Callista 03 - Planet des Zwielichts
Stadtbewohner zwängte sich in einen Gleiter, der unmittelbar an der Mauer gewartet hatte. Luke konnte auch ohne Fernglas die am Rumpf des Gleiters befestigten zusätzlichen Auftriebstanks erkennen. Die Angreifer mußten abgewartet haben, bis der abendliche Wind sich gelegt hatte, um Antigravgerät einsetzen zu können.
Das Fahrzeug verfügte offenbar auch über einen primitiven Deflektorschild, denn die Steine und Lanzen, die die Verteidiger der Station in ihre Richtung schleuderten, gingen allesamt fehl. Eine der in dem Fahrzeug zusammengekauerten Gestalten hantierte an einer Steuerkonsole, worauf der Gleiter an der Mauer entlang steil nach oben stieg.
Luke fragte sich, ob die Verteidiger sich gut genug mit Deflektorschilden auskannten, um einen Mann an einem Seil unter den immer höher steigenden Gleiter zu bringen. »Meinen Sie, Mistress Darm könnte es fertigbringen, jemanden für mich ausfindig zu machen, der vor kurzem hier angekommen ist?«
»Ich wüßte nicht, wo da das Problem liegen sollte. Praktisch jeder, der hier ankommt, landet in Hweg Shul.«
Aus dem Gewirr von Brettern und Büschen, das aus der Ferne wie ein Dohlennest aussah, schlängelte sich jetzt tatsächlich ein Seil nach unten. Jetzt wurde eine hagere, in ihren Bewegungen irgendwie anmutig wirkende Gestalt in einer geflickten roten Lederkombination und Teilen eines uralten Sturmtruppenpanzers sichtbar, die sich geschickt an der Permabetonwand hinunterließ, weit genug von dem Gleiter mit seiner kleinen Schar Kämpfer entfernt, so daß die Mauerkrümmung ihr ein wenig Schutz gegen das Laserfeuer bot. Nur ein perfekt gezielter Schuß hätte den einsamen Verteidiger der Station treffen können, und niemand auf dem Gleiter war ein so guter Schütze. Die Schüsse prallten gegen die massive schwarze Mauer und hinterließen dort lange rußige Schrammen, ohne jedoch größere Schäden anzurichten. Die Grissmath waren gute Baumeister gewesen.
Im richtigen Augenblick wickelte sich der Verteidiger zwei, drei Längen Tau um den einen Arm und stieß sich, einen mit Handgranaten bestückten Gurt in der anderen Hand, in einer langen, weiten Parabel von der Mauer ab und schwang wie ein Pendel unter der improvisierten schwebenden Belagerungsplattform durch. Die Männer in dem Vehikel feuerten wie wild auf die blutrote Gestalt, die durch die Finsternis auf sie zukam, aber das Geländer des Gleiters versperrte ihr Schußfeld.
Das Timing war makellos. Der einsame Verteidiger schleuderte den Gurt mit den Granaten mit einem geschickten Schwung in den Unterbau des Gleiters, so daß er dort an einem Vorsprung hängenblieb, trat dann wieder gegen die Mauer, stieß sich ab und schwang am Ende seines Seils in die Finsternis hinaus. Das Seil wurde bereits wieder eingeholt, und die Verteidiger oben auf dem Turm nahmen den Kämpfer wieder auf. Die Plattform sank in die Tiefe. Sekunden verstrichen. Die Besatzung des Gleiters sprang aus acht Metern Höhe seitwärts ab, und der Schweber explodierte in einem Regen rotglühender Splitter – zwei Meter über der Stelle, an der sich die Köpfe der Angreifer befunden hätten, wenn noch dort noch jemand ausgeharrt hätte.
Aus der freien Ebene tasteten jetzt Scheinwerferbündel über den glitzernden Kiesboden. Lanzen und Pfeile funkelten im Licht, und rotes Laserfeuer, begleitet vom Krachen alter Projektilgewehre, zuckte durch die Nacht. Luke griff hinaus in die Macht, um die Finsternis zu durchdringen, und sah eine zusammengewürfelte Schar von Männern und Frauen, die in Gleitern und auf Düsenschlitten vorrückten. Ihre Kleidung wirkte ärmlicher als die der Belagerer, die er für Newcomer hielt, aber es fehlten die primitiv wirkenden ausgefransten Lumpen der Theraner.
Die Neuankömmlinge waren allerdings wesentlich zahlreicher als die beiden anderen Gruppen, sie zählten bestimmt über hundert Köpfe. Die Newcomer drehten sich um, brachen in wildes Geschrei aus und fuchtelten mit ihren Waffen herum, und Luke konnte in dem Stimmengewirr Flüche und Verwünschungen unterscheiden. Als die beiden Seiten aufeinanderprallten, wurden nur wenige Schüsse abgegeben; das Ganze wirkte eher wie eine gewaltige Prügelei, bei der Männer und Frauen einander schubsten und stießen und mit Knüppeln, Schraubenschlüsseln und Hacken aufeinander einschlugen und einander an den Haaren zogen… Feinde, dachte er, aber solche, denen bewußt war, daß sie sich morgen früh wieder im selben Lebensmittelladen begegnen würden.
»Sind das die
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