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Calling Crystal

Calling Crystal

Titel: Calling Crystal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joss Stirling
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stieg mir ins Gesicht. Steve kannte meinen Nachnamen nicht oderhatte ihn vergessen. »Sie ist eine venezianische Modedesignerin.«
    Ich war wer bitte?
    Sebastian Perry (so war sein Name, wie ich dank der Broschüre, die ein anderer Gast in den Händen hielt, herausgefunden hatte) küsste mich auf die Wange, als wären wir gute alte Freunde. »Crystal, wie schön, dich kennenzulernen. Für welches Label arbeitest du?«
    Ich konnte nicht einfach vorgeben, jemand zu sein, der ich nicht war, auch wenn das Steves übliche Vorgehensweise sein mochte. »Ich glaube, da haben Sie was falsch verstanden, Mr Perry. Ich arbeite für eine venezianische Kostümschneiderin – Karnevalskostüme.«
    » Mr Perry!«, kicherte der Künstler. »Deine Manieren sind wirklich anbetungswürdig, Schätzchen, aber bitte nenn mich Sebastian oder ich fühle mich wie ein Hundertjähriger.« Seine gekünstelte Nervosität schien kurz wie weggeblasen und er zwinkerte Steve kokett zu. »Ich verstehe, warum du dir sie ausgesucht hast – sie ist ein Schnuckelchen.« Das war das erste (und vermutlich letzte) Mal, dass mich jemand, der einen halben Kopf kleiner war, als ›Schnuckelchen‹ bezeichnete; er war mir auf der Stelle sympathisch. »Crystal, ich brenne darauf, mehr über deine Arbeit zu erfahren. Traditionelle kostümbildnerische Fähigkeiten wie das Anfertigen von Masken finde ich unheimlich inspirierend.« Er ließ eine Hand vorschnellen und deutete mit dem Finger auf eine Leinwand, die, so sah es aus der Entfernung aus, einen Haufen massakrierter Karnevalsteilnehmer zeigte.
    Doch Steve zog mich schon am Arm weiter. »Bis später, Sebastian. Ich werde mal ein paar Käufer für dich an Land ziehen.«
    »Mach das, Süßer, und ich werde auf immer und ewig in deiner Schuld stehen.«
    Ich warf einen Blick zurück und sah, dass der Künstler sich zur Belustigung seiner Anhängerschaft scherzhaft an die Brust griff. Ich wusste, wie er sich fühlte: Steve war der Inbegriff des Actionhelden und versetzte jeden, den er traf, in helle Aufregung.
    »Woher kennst du Sebastian?«, fragte ich und nahm das Glas Mineralwasser entgegen, das sich Steve von einem Tablett geschnappt hatte.
    Steves Blick schweifte durch den Raum. »Ach, ich bin ihm bei einer Veranstaltung wie dieser hier begegnet – hab ein paar seiner Bilder gekauft, weil mein Finanzberater sagte, ihr Wert würde steigen.«
    Das, was ich hier sah, traf nicht gerade meinen Geschmack. In jedem Fall war mir der Künstler sympathischer als sein Werk. »Wo hast du sie hingehängt?« Ich konnte mir nur schwer eines dieser albtraumhaften Gemälde an den Wänden meiner kleinen Wohnung vorstellen. Ich hatte erst vor Kurzem das Twilight-Poster heruntergenommen und war jetzt bei Monet angelangt.
    »Ach, die liegen irgendwo in einem Tresor. Ich habe zurzeit kein richtiges Zuhause – nur ein gemietetes Haus mit ein paar Angestellten, die den Laden am Laufen halten. Ich arbeite die meiste Zeit. Mein persönlicher Assistent ist mittlerweile Experte darin, meine Koffer zu packen. »Hey Mary, lang ist’s her!« Und wegwar er zur zweiten Small-Talk-Runde des Abends: Wie sich herausstellte, war diese Dame Reporterin der New York Times . Ich verfolgte die Steve-Show aus der Entfernung und stellte fest, dass mir dieser Platz ziemlich vertraut vorkam. War es nicht immer ganz ähnlich gewesen, wenn ich mit Diamond in Savant-Kreisen verkehrt hatte? Die Vorstellung, mir einen eigenen Namen zu machen, erschien mir immer verlockender. Ich fände es tausendmal besser, diejenige zu sein, bei der die Leute für ein Gespräch Schlange standen, als bloß das Anhängsel, das Steves Image für den Abend aufpolierte. Dabei war er noch nicht mal ein unangenehmer Begleiter – im Gegenteil –, aber jetzt, da ich meine verklärte Schwärmerei überwunden hatte, ging mir auf, dass er sich weder für mich noch für irgendetwas anderes als seine Karriere interessierte. Aber warum sollte er das auch tun? Dieser ganze Abend fiel unter die Kategorie ›eine Hand wäscht die andere‹.
    Ich ließ meinen Gedanken freien Lauf. Zwar war ich im Moment nicht mehr als eine Trittbrettfahrerin, aber ich hatte auch eine gewisse Macht; wenn ich zickig draufkäme, könnte ich seinen kleinen Publicity-Coup hier voll vor die Wand fahren lassen. Ich malte mir aus, wie ich mich an den nächsten Journalisten wandte und sagte: »Hi, ich bin Crystal. Wussten Sie schon, dass Steve gern Welpen quält und im Alter von zehn Jahren die Wüstenmaus seiner

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