Camel Club 01 - Die Wächter
werden. Das müssen wir unbedingt vermeiden. Wir können es uns nicht leisten.«
Außenministerin Andrea Mayes, die im Hintergrund des Oval Office stand, trat vor. Sie war eine große, hagere Frau mit angegrautem Haar. »Minister Deckers Vorschlag ist ein Verstoß gegen den Atomwaffensperrvertrag, Sir. So dürfen wir nicht vorgehen.«
»Doch, dürfen wir«, widersprach Decker.
»Wieso?«, fragte Hamilton streng.
»Unser Land hat nie einen Zweifel daran gelassen, dass der Vertrag gegenüber einem Angreifer außer Kraft tritt, der biologische, chemische oder nukleare Massenvernichtungswaffen gegen uns einsetzt.«
»Syrien hat uns nicht angegriffen!«, rief Mayes.
»Die Scharia-Gruppe hat die Verantwortung für die Entführung Präsident Brennans übernommen. Ihren Sitz und ihre Finanzen hat die Scharia-Gruppe in Syrien. Nach den außenpolitischen Kriterien, die ich vorhin genannt habe, wurden wir in Gestalt der Scharia-Gruppe von Syrien angegriffen, und bei der Verschleppung des Präsidenten wurde ein chemischer Wirkstoff benutzt. Außerdem gibt es Hinweise darauf, dass Syrien kürzlich ein Programm zur Entwicklung von Massenvernichtungswaffen eingeleitet hat. Und selbst wenn Syrien bislang keine Massenvernichtungswaffen gegen uns eingesetzt hat, haben die Vereinigten Staaten keine Verpflichtung, stillzuhalten und darauf zu warten. Wenn wir dies berücksichtigen und im Zusammenhang mit der Tatsache sehen, dass dort ansässige Terroristen unseren Präsidenten entführt haben und es uns frech ins Gesicht sagen, ist unser Standpunkt mehr als gerechtfertigt.«
Fassungslos schüttelte Mayes den Kopf. »Hinsichtlich der Entwicklung von Massenvernichtungswaffen stellt Syrien überhaupt keine Bedrohung dar. Es ist eine Mischnation aus Kurden, Arabern, Sunniten und religiösen Minderheiten.«
»Alles keine Freunde Amerikas«, polterte Decker.
»Sie wollen nicht das gleiche Chaos erleben wie im Irak«, sagte Mayes. »So etwas kann sich ja auch niemand wünschen. Aber sie nehmen uns unsere Demokratie nicht ab. Wir geben Geld an Libyen, weil es sein Atomprogramm eingestellt hat, aber eine Diktatur ist es immer noch. Die syrische Öffentlichkeit kennt die Mängel ihrer Regierung, und die Oppositionsgruppen werden allmählich stärker. Die Regierung hat die Todesstrafe für Mitglieder der Moslem-Bruderschaft aufgehoben. Es gibt positive Anzeichen wachsender Freiheit, und zwar ohne amerikanische Invasion. Syriens Regierung wird sich verändern, aber das braucht Zeit.« Mayes verstummte und richtete den Blick auf den amtierenden Präsidenten. »Genau das sage ich seit vier Jahren zu James Brennan. Derartige Prozesse brauchen ihre Zeit. Man kann eine tausendjährige Kultur nicht über Nacht umkrempeln.«
»Viele Dissidentengruppen in Syrien bestehen aus Kommunisten und anderen Linken«, wandte Decker ein. »Wir wollen uns doch nicht wieder mit denen abgeben müssen.«
Hamilton schaute den CIA-Direktor an, der am Kamin saß. »Sind Sie auch Joes Meinung, Allan?«
»Ja, so ziemlich, auch wenn es keine hieb- und stichfeste Analyse ist.«
»Und wir haben überhaupt keine Veranlassung, warum wir Zeit vergeuden sollten, uns erst mit den Vereinten Nationen zu verständigen oder eine militärische Koalition aufzubauen, Sir«, sagte Decker unverzüglich. »Sie haben unseren Präsidenten, und wir wollen ihn wieder bei uns am Ruder sehen. Und das erreichen wir nur auf diesem Weg. Und zwar schnellstens. Wir können und sollten allein handeln.« Deckers Augen funkelten. »Verdammt noch mal, Sir, bei allem Respekt, wir sind die einzige Supermacht der Welt. Deshalb bin ich dafür, dass wir uns auch so verhalten.«
»Und James Brennan?«, fragte Hamilton.
»Falls er noch lebt – und wir alle hoffen, dass es so ist –, bietet mein Plan die wahrscheinlich einzige Möglichkeit, ihn zurückzuholen.«
Hamilton überlegte. »Also gut, Gentlemen«, sagte er schließlich. »Rufen Sie unverzüglich die Sendeanstalten an und sichern Sie mir baldige Sendezeit. Ich muss die Öffentlichkeit informieren.« Er sah Decker an. »Gott steh uns bei, wenn wir uns irren, Joe.«
Als Alex Ford die Haustür öffnete, stand er Kate Adams und dem Camel Club gegenüber.
»Oh, verflucht noch mal«, rief Alex missgestimmt.
»Bitte, Alex«, sagte Kate, »wir müssen mit dir reden.«
»Die Lage ist ernst, Agent Ford«, brummte Reuben. »Sehr ernst.«
»Inwiefern?«, knurrte Alex.
»Es gibt bedeutsame Neuigkeiten«, antwortete Stone.
»Was denn für
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