zu sehen sein.«
»Steve will mit mir zusammen dorthin gehen?« Merkwürdigerweise überkamen mich gemischte Gefühle – teils überschwängliche Freude, teils blankes Entsetzen.
»Äh … genau genommen weiß er nicht, dass ich dich als seine Begleitung ausgesucht habe.« Lily legte eine Hand auf meinen Arm. »Aber knüpf bitte keine romantischen Vorstellungen daran – das ist im Grunde nichts weiter als ein Fototermin. Er wird sich nicht in dich verlieben und dich in seinen Hollywood-Palast entführen, also schraub deine Erwartungen runter.«
Dabei wollte ich von ihm nirgendwohin entführt werden; es gab nämlich nur einen Mann, der mich auf ›Für-immer-und-ewig‹ hoffen ließ – und dessen Name fing nicht mit ›S‹ an.
»Das weiß ich doch, Lily, aber es ist schon ein ziemlicher Dämpfer, dass ich nur ein Name
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