Camel Club 01 - Die Wächter
Pflaster und Verbandszeug. Dass die Tinkturen noch etwas nutzten, bezweifelte er, aber das Verbandszeug steckte noch in der sterilen Verpackung. Auf jeden Fall war es sauberer als Reubens Hemd. Er griff sich ein paar Schachteln und eilte zurück zu Reuben.
Nachdem er ihn verbunden hatte, half er ihm durch die Verbindungstür in den benachbarten Raum.
Kaum hatten sie den Wahrheitstrainingsraum verlassen, wurde die Zugangstür geöffnet. Vorsichtig lugte Captain Jack herein. Er nahm sich einen Moment Zeit, um die Räumlichkeit zu durchsuchen, dann fand er seinen Mann unter dem Käfig begraben.
»Tja, vielleicht ist es besser, am Leben zu bleiben und ein anderes Mal zu kämpfen«, murmelte Captain Jack. »Sicherlich haben diese blöden Nordkoreaner volles Verständnis dafür.« Er drehte sich um und wollte durch die Stahltür den Rückzug antreten, musste jedoch feststellen, dass sie sich von innen nicht öffnen ließ. »Das hatte ich ganz vergessen«, brummte er. Er stand da und überlegte, was er nun tun sollte. Dann blickte er auf die Uhr. Bald spielte es ohnehin keine Rolle mehr.
KAPITEL 67
Stone und Reuben erreichten ungefähr zum gleichen Zeitpunkt das Tiefgeschoss wie Alex und Jackie.
»Das wären also neun tote Chinesen«, sagte Alex, sobald sie die neuen Informationen ausgetauscht hatten.
»Eigentlich sind es Nordkoreaner«, berichtigte ihn Stone.
»Nordkoreaner?«, rief Jackie. »Verdammt, was haben die denn mit der ganzen Sache zu tun?«
»Keine Ahnung«, gestand Stone. Mit dem Pistolenlauf wies er in den Flur. »Aber eines weiß ich: Da hinten sind die Zellen, in denen zu meiner Zeit ›Gefangene‹ zu Verhörzwecken gesessen haben. Da wird vermutlich der Präsident festgehalten.«
Alex warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »Es bleiben noch drei Stunden Frist«, sagte er eindringlich. »Wir müssen den Präsidenten befreien, aus diesem Bau verschwinden, in dieser Scheißgegend eine Funkzone fürs Handy finden und den Secret Service anrufen. Dort wird man dann das Weiße Haus verständigen und den Raketenstart absagen.«
»Glauben Sie, hier lungern noch Nordkoreaner herum?«, fragte Jackie.
»Als ich im Matsch gestanden habe, sind im Dunkeln zwei Personen an mir vorbeigelaufen«, sagte Alex, »deshalb…«
Plötzlich schrie er: »Achtung! Handgranate!«
Die Gruppe sprang nach allen Seiten auseinander und suchte Deckung, während der Gegenstand die Treppe herunterrollte. Doch es war keine Hand-, sondern eine Blendgranate. Aber sie blendete nicht nur durch grelle Helligkeit, sie betäubte auch durch einen buchstäblich ohrenbetäubenden Knall. Das FBI-Geiselbefreiungsteam schwor auf die Wirksamkeit der Granate. Und auch diesmal tat sie ihre Wirkung. Als sie detonierte, wurde die Gruppe augenblicklich handlungsunfähig.
Zwei Nordkoreaner kamen die Treppe heruntergerannt. Dank ihrer Ohrstöpsel blieben sie vom Detonationsknall verschont. Sie richteten die Waffen auf Alex und seine ebenso hilflosen Kameraden. Stone versuchte sich aufzuraffen, war jedoch dermaßen desorientiert, dass es ihm nicht gelang. Jackie presste die Hände auf die Ohren; sie schien jeden Moment in Ohnmacht zu fallen. Reuben lag verkrümmt in einer Ecke, hielt sich die Seite und atmete nur noch schwach.
Der eine Nordkoreaner rief ein einziges Wort, diesmal auf Englisch. »Sterbt!«
Er schaltete die MP-5 auf Automatik, und sein Finger glitt zum Abzug. Binnen Sekunden konnte er das Dreißigschussmagazin leerschießen – und genau das hätte er getan, wäre er noch lange genug am Leben geblieben. Ihm brach die Wirbelsäule, als ihn von hinten ein Fuß traf. Er stürzte vornüber, und im Fallen bog sein Finger sich um den Abzug, sodass etliche Schüsse aus der Maschinenpistole auf den Betonboden prasselten. Der Körper des Mannes fing die Querschläger auf, aber er spürte es nicht mehr.
Der andere Mann wollte Hemingway aus nächster Nähe durchsieben, doch der riss ihm das Magazin aus der Waffe, hieb es ihm auf den Schädel und erledigte den Gegner mit einem Faustschlag in den Leib, der die Leber zerriss. Mit einem dumpfen Knall prallte der Mann auf den Fußboden.
Im nächsten Augenblick war Hemingway wieder verschwunden.
Als die Wirkung der Blendgranate nachließ, rappelte Alex sich auf und half Jackie beim Aufstehen. Stone war Reuben behilflich.
»Wo ist Hemingway hin?«, fragte Stone.
Alex deutete in den Gang. »Da lang. Durch die Tür da hinten ist er abgehauen. Wie durch ein Wunder habe ich ihn gerade noch gesehen,
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