Camel Club 01 - Die Wächter
Dienstplan. Darauf verwiesen in Gruppen angeordnete, magnetische Bilder der WFO-Agenten auf ihren jeweiligen Einsatzbereich. Das war nicht gerade Hightech, aber immerhin eine wirksame Methode, um bezüglich ihres Aufenthaltsorts den Überblick zu behalten. Allerdings wurde der Dienstplan gleichzeitig im Computer gespeichert, denn gewisse Scherzkekse machten sich einen Spaß daraus, Bilder zu vertauschen. So konnte ein mit Verbrechensbekämpfung beschäftigter Agent sich plötzlich – zumindest dem Schwarzen Brett zufolge – im langweiligen Schreibtisch-Schlafland der Anwerbungsabteilung wieder finden.
Ein paar Fotos hingen kopfüber am Schwarzen Brett. Das bedeutete, dass die betreffenden Agenten derzeit für das WFO unabkömmlich waren, da sie andernorts Aufträge erledigten. Außerdem sah man auf vielen Fotos rote oder blaue Punkte. Wenngleich manche Agenten immer wieder ihren Freunden oder Familienangehörigen, wenn sie ins Haus kamen, das Gegenteil weiszumachen versuchten, bezeichneten diese Markierungen keineswegs, ob ein Agent Republikaner oder Demokrat war; vielmehr zeigten sie an, ob er seinen Wohnsitz in Virginia oder Maryland hatte.
Hinter seinem Schreibtisch erhob sich Sykes, sobald Alex auf der Schwelle stand.
»Nimm Platz, Alex«, sagte Sykes und deutete auf einen Stuhl.
Alex setzte sich und knöpfte die Anzugjacke auf. »Also, gibt’s Ärger, oder haben wir den Plausch zum Vergnügen?« Alex lächelte und sah erfreut, dass Sykes grinste.
»Habe von deiner Heldentat letzte Nacht gehört. Wir wissen Agenten zu schätzen, die unbezahlte Überstunden schieben. Darfst du ruhig öfters machen.«
»Offen gesagt, eine anständige Gehaltserhöhung wäre mir als Dank lieber.«
»Träume süß von sauren Gurken. Ich hab einen brandaktuellen Fall für dich, ganz heiße Sache.« Sykes tippte auf eine Akte, die auf seinem Schreibtisch lag. »Die Papiere sind vom HQ über den LSA zu mir gewandert.«
Alex zog eine bedenkliche Miene. »Ich bin schon ziemlich ausgelastet, Jerry. Solange die Menschen Geld verwenden, wird es Typen geben, die es zu stehlen oder zu fälschen versuchen.«
»Es geht nicht um Geld. Wie wär’s mit einem Abstecher zur Mordkommission?«
»Ich wüsste nicht«, erwiderte Alex bedächtig, »dass das im Rahmen unseres offiziellen Mandats liegt.«
»Schau dir Dienstausweis und Gehaltsscheck an. Sie besagen, du bist jetzt für die Homeland Security tätig – für das Heimatschutzministerium, nicht fürs Finanzministerium. Also haben wir massenhaft neue Aufträge zu verteilen.« Sykes senkte den Blick in die Akte. »Heute früh ist auf Roosevelt Island ein Mann namens Patrick Johnson tot aufgefunden worden. Schusswunde im Mund. Hatte neben sich einen Revolver und eine Pulle Scotch liegen und in der Tasche einen Abschiedsbrief stecken.«
»Wer ist der Mann?«, erkundigte sich Alex.
»Ein Mitarbeiter des NTAC«, lautete Sykes’ Auskunft. »Mit anderen Worten, Johnson war einer von uns. Deshalb sollst du dir den Fall vorknöpfen.«
»Aber seit der Neuordnung der Geheimdienste ist das NTAC kein regulärer Teil des Secret Service mehr.«
»Stimmt, bloß haben wir da immer noch die Finger mit drin, und zumindest diensttechnisch gesehen war Johnson sowohl Mitarbeiter des Secret Service als auch des NIC.«
»Einschuss im Mund, wahrscheinlich besoffen, Revolver vorhanden, Abschiedsbrief… Was soll da noch zu ermitteln sein?«
»Bisher sieht’s wie Selbstmord aus, und vermutlich bleibt es dabei. Weil der Todesfall auf einem öffentlichen Grundstück eingetreten ist und Johnson Regierungsbediensteter war, haben sowohl das FBI wie auch die Park Police die Ermittlungen aufgenommen. Aber wir möchten, dass jemand auch unsere Interessen vertritt. Wenn es Selbstmord war, haken wir die Geschichte ab. Doch falls etwas anderes passiert ist… nun, dann müssen wir der Sache auf den Grund gehen. Und darum sollst du dich dahinterklemmen.«
»Wieso auf Roosevelt Island? War Johnson ein Fan von Teddy Roosevelt?«
»Es ist deine Aufgabe, das herauszufinden. Und lass dich vom FBI nicht abwimmeln.«
»Warum hab ausgerechnet ich immer solches Glück, Jerry?«, fragte Alex. »Ich meine, ist das nicht eher ein Fall für die Dienstaufsicht?«
»Doch, aber ich hab ’ne Schwäche für dich«, antwortete Sykes sarkastisch. »Und nach der häufigen Verwendung im Personenschutz kannst du mal wieder ein bisschen richtige Arbeit vertragen.«
»Komisch, das Gleiche ist mir gesagt worden, als man mich zum
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