Calling Crystal
von vielen auf deiner Liste bin, die du zu diesem Zweck durchgehst.«
Lily lachte. »Wenn’s dich tröstet: Du standest an erster Stelle. Kommst du jetzt mit?«
Hm, was war die bessere Wahl für den heutigen Abend: mir die Augen beim Annähen von Pailletten zu verderben oder mit den Stars auf Tuchfühlung zu gehen? »Ich müsste das nur noch mal mit meiner Privatsekretärin gegenchecken, dann Taylor Lautner vertrösten und Robert Pattinson auf nächste Woche verschieben, aber so wie’s aussieht, könnte ich’s einrichten.«
»Danke. Ich regle das jetzt noch mit der Signora und dann ziehen wir uns was Hübsches an.«
Ich blickte an meiner Jeans-Pulli-Kombi herunter. »Du meinst, so kann ich nicht gehen?«
»Wart’s ab, Crystal Brook. Für dich habe ich mir etwas ganz Besonderes ausgedacht.«
Kapitel 7
»So kann ich in keinem Fall unter die Leute gehen!«, zischte ich Lily zu, als wir vor dem Fenice auf Steve und James warteten. Der von weißen Säulen getragene Eingang ragte über uns auf wie das Tor zum Olymp, er wurde bewacht von einem aus Holz geschnitzten Phoenix, der, mit neuem Blattgold versehen, über der Treppe hing. Die Organisatoren der Kunstausstellung des heutigen Abends hatten die Exponate in dem prächtigen Foyer des Opernhauses in Szene gesetzt, und wie ich sah, vermischten sich dort bereits die bunten Abendroben der Frauen mit den schwarzen Anzügen der Männer. Kellner in weißen Westen schwebten zwischen den Grüppchen der Kunstliebhaber hindurch und boten köstliche Häppchen und Gläser mit Champagner an. Das hier waren die Götter auf dem internationalen gesellschaftlichen Parkett; ich war ein bedeutungsloses menschliches Subjekt und wir alle wussten, was geschah, wenn sich die Sterblichen mit den Göttern anlegten. Ich zupfte den Saum meinesKleids ein Stück nach unten – es reichte bis zur Mitte des Oberschenkels und ich war es nicht gewohnt, dermaßen viel Bein zu zeigen. »Ich bin für das Publikum dort nicht richtig angezogen.«
Lily warf einen Blick auf die Gäste und rümpfte die Nase. »Nicht ein Fünkchen Modegespür dabei. Diese Kleider hängen schon seit Jahren in ihren Schränken. Klassisch, klassisch, klassisch, gähn, gähn, gähn. Du, meine Liebe, trägst ein Key-Piece aus Julien Macdonalds neuester Kollektion.«
»Ich trage kein Key-was-auch-immer, weil ich nicht wirklich viel Stoff anhabe.« Der Saum endete, noch bevor er richtig begonnen hatte. Der V-Ausschnitt vorne und hinten bedeutete, dass auch für das Oberteil nicht viel Material zum Einsatz gekommen war. Das einzige verhüllende Stück Stoff war die Schleppe, die vom Rücken weich zu Boden fiel und das Kleid als Abendgarderobe kennzeichnete.
»Du siehst wunderschön aus. Weißt du, allein die Stickerei kostet mehr als ein Familienwagen der Mittelklasse.«
»Oh Gott, Lily: Halte mich ja vom Rotwein fern!«
»Sei einfach vorsichtig. Julien hat mir das Kleid sehr gern ausgeliehen, denn er weiß, dass er morgen in der Zeitung ein paar hübsche Fotos davon finden wird. Aber ich habe ihm versprochen, dass er es genau so zurückbekommt, wie er es mir gegeben hat.«
»Das alles ist keine besonders gute Idee.« Hätte sich Lily nicht an meinem Arm festgehalten, hätte ich die Schleppe zusammengerafft und Reißaus genommen –den goldenen Stiletto-Boots zum Trotz – eine Cinderella, die sich vor dem Ball drückte.
Meine kleine Panikattacke amüsierte Lily, aber sie machte nicht den Fehler, mich loszulassen. »Du kannst es dir jetzt nicht mehr anders überlegen. Denk doch bloß an die schlechte Presse, die Steve bekommt, wenn er versetzt wird.«
»Wie soll das bitte irgendwer mitkriegen?«
Lily verdrehte angesichts meiner Naivität die Augen. »Weil sie einen Tipp gekriegt haben, dass sie ihn vor die Linse kriegen können, wenn er gegen zehn Uhr mit seinem Date die Party verlässt. Diese Sachen laufen nicht spontan ab, weißt du.«
Zwei Männer traten auf die Straße hinaus, die gegenüber dem Opernhaus an der Kirche entlangführte. Einer war klein und dick, der andere mittelgroß und schlank: Unsere Dates waren da. Steves stämmiger Bodyguard folgte dicht hinter ihnen.
»Beeilung! Steve wird sich nicht lange hier draußen aufhalten wollen für den Fall, dass irgendwelche Reporter früher aufkreuzen. Schnappschüsse sehen nie gut aus.«
Lily hakte mich fest unter und wir folgten dem Regisseur und seinem Star durch die Glastür ins Foyer. Garderobieren waren sofort zur Stelle, um uns die Mäntel und
Weitere Kostenlose Bücher