Camel Club 01 - Die Wächter
geworden.
Er und Kate trafen sich in einem Restaurant im Dupont Circle. Kate hatte sich von den schrecklichen Ereignissen des Vorabends gut erholt und zeigte sich jetzt wild entschlossen, die Wahrheit aufzudecken. Diese Anwandlung löste bei Alex gleichermaßen Bewunderung und Entsetzen aus.
»Ich kann nachvollziehen, wie dir zumute ist, Kate, aber lass dich zu keiner Leichtfertigkeit hinreißen. Diese Typen haben Schusswaffen, und offenkundig zögern sie keine Sekunde, sie zu benutzen.«
»Umso wichtiger ist es, ihnen das Handwerk zu legen«, entgegnete Kate entschieden. »Wann fliegst du nach Brennan?«
»In aller Frühe. Der Flug ist kurz, aber es liegt viel Arbeit vor mir und den anderen. Es macht mich verrückt, dass ich nicht hier sein kann, falls du mich brauchst.«
Kate legte die Hand auf Alex’ Finger. »Lass mich dir sagen, dass du dich gestern ganz toll bewährt hast.« Während Kate sprach, kam der junge Kellner mit den bestellten Gerichten zum Tisch und hörte sie. Anscheinend deutete er den Sinn der Worte falsch, denn er zwinkerte Alex zu und schmunzelte.
»Was gibt’s Neues?«, erkundigte sich Kate, als sie sich ans Essen machten.
Alex erzählte ihr von dem Gespräch, das er mit Adelphia über Stone geführt hatte.
»Du hast erwähnt, Stone hätte keine Vergangenheit, die du recherchieren kannst. Aber nach dem, was Adelphia gesehen hat, muss er eine Vergangenheit haben, die vielleicht sogar höchst interessant ist.«
Alex nickte und zog ein nachdenkliches Gesicht. »Was hältst du davon, wenn wir nach dem Essen einen kleinen Spaziergang in die Gegend um die 16th Street und Pennsylvania Avenue machen?«
»Ich habe gehört, da steht ein richtig mondänes Haus. Kannst du mich hineinbringen?«
»Zurzeit hab ich Zweifel, ob man mich reinlässt. Aber ich meine sowieso die andere Straßenseite.«
Fünfundvierzig Minuten später erreichten sie den Lafayette Park.
»Ich habe nicht den Eindruck, dass er da ist«, meinte Alex, sobald er Stones unbeleuchtetes Zelt erblickte. Seine Vermutung bestätigte sich, als sie gleich darauf das Zelt öffneten und sahen, dass sich niemand darin aufhielt.
»Kennst du einen anderen Wohnsitz?«, fragte Kate.
»O ja.«
Weitere zwanzig Minuten später lenkte Alex seinen Wagen vor dem Friedhof Mt. Zion an den Bordstein.
Im Friedhofswärterhäuschen brannte Licht.
»Hier wohnt er?«, vergewisserte sich Kate. »Auf einem Friedhof?«
»Was hast denn du gedacht? In einem Penthouse am MCI Center?«
Das Friedhofstor erwies sich als abgeschlossen, und so half Alex Kate hinüber und kletterte ihr dann hinterher.
Als Stone auf ihr Klopfen die Haustür öffnete, konnte er seine Überraschung nicht verheimlichen. »Alex?« Dann fiel sein neugieriger Blick auf Alex’ Begleiterin.
»Hallo, Oliver. Das ist meine Freundin Kate Adams. Sie ist Anwältin im Justizministerium und außerdem die beste Barkeeperin, die ich kenne.«
»Freut mich, Sie kennen zu lernen, Mrs. Adams«, sagte Stone und drückte ihr die Hand. Wortlos forschte er in Alex’ Miene.
»Wir dachten uns, wir schauen mal bei Ihnen vorbei«, sagte Alex.
»Ah. Na, dann treten Sie doch bitte ein.«
Er ging voraus und setzte in der Küche Kaffee auf, während Alex und Kate sich umsahen. Kate zog ein Buch aus dem Regal und blätterte darin. »Haben Sie alle diese Bücher gelesen, Oliver?«, fragte sie.
»Ja«, antwortete Stone, »aber ich muss gestehen, die meisten nicht mehr als zweimal. Leider findet man nie so viel Zeit zum Lesen, wie man gern hätte.«
Kates Blick streifte Alex. »Solschenizyn. Keine leichte Lektüre.«
»Wenn ich mich recht entsinne«, sagte Alex, »habe ich am College Cliffs Erläuterungen gelesen.«
Kate hob das Buch hoch. »Ja, aber auf Russisch?« Stone kehrte mit zwei Tassen Kaffee aus der Küche wieder. »Ihr Zuhause gefällt mir, Oliver«, sagte Kate. »So habe ich mir immer die Bude eines Collegelehrers vorgestellt.«
»Ja, unordentlich, staubig, voller Gerümpel und alter Schwarten.« Stone schaute Alex an. »Wenn ich es richtig mitgekriegt habe, sind Sie der Voraustruppe für Brennan in Pennsylvania zugeteilt worden?«
Alex sank der Unterkiefer herab. »Ja. Mensch, woher wissen Sie das?«
»Der Wachdienst vor dem Weißen Haus kann manchmal ziemlich langweilig sein, und die Leute vertreiben sich die Zeit durch Tratschen. Wenn man die Ohren spitzt, kann man die Stimmen ziemlich weit hören. Leider haben die Menschen das Zuhören weitgehend verlernt.«
Kate lächelte Stone
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