Camel Club 02 - Die Sammler
Fahrgäste stiegen aus und gerieten geradewegs ins Chaos.
Trent und sein letzter Begleiter nutzten die Panik und eilten in einen Waggon des U-Bahn-Zugs. Seagraves tat es ihnen gleich, gelangte wegen des Getümmels aber nur in den dahinter angekoppelten Waggon.
Unmittelbar bevor die Türen sich schlossen, durchpflügten auch Stone und seine Gruppe den wirren Trubel und schwangen sich in den U-Bahn-Zug. Der Wagen war voller Fahrgäste, doch ein Blick auf das Display ließ Stone erkennen, dass Trent ganz in der Nähe war. Als Stone umherspähte, sah er ihn auch schon am anderen Ende des Wagens. Stone bemerkte sofort, dass nur ein Kapuzenmann Trent noch begleitete. Das Problem war, dass umgekehrt auch Trent oder sein Beschützer jeden Moment auf Stone und seine Freunde aufmerksam werden konnten.
Augenblicke später kamen Alex Ford und mehrere Secret-Service-Agenten in die Station gestürmt und kämpften sich durch das Gewühl, doch der U-Bahn-Zug fuhr bereits ab. Ford schrie seinen Männern etwas zu, und sie rannten zur U-Bahn-Station hinaus.
»Reuben«, zischelte im U-Bahn-Waggon Stone, »nimm den Kopf runter!« Der Lange überragte alle und war daher am leichtesten zu erkennen. Reuben schob ein paar Teenager beiseite und hockte sich auf den Boden des Waggons. Stone zog den Kopf ein, behielt Trent aber im Auge. Der sprach mit seinem Beschützer und hielt sich aus irgendeinem Grund die Hände an die Ohren. Da Stone in seine Richtung schaute, konnte er nicht sehen, dass im hinteren Waggon Roger Seagraves ihn durch die Fenster beobachtete. Dass Caleb und seine Korona noch lebten, hatte Seagraves in hassvolle Wut versetzt. Doch in dem Moment, als er die Waffe heben und Stone mit einem Kopfschuss erledigen wollte, rollte der Zug in die nächste Station und bremste. Leute schoben sich hinein oder hinaus, und Seagraves wurde von seiner Schussposition abgedrängt.
Der Zug fuhr wieder los und gewann rasch an Geschwindigkeit. Inzwischen schlängelte Stone sich zwischen den Fahrgästen hindurch auf Trent zu. Er hatte sein Messer in der Faust, wobei er die Klinge unter dem Ärmel am Unterarm versteckte. Er malte sich aus, wie es wäre, sie Trent bis zum Griff in die Brust zu stoßen. Aber das war gar nicht Stones Absicht. Er hatte nicht vor, es Trent zu ersparen, für den Rest seines Lebens hinter Gittern sitzen zu müssen.
Doch als Stone sich den Zielpersonen näherte, wurde sein Plan durchkreuzt. Der Zug fuhr in den U-Bahnhof Metro Center ein und hielt; die Türen öffneten sich. Metro Center war die am stärksten frequentierte Station des gesamten U-Bahn-Netzes. Trent und der Kapuzenmann traten durch eine Tür eilig auf den Bahnsteig, während Seagraves den hinteren Waggon verließ. Auch Stone und die anderen drängelten sich hinaus und gerieten in das hektische Gewühl zahlreicher Fahrgäste, die zwischen den verschiedenen U-Bahn-Zügen zweier Bahnhofsetagen hin und her wimmelten.
Stone nahm den Blick nicht von Trent und dem Kapuzenmann. Im Augenwinkel sah er zwei Männer in weißen Overalls auf Trent zuhalten. Doch er sah nicht, dass Roger Seagraves einen kleinen Metallgegenstand aus der Tasche holte, mit den Zähnen einen Stift herauszog und den Gegenstand warf, sich dann sofort umdrehte und die Ohren zustöpselte.
Als Stone das längliche Objekt an sich vorüber durch die Luft trudeln sah, wusste er sofort, was geschehen würde. Er wirbelte herum. »Runter!«, rief er Reuben und den anderen zu. »Ohren zuhalten!« Zwei Sekunden später detonierte die Blendgranate. Ringsum sanken Dutzende von Menschen auf den Fliesenboden, bedeckten sich Augen und Ohren, schrien vor Schmerz und Schock.
Trent und sein Begleiter jedoch blieben von den Folgen der Detonation verschont. Sie hatten ihr Gehör längst durch Ohrstöpsel geschützt und sich vom Lichtblitz abgewandt.
Stone war leicht benommen, obwohl er das Gesicht auf den Boden gedrückt und die Ärmel auf die Ohren gepresst hatte. Nun hob er den Blick und sah vor sich Schuhe und Füße vorüberwirbeln. Als er sich aufrichtete, rammte ihn ein stämmiger Mann auf seiner panischen Flucht und stieß ihn um. Stone spürte, dass der Empfänger ihm aus der Hand gestoßen wurde. Mit einem Gefühl banger Erwartung sah er das Gerät über den Bahnsteig schlittern und über die Kante aufs Gleis fallen, während der Zug losrollte. Als der letzte Waggon aus der Station verschwand, sprang Stone zur Bahnsteigkante und blickte hinunter. Das Gerät war zermalmt worden.
Er drehte sich um.
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