Callista 01 - Palpatines Auge
›vertrauenswürdigste Dienerin‹… Alles war Lüge, was er mir vorgeschwatzt hat. Alles!«
»Mara«, sagte Lando mit hörbarem Mißbehagen, »Mara, er ist tot…«
»Du weißt, was das bedeutet, oder?« Kalten Blicks wandte sie sich Lando zu, der unwillkürlich einen Schritt zurückwich. Weder er noch Han hatte Mara je zuvor in einer derartigen Verfassung erbittertster Wut gesehen. Die bloße ungeheure Intensität ihres Zorns war erschreckend.
»Es bedeutet, er hielt sie in Reserve, um sie eventuell einmal gegen mich zu verwenden. Oder mich gegen sie. Oder wer weiß, wen gegen wen, nur um zu verhindern, daß eine von uns mehr als ein Opfer seiner Lügengespinste geworden wäre.«
Sie zitterte fast vor Grimm, der gleichen Art von Wut, die sie einst dazu getrieben hatte, alle ihre Kräfte einzusetzen, um Luke Skywalker zu töten, weil er sie aus der Position gestürzt hatte, die ihr ganzes Leben ausgemacht hatte. »Ist sie noch auf dem Planeten?«
»Keine Ahnung. Ich…«
Aus irgendeinem Grund fiel Han plötzlich die Ex-Konkubine des Imperators ein, die Leia ihm gegenüber erwähnt hatte, eine ehemalige Hofdame des Palasts… Eine Frau, die einer Arbeit nachzugehen behauptete, die sie gar nicht verrichtete. Eine Frau, die wenige Wochen nach Nubblyks Verschwinden auf Belsavis aufgekreuzt war und genau gewußt hatte, welches Haus sie zu mieten wünschte.
»Doch, ich glaube ja«, berichtigte er sich. »Anscheinend ist es eine Frau namens Roganda…«
Mara riß die Augen auf. Sie kannte den Namen. Dann zogen sich ihre Pupillen zu grünen Glitzerschlitzen zusammen. »Ach«, meinte sie verhalten. »Also sie.«
Ihr Holoabbild griff seitwärts, nach einer Stelle außerhalb der Wiedergabe, wo die Holofonschalter sein mußten. Maras Holo flackerte und erlosch.
»So ein Risiko können wir einfach nicht eingehen.« Roganda öffnete das Plastetui, entnahm ihm den dünnen Silberstab eines Medikamenteninfusors und schob eine Ampulle hinein. »Halten Sie sie fest.«
Vorsichtig näherte Ohran Keldor sich Leia, die bei den Geräuschen, die das Türschloß verursacht hatte, vom Stuhl aufgestanden war; nun wich sie zurück zur Wand. In der Tür stand mit gezückter Stunnerpistole Lord Garonnin.
Keldor zögerte. Obwohl von kleinem Wuchs, war Leia eine sportliche Person und dreißig Jahre jünger als er, und man sah ihr an, daß sie alle Bereitschaft zur Gegenwehr hatte.
»Wenn Sie sich Gedanken um Risiken machen, Madame«, bemerkte Garonnin, »dann erlauben Sie mir die Meinungsäußerung, daß der Gebrauch dieses Mittels ein größeres Risiko bedeutet, als es mir lieb ist. Sie wissen nicht, welche Konsequenzen…«
»Ich weiß, wie es wirkt«, widersprach die Ex-Konkubine. »Es sorgt dafür, daß sie während des Aufenthalts unserer Gäste Ruhe bewahrt. Soviel weiß ich auf alle Fälle.«
»Daß es bisweilen wirksam ist, wissen wir, bei manchen Leuten, in bestimmten Dosierungen. Es hat wenigstens dreißig Jahre lang in den verlassenen Laboratorien der Gewölbe gelegen, vielleicht doppelt so lange. Uns ist unbekannt, ob es sich nicht im Verlauf der Zeit zersetzt hat, ob es inzwischen nicht kontaminiert ist… Der Schmuggler, an dem wir es vor vier oder fünf Jahren erprobt haben, ist daran gestorben.«
»Er hatte ein schwaches Herz«, entgegnete Roganda allzu hastig. »Ach, Lord Garonnin«, fügte sie mit nun flehentlicher, leiser Stimme hinzu, »Sie wissen doch selbst, wieviel von unseren heutigen Besuchern abhängt. Auch Ihnen ist doch klar, wie dringend wir ihre Unterstützung benötigen, wenn Ihre Sache – unsere Sache – von Erfolg gekrönt werden soll. Und ebenso ist Ihnen die Reputation Ihrer Hoheit bekannt. Wir dürfen das Risiko, daß sie irgendwie entflieht und die Zusammenkunft mit unseren Gästen stört, nicht im geringsten eingehen.«
Der ausdruckslose, unterkühlte Blick des Senex-Lords haftete auf Leia. Unerschütterlich wies die Mündung der Stunnerpistole auf sie. Endlich nickte Garonnin.
Keldor trat vor.
Er rechnete damit, daß Leia auswich. Also sprang sie ihm entgegen, stellte ihm ein Bein und rammte ihn gleichzeitig kraftvoll mit der Schulter. Er stürzte hin, und Leia machte einen Satz in Richtung Tür.
Sie hatte erwartet, daß ihr Angriff Garonnin immerhin ein wenig überraschte, so daß sein erster Schuß sie verfehlte und sie eine Gelegenheit fand, um sich an ihm vorüberzuzwängen. Doch sie überraschte ihn überhaupt nicht. Der Stunnerschuß traf sie wie ein Schlag in den Solarplexus.
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