Camel Club 02 - Die Sammler
Polizei aufzufallen. Zweimal überquerte Stone die Straße und holte Kaffee und eine Kleinigkeit zu essen. Sie lauschten aufs Autoradio, tauschten in vorsichtshalber geringem Umfang Einzelheiten ihrer jeweiligen Lebensgeschichte aus und erörterten zum Ausgleich umso länger und breiter, was ihre nächsten Schritte sein könnten.
Milton rief Stone auf einem Handy an, das er ihm geborgt hatte, allerdings wusste er kaum Neuigkeiten. Die Polizei hielt sich mit Verlautbarungen zurück; infolgedessen kauten die Medien ständig dieselben Informationen wieder. Stone legte das Handy weg, lehnte sich in den Sitz, trank einen Schluck Kaffee und schaute seine Begleiterin an. »Es wundert mich, dass Sie nicht über Langeweile klagen. Beschattung ist keine unterhaltsame Tätigkeit.«
»Nur beharrliche Schürfer finden Gold.«
Stone sah sich um. »Ich nehme an, dass Trent den ganzen Tag arbeitet, aber verlassen dürfen wir uns darauf nicht.«
»Ist nicht auch die Kongressbibliothek hier irgendwo in der Nähe?«
Stone zeigte geradeaus. »Das Jefferson Building, in dem Caleb arbeitet, steht einen Häuserblock weiter. Ich wüsste gern, wie er zurechtkommt. Bestimmt ist heute die Polizei dort aufgekreuzt.«
»Warum rufen Sie ihn nicht an?«, schlug Annabelle vor.
Stone versuchte den Freund per Handy zu erreichen, doch Caleb meldete sich nicht. Daraufhin rief Stone den Lesesaal an. Eine Frau ging an den Apparat, und Stone fragte nach Caleb. »Er ist sich vor einer Weile etwas zu Mittag holen gegangen.«
»Hat er gesagt, wie lang er fortbleibt?«
»Darf ich fragen«, erkundigte sich die Frau, »um was es geht?«
Stone trennte die Verbindung und lehnte sich zurück.
»Stimmt was nicht?«, fragte Annabelle.
»Caleb holt sich bloß was Essbares.« Stones Handy bimmelte. Er kannte die Anrufernummer auf dem Display. »Da ist ja Caleb.« Er hob das Handy ans Ohr. »Caleb, wo steckst du?«
Unversehens erstarrte Stone. Einen Moment später legte er das Handy beiseite.
»Was ist los?«, fragte Annabelle. »Was hat Caleb gesagt?«
»Das war nicht Caleb. Es waren Leute, die Caleb in ihre Gewalt gebracht haben.«
»Was?«
»Er ist entführt worden.«
»O Gott. Und was wollen die Leute? Weshalb rufen sie Sie an?«
»Sie haben die Rufnummer von Milton erfahren. Sie verlangen ein Treffen, angeblich, um mit uns die Situation zu besprechen. Sobald die Polizei sich blicken lässt, machen sie Caleb kalt.«
»Was soll das heißen, sie verlangen ein Treffen?«
»Sie fordern, dass Sie, ich, Milton und Reuben antanzen.«
»Um uns allesamt zu liquidieren?«
»Ja, um uns umzubringen. Aber gehen wir nicht hin, töten sie Caleb.«
»Woher sollen wir wissen, dass er nicht längst tot ist?«
»Heute Abend um zweiundzwanzig Uhr wollen sie ihn anrufen und mit uns sprechen lassen. Dann sollen wir auch über Ort und Zeit der Zusammenkunft informiert werden.«
Annabelle trommelte mit den Fingern auf dem abgenutzten Lenkrad. »Und was tun wir?«
Stone betrachtete die in einiger Entfernung sichtbare Kuppel des Capitols. »Spielen Sie Poker?«
»Ich mag keine Glücksspiele«, antwortete Annabelle mit undeutbarer Miene.
»Nun, Caleb ist gewissermaßen das Full House der Entführer. Also brauchen wir mindestens das gleiche Blatt oder ein besseres, um gegen diese Hand anzukommen. Und ich weiß, wo wir uns die erforderlichen Karten beschaffen.« Allerdings war Stone vollauf klar, dass sein Plan die Freundschaft der Camel-Club-Mitglieder bis zum äußersten auf die Probe stellen musste. Dennoch hatte er keine Wahl. Er tippte eine Rufnummer ins Handy, die er auswendig kannte. »Alex, hier Oliver. Ich benötige deine Hilfe. Ganz dringend.«
Auf seinem Sessel im Washingtoner Büro des Secret Service beugte Alex Ford sich vor. »Was gibt’s denn, Oliver?«
»Es ist eine lange Geschichte, aber leider musst du sie dir anhören.«
Als Stone alles erzählt hatte, lehnte Ford sich zurück und ließ langsam den Atem entweichen. »Verdammt …«
»Kannst du uns aus der Patsche helfen?«
»Ich will mein Bestes tun.«
»Ich habe einen Plan.«
»Das will ich hoffen. So wie das alles klingt, bleibt uns nur wenig Zeit, etwas zu unternehmen.«
Am Abend verließ Albert Trent den Capitol Hill, um nach Hause zu fahren. Von der Route 7 folgte er der verschlungenen Landstraße, die zu seinem entlegenen Wohnsitz in der verstreuten Nachbarschaft führte. Er verlangsamte das Tempo, als die letzte Abzweigung vor der Zufahrt seines Hauses in Sicht kam. Ein
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