Cambion Chronicles 1
im dunklen Raum nach einer Lösung um. Als er eine gefunden zu haben glaubte, grub er in seiner Hosentasche nach einer Münze und schnippte sie in meine Richtung. Als sie landete, sah ich einen glänzenden Vierteldollar mit der Kopfseite nach oben auf dem Teppich liegen. Mir wurde auf einmal klar, dass ich schon zum zweiten Mal halb wahnsinnig vor Angst mit einem scharfen Gegenstand in der Hand in meinem eigenen Wohnzimmer stand. Langsam ließ ich das Messer sinken und brach unter dem Gewicht meines Kummers zusammen.
Caleb trat zu uns und berührte leicht Nadines Hals. »Ihr Genick ist gebrochen. Sie lebt noch.« Er beugte sich näher zu ihr und brachte sein Ohr an ihren Mund. »Nadine, kannst du mich hören?«
Keine Antwort.
Ich wartete einfach und betete mit jedem Atemzug, dass Nadine nicht Opfer Nummer neun werden würde.
»Sie atmet, das ist ein gutes Zeichen. Behalt sie im Auge«, wies Caleb mich an, während er sein Handy ans Ohr hielt.
Ich hörte zu, wie Caleb mit ruhiger Stimme der Notrufzentrale die Lage schilderte, und war froh, dass wenigstens einer von uns nicht die Sprache verloren hatte. Nachdem er mehrmals genickt und »Ja« gesagt hatte, klappte er das Handy zu. »Der Krankenwagen müsste in ein paar Minuten hier sein.«
»Wie kann sie mit einem gebrochenen Genick noch am Leben sein?«, fragte ich.
»Nicht jeder stirbt an einem gebrochenen Genick. Es kommt drauf an, wo die Wirbelsäule durchtrennt wird. Sie könnte gelähmt sein. Die haben gesagt, wir sollen sie nicht bewegen und darauf achten, dass sie atmet, sonst erstickt sie. Kennst du dich mit Mund-zu-Mund-Beatmung aus?«
Ich nickte und fuhr zusammen, als die lockere Diele oben knarrte.
Caleb sah zur Decke und dann wieder zu mir. »Er ist hier?«
Ich nickte wieder, während über unseren Köpfen Schritte polterten, langsam und schleppend, aber sehr lebendig.
Caleb griff hinter sich und zog die Pistole aus dem Hosenbund. Er schob das Magazin in den Griff und entsicherte die Waffe wie ein Profi. Nichts erinnerte mehr an den arroganten Charmeur mit der Essstörung. An seine Stelle trat ein wütender und einsatzbereiter Dämonenjäger, und der sah heißer aus als je zuvor.
Er hielt die Pistole mit ausgestrecktem Arm vor sich und suchte die Umgebung ab. »Hat er eine Waffe?«
Ich schüttelte den Kopf und strich Nadine die Haarsträhnen von Wange und Stirn. »Ich habe den Alarm ausgelöst. Gleich kommt Hilfe.« Ich drückte auf ihre Brust, denn ich wusste, dass die Zeit gegen uns arbeitete.
Mein Körper zitterte mit ihrem, als sie um einen weiteren Atemzug kämpfte. Ein Zischen kam von ihren Lippen, und die Atmung setzte aus. Alle Farbe wich aus ihrem Gesicht, ihre Knöchel wurden weiß, die Finger krallten sich um das Handy, das sie noch immer in der Hand hielt.
Ich verstärkte die Druckmassage und begann zu zählen. »Nein. Nein! Nein, Nadine, halte noch ein paar Minuten durch! Halt durch.«
»Komm, Sam, wir müssen hier weg. Wir können nichts mehr für sie tun. Sie wird schon blau«, sagte Caleb hinter mir.
»Nein!«, schrie ich.
Caleb streckte die Hand aus. »Gehen wir, Sam. Wir holen Hilfe.«
»Nein!« Ich schlug die Hand weg und vergrub mein Gesicht an ihrer Brust. Kein Mann der Welt hätte mich jetzt von ihr trennen können. Wenn es so sein sollte, dann blieb ich eben bei ihr. Sie würde nicht allein sein.
»Gut. Bleib hier. Mach weiter mit der Wiederbelebung, aber nicht den Hals bewegen, nur den Kiefer.« Caleb schob sich zentimeterweise durch die Diele und blickte ständig zwischen Tür und Treppe hin und her. »Wo ist er?«
»In Moms Zimmer.«
Caleb verschwand aus meinem Blickfeld und lief mit polternden Schritten die Treppe hoch.
Ich konzentrierte mich völlig auf meine Aufgabe, drückte in kurzen Abständen auf ihren Brustkorb und zählte die Sekunden, die zäh wie Baumharz verstrichen. Meine Augen schwammen in Tränen, meine Hände zitterten, mein Hals kratzte bei jedem Schlucken.
Ich legte meinen Mund auf ihren, um ihr Atem zu spenden. Als sie plötzlich die Augen aufschlug, erstarrte mein Körper. Etwas Kaltes, Dichtes strömte in meinen Mund. Es fühlte sich an wie Wasserdampf, ballte sich jedoch zusammen und wühlte sich wie ein Wurm meine Kehle hinunter.
Mein Blick verschmolz mit ihrem, und ich sah das wirbelnde Licht in ihren Augen, dasselbe, das ich von Caleb kannte. Ich brauchte Luft, aber die Kraft dessen, was in meinen Körper strömte, verdrängte jeden Sauerstoff. Was es auch war, es hatte mich im
Weitere Kostenlose Bücher