Camel Club 01 - Die Wächter
stapfte.
»Also, das war ja wohl glatte Zeitverschwendung«, sagte Jackie.
»So wie neunzig Prozent aller Ermittlungstätigkeit«, erwiderte Alex hitzig. »Das müssten Sie doch wissen.«
»Warum sind Sie so sauer?«
»Wollen Sie behaupten, dass Sie das Ganze da drin nicht unheimlich fanden? Mann Gottes, ich hab geradezu darauf gewartet, dass ein Foto meines ersten Geschlechtsakts auftaucht.«
»Ich habe nichts zu verbergen. Und weshalb haben Sie sich gegenüber Tom wie ein Arschloch benommen?«
»Ich habe mich gegenüber Tom wie ein Arschloch benommen, weil ich den Mistkerl nicht ausstehen kann.«
»Ach so. Na, dann weiß ich auch die Erklärung für Ihr Verhältnis zu mir.«
Alex ersparte sich eine Antwort. Doch als er den Wagen vom Sitz des Großen Bruders fortlenkte, beschleunigte er so rasant, dass er vor dem NIC-Gebäude auf dem noch relativ frischen Asphalt eine Spur verbrannten Gummis zurückließ.
KAPITEL 31
Wenige Minuten nachdem Ford und Jackie sich verabschiedet hatten, begegnete Hemingway in einem Flur des NIC-Gebäudes Reinke und Peters und nickte ihnen knapp zu. Fünf Minuten später fuhr er vom Parkplatz des NIC. Nochmals zehn Minuten später taten Reinke und Peters das Gleiche.
Sie trafen sich in Tyson’s II Galleria, einem großen Einkaufszentrum gehobenen Niveaus, besorgten sich Kaffee im Becher und schlenderten durch die Passagen. Mittels eines Antiüberwachungsgeräts hatten sie sich unterwegs davon überzeugt, dass keiner von ihnen Wanzen an sich trug, und sie hatten mit äußerster Vorsicht darauf geachtet, dass niemand ihnen folgte. Eine der wichtigsten Regeln für einen Spion lautete, dass man die Gewissheit haben musste, nicht selbst durch die eigene Organisation bespitzelt zu werden.
»Wir haben zu verhindern versucht, dass sie an Johnsons Arbeitsplatz herumschnüffeln«, sagte Peters. »Aber da kam plötzlich Gray herein.«
»Ich weiß«, erwiderte Hemingway. »Deshalb bin ich auch dort aufgekreuzt. Ich will nämlich nicht, dass Carter Gray die Nase in diese Sache steckt.«
»Wie verfahren wir mit Ford und Simpson?«
»Wenn sie uns zu dicht auf die Pelle rücken, gibt es Möglichkeiten, sie abzuservieren«, sagte Hemingway. »Wir haben auf dem Abschiedsbrief einen fremden Fingerabdruck entdeckt und ihn überprüft.«
»Seid ihr auf jemanden gestoßen?«, fragte Reinke.
»Ja.«
»Und wer ist es?«, fragte Peters.
»Schau in deine Jackentasche.« Hemingway leerte den Becher und warf ihn in einen Müllbehälter. Peters zog den Zettel aus der Tasche, den Hemingway ihm zugesteckt hatte. Er las den Namen, der darauf stand: Milton Farb. »Vor Jahren hat er als Computersystemexperte bei den NIH gearbeitet«, erklärte Hemingway. »Dann bekam er psychische Probleme und wurde in einschlägigen Kliniken behandelt. Da er im Telefonbuch steht, war es eine Kleinigkeit, seine Anschrift zu ermitteln. Ich habe euch per E-Mail eine verschlüsselte Version seiner Personendatei geschickt. Beobachtet ihn, voraussichtlich führt er euch zu seinen Kumpels. Aber unternehmt nichts, ohne vorher mit mir zu sprechen. Wenn es sich umgehen lässt, sie zu beseitigen, verzichten wir darauf.« Er entfernte sich in eine Richtung, während Reinke und Peters mit neuem Schwung in die Gegenrichtung davonstrebten.
Carter Gray kehrte in sein Büro zurück, führte eine Reihe von Telefonaten, darunter ein Gespräch mit dem Weißen Haus, und nahm anschließend an mehreren kurzen Sitzungen teil. Anschließend bereitete er sich auf eine weitere Aufgabe vor, deren Erledigung mehrere Stunden beanspruchen mochte. Wenn der Präsident sich auf Reisen befand, Gray ihn aber nicht begleiten oder irgendwo unterwegs treffen konnte, hielten sie ihre Tagesbesprechung per abhörsicherer Videokonferenz ab. Im Normalfall stellte Gray sich gründlich auf die Videokonferenz ein, obwohl er wusste, dass er die wesentlichen Punkte eigentlich kurz und knapp hätte zusammenfassen können.
»Die Welt, die wir kennen, Mr. President, fährt geradewegs zur Hölle, nicht zuletzt durch unser eigenes Versagen, und wir haben kaum noch die Chance, dies abzuwenden. Aber solange wir Hunderte Milliarden Dollar in die Homeland Security investieren, kann ich mit ziemlicher Zuversicht versprechen, dass die meisten Amerikaner in Sicherheit bleiben werden. Dennoch besteht die Gefahr, dass irgendwann ein kleines, hinreichend verwegenes Grüppchen von Personen durch reines Glück und Plutonium all unsere kostspieligen Anstrengungen zunichte macht.
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