Camel Club 01 - Die Wächter
feuerte einen Schuss ab; dann musste er zur Seite springen. Gerade wollte er ein zweites Mal zielen, da ratterte das Kradgespann an ihm vorbei. Reuben lenkte, während Stone im Seitenwagen saß und den am Kinnriemen gehaltenen Motorradhelm schwang. Der Helm traf Peters an der Schläfe, und er stürzte der Länge nach auf den Rasen.
Volle zehn Minuten verstrichen, bis Peters und Reinke sich rührten. Als sie wieder zu Bewusstsein kamen, war der Camel Club längst fort.
KAPITEL 46
Die Reaktion der Behörden auf die Erlebnisse von Alex Ford und Kate Adams trug nicht eben zur Ermutigung der beiden bei. Der Polizei zufolge war die Bremsleitung von Alex’ Wagen von allein gerissen. Bei einem so alten Auto käme so was schon mal vor, hieß es. Und abgesehen von dem, was Alex – seiner Aussage zufolge – gesehen und gehört hatte, gäbe es keinerlei Beweise für die Anwesenheit eines Scharfschützen vor Kate Adams’ Wohnsitz. Es wären keine fremden Projektile oder Patronenhülsen gefunden worden.
Am nächsten Morgen saß Alex in Jerry Sykes’ Büro und musste sich die offizielle Version der Ereignisse des Vorabends anhören.
Sykes stellte das Umherstapfen ein und schaute Alex an. »Die Augenzeugen, die dir nach deinem ›Unfall‹ gern Hilfe geleistet hätten, haben ausgesagt, dein Verhalten wäre hochgradig absonderlich gewesen, und dann wärst du einfach wie ein Irrer fortgelaufen. Alex, das alles sieht dir überhaupt nicht ähnlich. Gibt es in deinem Leben irgendetwas, über das du im Vertrauen mit mir sprechen möchtest?«
»Nichts anderes«, antwortete Alex verbissen, »als dass irgendwer meinen Tod wünscht.«
Sykes setzte sich in seinen Sessel und nahm den Kaffeebecher zur Hand. »Warum sollte jemand deinen Tod wünschen?«
»Irgendein Dreckskerl hat mir eine Knarre an den Kopf gesetzt, Jerry. Ich hatte keine Zeit, ihn höflich nach dem Grund zu fragen.«
»Aber außer dir hat kein Mensch ihn gesehen. Deshalb frage ich dich noch einmal: Was ist zwischen gestern und heute geschehen, das jemanden veranlassen könnte, deinen Tod für erstrebenswert zu halten?«
Alex zögerte. Er hätte Sykes gern über die Entdeckung des Kahns informiert, befürchtete aber, dass es das endgültige Ende seiner Karriere bedeutete, wenn er zugab, ein weiteres Mal einer direkten Anweisung des Direktors zuwidergehandelt zu haben.
»Hinter mir liegen viele Jahre redlichen und guten Dienstes. Weshalb sollte ich mir plötzlich irgendwelche wilden Geschichten ausdenken?«
»Du sagst es. Du hast ’ne Menge erfolgreiche Dienstjahre angesammelt. Der Direktor hat gestern wirklich ein Herz für dich gehabt. Er hätte dich vom Fleck weg rausschmeißen können. Ich an seiner Stelle hätte es wahrscheinlich getan, zum Donnerwetter. Schau einem geschenkten Gaul nicht ins Maul, Alex. Eine zweite Gnadenchance kriegst du nicht.«
»Schön. Kannst du trotzdem wenigstens veranlassen, dass Kate Adams’ Haus unter Bewachung gestellt wird? Ich habe mir den Lichtreflex auf der Zieloptik nicht bloß eingebildet.«
Sykes lehnte sich zurück. »Ich rufe die Polizei des D.C. an und bitte darum, dass der zuständige Streifenwagen ein paar Extrarunden dreht. Mehr kann ich nicht tun. Und das solltest du schon als Gunst bewerten.« Sykes warf einen Blick auf die Uhr. »So, ich muss in eine Konferenz, und du hast auf Posten zu gehen.«
»Ja, im Weißen Haus«, sagte Alex matt.
»Nein. Vor dem Weißen Haus. Den Dienst drinnen musst du dir erst wieder verdienen.«
Am frühen Morgen veranstaltete der Camel Club in Calebs Behausung eilig eine Mitgliederversammlung. Der erste Tagesordnungspunkt bestand darin, dem qualifizierten Antiquar und mutigen Autolenker zu seinem Schneid zu gratulieren. Die Gratulation selbst musste allerdings ein wenig auf sich warten lassen, weil Caleb sich im Bad übergab, da er erst nachträglich begriffen hatte, wie leicht er vom Leben zum Tode hätte befördert werden können.
»Ich gebe zu Protokoll«, sagte Stone, als Caleb endlich aus der Toilette zurückkehrte, »dass Caleb Shaw für seine Tapferkeit und seinen Einfallsreichtum den tiefsten Dank aller Mitglieder des Camel Clubs verdient.«
Caleb war blass, doch er lächelte, als er jedem die Hand schüttelte. »Ich weiß selber nicht, was über mich gekommen ist. Ich wusste nur, dass ich etwas tun musste. Solchen Bammel hab ich nicht mehr gehabt, seit ich die Ehre hatte, eine Ausgabe von Tocquevilles De la Démocratie en Amérique im Originalumschlag in der Hand
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