Camel Club 01 - Die Wächter
hat dem Präsidenten mitgeteilt, dass er sich dazu veranlasst sah. Denn wäre es an die Medien durchgesickert, dass der NIC sich bei kriminalistischen Ermittlungen unkooperativ zeigt, hätte das ein schlechtes Licht auf ihn und den NIC geworfen. Wie Sie wissen, stehen Minister Gray und der Präsident sich sehr nahe. Deshalb ist der Präsident nicht sehr glücklich über Vorkommnisse, die den NIC und Minister Gray in schlechtes Licht rücken. Können Sie das so weit nachvollziehen?«
»Jawohl, Sir.«
»Ist Ihnen auch bekannt, dass auf Minister Grays Veranlassung beim NIC im Fall Johnson eine schonungslose interne Untersuchung stattfindet und das FBI ihm dabei volle Unterstützung leistet?«
»Nein, Sir, das war mir unbekannt.«
Allem Anschein nach hörte Martin ihm inzwischen nicht mehr zu. Er nahm ein Blatt Papier vom Schreibtisch. »In Ihrem ersten Bericht stand die Schlussfolgerung, dass Mr. Johnson sich wahrscheinlich als Drogenhändler betätigte und dass Sie sich den in diese Richtung gehenden Ermittlungen des FBI anschlössen. Mehr nicht. Diesen Bericht haben Sie am gestrigen Abend eingereicht. Aber heute früh gehen Sie ins NIC und stellen jede Menge Fragen, die unzweifelhaft im Widerspruch zu Ihren anfänglichen Rückschlüssen stehen. Darum frage ich Sie: Was ist zwischen gestern Abend, als Sie den ersten Bericht verfasst haben, und Ihrem Besuch heute Morgen beim NIC geschehen, das Sie so radikal umgestimmt hat?« An dem Blick, mit dem Martin ihn musterte, erkannte Alex mit einem Mal, dass der Mann den Grund schon kannte. Er warf Jackie einen Blick zu: Sie betrachtete nervös ihre mit dicken Absätzen bewehrten Pumps. Darum saß sie also hier. Ach du Scheiße. Er heftete den Blick wieder auf den Direktor.
»Ich warte auf Ihre Antwort«, sagte Martin.
Um Zeit zu schinden, räusperte sich Alex. »Sir, ich war beim NIC, weil man dort den Abschiedsbrief untersucht hat. Ich wollte das Ergebnis erfahren.«
Martin bedachte Alex mit einem dermaßen vernichtenden Blick, dass dieser nun auch in den Achselhöhlen Schweiß spürte.
»Sie sollten nie versuchen, mich zu verarschen, mein Freund«, sagte Martin mit so leiser, fester Stimme, dass es viel bedrohlicher klang als sein vorheriges Geschrei. Der Direktor blickte zu Jackie hinüber. »Agentin Simpson hat uns davon in Kenntnis gesetzt, Sie hätten ihr gesagt, ein alter Bekannter hätte Sie dazu angestiftet, sich noch einmal und mit mehr Engagement hinter den Fall zu klemmen.« Er verstummte. »Wer war dieser ›alte Bekannte‹?«
Eine leichtfertige Bemerkung, und schon ist das Leben im Arsch. In diesen Sekunden kreisten Alex’ Gedanken nur um zwei Fragen: wovon er nach unehrenhafter Entlassung aus dem Secret Service seine Hypothek abbezahlen sollte, und wie er Jackie abmurksen und dennoch der Todesstrafe entgehen könnte. »Ich kann mich wirklich nicht erinnern, so etwas zu Agentin Simpson gesagt zu haben, Sir.«
»Es soll heute Morgen gewesen sein. Ich bin mir nicht sicher, ob der Secret Service Agenten gebrauchen kann, die ein so miserables Gedächtnis haben, daher schlage ich vor, Sie zerbrechen sich noch einmal den Kopf darüber. Bedenken Sie, dass hier zwei Karrieren auf der Kippe stehen, von denen eine gerade erst angefangen hat.« Martin richtete den Blick auf Jackie.
»Die Identität der Person ist ohne Belang, Sir. Ich hatte schon unabhängig davon beschlossen, in dem Fall weiter zu ermitteln, weil meines Erachtens gewisse Dinge nicht zusammenpassen. Dafür trage ich die alleinige Verantwortung. Agentin Simpson hatte mit meinem Entschluss, mich ans NIC zu wenden, nichts zu tun. Sie hat lediglich meine Weisungen befolgt, und das nur widerwillig. Ich bin bereit, die Konsequenzen meines Verhaltens zu tragen.«
»Sie möchten meine Frage also nicht beantworten?«
»Bei allem Respekt, Sir, hätte es nur die allerkleinste Bedeutung für diesen Fall, würde ich sie sofort beantworten.«
»Sie möchten es nicht mir überlassen, das zu beurteilen?«
Aus einer ganzen Reihe von Gründen wollte Alex dem Direktor des Secret Service nicht offenbaren, dass ein Mann, der sich Oliver Stone nannte, manchmal gegenüber vom Weißen Haus in einem Zelt wohnte und diversen Verschwörungstheorien anhing, jener »alte Bekannte« war, der ihn überredet hatte, die Ermittlungen fortzusetzen. Alex hielt es momentan für nicht sehr ratsam.
Nervös leckte sich er über die Lippen. »Ich betone, Sir, bei allem schuldigen Respekt, aber es war ein vertrauliches Gespräch,
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