Calling Crystal
dermaßen schwerfällt.«
Das letzte Mal, als er diesen Vorschlag gemacht hatte, war ich in Panik ausgebrochen und weggerannt. Jetzt, da ich mich wesentlich ruhiger und Xav sehr vielnäher fühlte, hatte ich keine Angst mehr vor ihm; die Möglichkeit herauszufinden, was mit mir nicht stimmte, war, was mir Angst machte.
Er legte mir seine Arme um die Taille und ich lehnte mich an seine Brust. Nachdem wir stundenlang für die Kameras so dagestanden hatten, fühlte es sich nicht mehr fremd an. Es war beinah so, als gäbe es einen für mich reservierten Parkplatz an seinem Herzen. Bei diesem Gedanken musste ich lächeln.
»Ich weiß nicht, was wir füreinander sind, Crystal, aber ich weiß, dass ich wenigstens ein Freund sein will. Du kannst mir vertrauen, dass ich gut auf dich aufpasse. Falls etwas nicht stimmen sollte, wär’s dann nicht besser, das von mir zu erfahren als von irgendeinem Fremden?«
Ich nickte. »Ja, du hast recht.«
Er lachte leise in sich hinein. »Kann ich das bitte schriftlich haben? Du glaubst, dass ich mit etwas recht habe?«
»Nein, kannst du nicht, weil du’s mir ewig aufs Butterbrot schmieren würdest.« Er roch dermaßen gut: ein Hauch Aftershave, die Lotion, die sie benutzt hatten, um uns abzuschminken, und etwas, was ganz typisch Xav war. Ich sollte dringend aufhören, an seiner Haut zu schnüffeln, die die offen stehende Knopfleiste entblößte.
»Du darfst mich genauer anschauen, aber nicht jetzt.«
»Nicht jetzt«, stimmte er zu. »Es ist sicher schon vier Uhr morgens. Heute ganz bestimmt nicht mehr.«
Ich zwang mich dazu, mich von ihm zu lösen. »Vielleichtsollten wir damit bis nach der Hochzeit warten? Falls etwas Schlechtes hinsichtlich meiner Savant-Gabe herauskommt, möchte ich es noch nicht wissen, und falls es etwas Gutes ist, dann reicht’s auch noch, wenn ich es später erfahre.«
Zu meiner Überraschung willigte er ein. »Ja, ich würde mir dafür auch lieber die Unterstützung meiner Familie holen. Mit Zeds Hilfe können wir unsere Fähigkeiten bündeln und dich so richtig gründlich untersuchen. Mein älterer Bruder Victor ist sehr kompetent in Sachen Gedankenmanipulation und könnte herausfinden, ob sich irgendwann mal jemand an deinem Geist zu schaffen gemacht hat.«
Ich hatte nicht eingewilligt, meine Defizite vor seiner ganzen Familie offenzulegen. »Aber Xav, ich kenne sie doch gar nicht. Ich will sie nicht alle mit dabeihaben.«
»Ich habe ja auch nicht an alle gedacht – nur an Zed und Victor. Als siebter Sohn hat Zed von jeder unserer Gaben ein bisschen etwas mitbekommen und kann uns so bei gemeinsamen Ermittlungen in Einklang bringen. Er ist eine Nervensäge, aber eine äußerst nützliche.« Seiner Stimme war anzuhören, dass er es in Wahrheit nicht so meinte – Xav stand seinen Brüdern sehr viel näher als ich meiner Familie. »Beiden, Sky und Phoenix, hatte man schlimme Dinge in die Köpfe eingepflanzt, als sie meine Brüder kennenlernten. Das war anfangs ziemlich hart, doch zum Glück konnten sie es wieder in Ordnung bringen. In der Savant-Welt ist es leider nichts Ungewöhnliches, dass einige vonuns Opfer derartigen Missbrauchs werden; es gibt viele Savants, die Böses tun, und Gedankenmanipulation ist dabei ein gängiges Mittel.«
»Aber ich weiß sicher, dass ich nie von jemandem manipuliert worden bin. Ich bin schon immer so gewesen. Sky und Phoenix haben mir erzählt, dass sie ein paar üblen Leuten in die Hände gefallen sind; ich hatte ein behütetes Leben – Schule, Familie. Mir ist nie was passiert.«
»Dann werden wir auch nichts dergleichen finden. Ich will ja nur auf Nummer sicher gehen.«
»Okay. Aber ich kann nichts versprechen. Ich muss Zed und Victor erst noch mal treffen, bevor ich entscheide, ob ich sie in meinen Geist hineinlasse oder nicht.«
»Bitte, Crystal.«
Ich hob eine Hand hoch. »Hör auf, Xavier Benedict. Ich habe heute Nacht schon genug Zugeständnisse gemacht.«
»Xavier Benedict! Da bin ich anscheinend wirklich übers Ziel hinausgeschossen, wenn du mich bei meinem vollen Namen nennst.« Er vollführte mit mir eine schwungvolle Walzerdrehung auf dem Campo di Santa Agnese, dem kleinen Platz in der Nähe unseres Hauses, auf dem einige der wenigen Bäume unseres Stadtteils standen. »Verpasst du mir jetzt auch noch eine Ohrfeige?«
»Bring mich nicht in Versuchung.«
Er hob mich auf eine Bank und führte mich an seiner Hand bis ans andere Ende, wo er sich kurz verneigte,als ich herunterstieg. »Kann Madam
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