Cambion Chronicles 1
violette Augen im Dunkeln auf. Mondlicht fiel über sein Gesicht und verlieh ihm die glatte Struktur von Marmor. »Ich fahre gleich«, sagte er. »Gut geschlafen?«
Ich setzte mich auf und streckte mich. »Ja. Wo ist Nadine?«
»Sie schläft, also müssen wir ganz leise sein, okay?«
Ich beugte mich hinüber, um die Nachttischlampe einzuschalten, und bemerkte, dass der elektrische Wecker aus war. Keine roten Ziffern leuchteten im Dunkel. Es gab gar kein Licht im Haus, außer zwei violetten Kreisen, die jede meiner Bewegungen verfolgten.
»Caleb, was ist hier los?«
Statt einer Antwort kam er auf mich zu und sah mich dabei die ganze Zeit unverwandt an. Seine sanften Hände glitten um meine Taille, und er brauchte kaum Überzeugungskraft, um mich zu sich zu locken. Seine Wärme war einladend, und es gab keinen guten Grund, sich zu wehren. Meine Lider wurden schwer, als ich in diesem violetten Nebel versank und mich der Schwerelosigkeit hingab.
»Hab keine Angst, Sam. Ich bin hier«, flüsterte er.
Finger berührten leicht meine Wange, und ich nahm die Zuneigung dankbar an. Ich brauchte die Nähe, um meine Angst zu dämpfen.
Doch der Trost hielt nur eine Sekunde lang an, bis ich merkte, dass irgendetwas nicht stimmte. Caleb fehlte der süße Zuckerduft, der ihm aus allen Poren zu strömen pflegte. Seine Berührungen waren schwerfällig und gierig, und er kniff mich, als er den Griff um meine Taille verstärkte.
»Hör auf, Caleb. Du tust mir weh.«
»Noch nicht.«
Er verhielt sich nicht wie er selbst. Fragen stiegen in mir auf und breiteten sich aus wie ein plötzlicher Ausschlag. War er heute schon satt geworden? War Capone wieder außer Rand und Band? Vielleicht hatte das Wiedersehen mit seinem Vater eine Reaktion ausgelöst. Wie dem auch sei, ich musste fort von ihm, aber ich konnte kaum meine Augen von ihm lösen und ihn schon gar nicht von mir schieben. Meine gesamte Energie war durch seinen Blick von mir genommen worden, und das fluoreszierende Leuchten in seinen Augen verriet mir, dass ihm das nicht reichte. Erst als sein Mund sich herabsenkte, um mich zu küssen, fand ich die Kraft wegzusehen.
»Caleb«, röchelte ich, während ich seinen Lippen auswich. »Reiß dich zusammen. Ich bin’s, Sam.«
»Ich weiß«, erwiderte er mit rauer Stimme und versuchte wieder, meinen Mund zu erreichen.
»Wo ist Nadine?« Und wo war eigentlich der Caleb, den ich kannte?
Je mehr ich mich wehrte, desto klarer wurde mir, dass dieser Traum eine unangenehme Wendung genommen hatte. Ich warf den Kopf hin und her, wich verzweifelt seinem hungrigen Mund aus und versuchte, diesen Albtraum abzuschütteln. Mit Entsetzen stellte ich fest, dass ich tatsächlich schon wach war.
Finger gruben sich in meine Wangen und feste Lippen fanden meine. Bald darauf spürte ich ein Saugen, und Rinnsale von Energie flossen über meine Lippen. Ich trat und boxte, aber er bewegte sich kein Stück.
»Du bist stark, genau wie deine Mutter. Du hast es mir schwer gemacht, zu ihr zu gelangen, aber du wirst einen guten Ersatz abgeben. Ich kann warten, bis sie entlassen wird, um zu beenden, was ich begonnen habe.«
Das war dann also geklärt. Er sah zwar aus wie Caleb und klang auch so, aber es war nicht Caleb. Das konnte nur eins bedeuten: Ich stand unter seinem Einfluss, und der war mächtig. Darüber hatte ich schon vorher eine Weile nachgedacht, aber erst jetzt verstand ich, was diese Anziehung wirklich bedeutete, dieser seltsame, starke Sog, der die Frauen in den Tod lockte.
Egal, wie oft ich blinzelte, Calebs Gesicht starrte zurück und verspottete mich dafür, mein Herz verschenkt und meine Deckung verlassen zu haben.
Wir täuschen unsere Beute. Mit einem Blick werden wir zu dem, was sie am meisten begehren.
Der Satz hämmerte wieder und wieder durch meinen Kopf wie ein böses Kinderlied. Jedes Wort grub sich in mein Gehirn und schlug darin Wurzeln. Es war mein Mantra, eine Erinnerung daran, wer er wirklich war. Ein Betrüger.
Mit einer Kraft, die aus reiner Panik und Adrenalin geboren wurde, traf ich ihn mit einem Aufwärtshaken am Unterkiefer. Ich nutzte die Fluchtmöglichkeit und rannte in Richtung Tür.
»Komm zurück!« Sein Arm umschlang meine Taille und zog mich zurück.
Ich klammerte mich verzweifelt am Türrahmen fest und krallte die Nägel in das Holz. »Caleb ist Ihr Sohn! Wie können Sie ihm nur so wehtun? Ich hoffe, Sie verrotten in der Hölle!«
»Was weißt du denn schon von der Hölle?«, brüllte er.
Ein Ruck, und
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